Amthor nach Lobbyismus-Vorwürfen in der Klemme

dpa Schwerin. Die CDU in Mecklenburg-Vorpommern sucht einen neuen Chef. Lange galt der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor dafür als sichere Bank. Doch öffentlich gewordenen Lobbyismus-Vorwürfe kratzen am Lack des 27-Jährigen, dessen Aufstieg in der Partei unaufhaltsam schien.

CDU-Politiker Philipp Amthor beim Treffen des Kreisverbandes Ludwiglust-Parchim. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

CDU-Politiker Philipp Amthor beim Treffen des Kreisverbandes Ludwiglust-Parchim. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

Philipp Amthor geht entgegen seinem Naturell allen Fragen aus dem Weg. So bleibt offen, in wie vielen Briefen an das Bundeswirtschaftsministerium er sich für Firmen aus seiner vorpommerschen Heimat eingesetzt hat, die zu den wirtschaftlich schwächsten Regionen Deutschlands zählt.

Als sicher aber gilt, dass der Bundestagsabgeordnete aus Ueckermünde in einem Schreiben an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) um politische Unterstützung für das US-amerikanische IT-Unternehmen Augustus Intelligence gebeten hat - und dass ihm Aktienoptionen an dem Start up zugesichert worden waren.

Ein Fehler, wie Amthor inzwischen selbst einräumte, in der Hoffnung, die Wogen damit glätten und seine Kandidatur für den CDU-Landesvorsitz in Mecklenburg-Vorpommern aufrecht erhalten zu können. Am Freitagabend muss er dem Landesvorstand in Güstrow Rede und Antwort stehen. Dann soll entschieden werden, wann ein neuer Parteichef gewählt werden soll und ob Amthor - wie geplant - auch antritt.

Nach dem überraschenden Rückzug von Vincent Kokert, auf den die Nordost-CDU alle Hoffnungen für bessere Wahlergebnisse gesetzt hatte, wird die Partei seit Anfang Februar kommissarisch von Eckhardt Rehberg geführt.

Der 66-jährige CDU-Finanzexperte aus dem Bundestag hatte bereits deutlich zu erkennen gegeben, dass er das Verhalten Amthors missbilligt. „Vertrauensverlust wiegt schwer“, sagte Rehberg. Doch die junge Riege um den Greifswalder Landtagsabgeordneten Franz-Robert Liskow dringt auf den Generationenwechsel an der Spitze und steht weiter fest zu ihrem Kandidaten. Amthor habe nicht lange „rumgedruckst“, den Fehler eingeräumt und deshalb weiterhin sein Vertrauen, sagte Liskow.

Vor einer Woche hatte der „Spiegel“ über die Nebentätigkeit Amthors berichtet, über die Aktienoptionen und gemeinsame Luxus-Reisen mit Führungskräften der Start-up-Firma für künstliche Intelligenz, über deren Wirken bislang wenig bekannt ist. Seither sieht sich der Jungstar der CDU, der immer wieder gern die konservativen Werte seiner Partei beschwört und auf Recht und Ordnung pocht, massiven Lobbyismus-Vorwürfen ausgesetzt. Dem Magazin zufolge prüft die Generalstaatsanwaltschaft Berlin, ob ein Anfangsverdacht der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern vorliegt. Eine entsprechende Strafanzeige dazu gegen Amthor sei eingegangen.

Nach Einschätzung des Rostocker Politikwissenschaftlers Jan Müller schleppt der 27-jährige Jurist damit eine schwere Hypothek mit in das von ihm angestrebte Amt. „Selbst wenn am Ende juristisch alles legal war, so bleibt doch mehr als ein politisches Geschmäckle.“ Mit seinem Verhalten habe er die weit verbreitete Auffassung bestärkt, dass Politik intransparent sei und Politiker den eigenen Vorteil suchten, sagte Müller. In der Parteienlandschaft hat der Fall Amthor Forderungen nach mehr Transparenz in der Abgeordnetentätigkeit und einem verbindlichen Lobbyregister neu aufleben lassen.

Der sonst redselige Jungpolitiker ist schmallippig geworden. Auch in den Sozialen Medien, deren Klaviatur er noch bis vor kurzem virtuos bediente, ist er still. „Es war ein Fehler“, ist der letzte Eintrag bei Instagram überschrieben. Seine Nebentätigkeit habe er der Bundestagsverwaltung offiziell angezeigt, doch habe er sich politisch angreifbar gemacht und könne die Kritik nachvollziehen, zeigte sich Amthor dort einsichtig. Die Tätigkeit sei beendet und die Aktienoptionen seien zurückgegeben. Im Netz gab es dafür sowohl verständnisvolle Zustimmung als auch geharnischte Kritik.

Auch in der CDU ist das Meinungsbild gespalten. Bei Treffen in den Kreisverbänden bekannte sich jeweils eine deutliche Mehrheit der Parteitagsdelegierten zu Amthor. Doch machten die CDU-Mitglieder auch deutlich, dass keine weiteren fragwürdigen Dinge nachkommen dürften. Die Kritiker halten sich bedeckt, zumal sie bislang auch keine Alternative für den Vorsitz aufbieten können. Justizministerin Katy Hoffmeister hatte kurz vor Bekanntwerden der Vorwürfe ihre Kandidatur zurückgezogen und so Amthor das Feld überlassen.

Deutlich wurde dagegen der frühere nordrhein-westfälische Bundespolitiker Wolfgang Bosbach. Sich für die Wirtschaft zu engagieren und für den Erhalt von Arbeitsplätzen im eigenen Wahlkreis einzutreten, sei nicht verwerflich, sagte er in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. Nicht hingenommen werden könne indes die Verquickung von Firmeninteressen und möglichen persönlichen Vorteilen, etwa durch Aktienoptionen. „Es geht im Leben nicht nur um die Kategorien „Erlaubt“ und „Verboten“. Es gibt auch eine andere Kategorie. Nämlich: „Das tut man nicht“.“

Amthors Parteifreund und CDU-Vorsitz-Bewerber Friedrich Merz sagte „Focus Online“, Philipp Amthor habe offenbar der Instinkt verlassen - man dürfe nicht seinen Briefbogen als Abgeordneter verwenden, wenn man um Unterstützung für ein Unternehmen bittet, dem man geschäftlich verbunden ist. „Er hat einfach Mist gemacht.“ Zwar sei er immer der Meinung gewesen, dass man „als einfacher Abgeordneter“ in „begrenztem Umfang berufliche Tätigkeiten ausüben“ dürfe, sagte Merz. „Aber es braucht dann volle Transparenz.“ Der Wirtschaftspolitiker sagte, er bedaure sehr, was passiert sei, weil er Amthor „als Menschen, als Abgeordneten und auch als Typ“ schätze. „Ich hoffe, dass er die Sache aufklärt und seine politische Arbeit danach fortsetzen kann.“

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Erstellt:
18. Juni 2020, 00:42 Uhr

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