Unterweissacher Carnevals-Club: Die Tradition der Ziegelhütte lebt weiter

Seit 1993 gehören die „Batzenschmeißer“ zum Unterweissacher Carnevals-Club (UCC). Der Name der schwäbisch-alemannischen Hästräger sowie ihre Maske, die Larve, erinnert an die Unterweissacher Ziegelbrennerei Rombold.

Beim Rathaussturm dürfen die „Batzenschmeißer“ selbstverständlich nicht fehlen.

© Pressefotografie Alexander Becher

Beim Rathaussturm dürfen die „Batzenschmeißer“ selbstverständlich nicht fehlen.

Von Simone Schneider-Seebeck

Weissach im Tal. Kultur und Tradition sind nicht in Stein gemeißelt. Im Laufe der Geschichte hat es sich erwiesen, dass Impulse von Einwanderern sich durchaus fruchtbar in Althergebrachtes einfügen können. Beispiel gefällig? Die Karnevalstraditionen hier im Umkreis. Denn was macht ein gebürtiger Rheinländer, den es in den Raum Backnang verschlägt und dem die fünfte Jahreszeit gewissermaßen im Blut liegt? Selbstredend den Karneval etablieren.

In den 1950er-Jahren war es, als Guido Freytag in Backnang den Grundstein dafür legte. Unter anderem im Weissacher Tal fanden sich so einige Bewohnerinnen und Bewohner zusammen, um zunächst als lose Gruppe ihre Begeisterung für die Fasnet auszuleben. Einige Jahre später schließlich kam die Idee auf, in Unterweissach eigene Sitzungen ins Leben zu rufen. Zunächst als „Kirchenbauverein“ gegründet – die Mehrzahl der Initiatoren gehörte der katholischen Kirche an – fand 1966 die erste Sitzung statt. Guido Freytag stand dabei mit seinem Fachwissen zur Verfügung und leitete auch die ersten vier Veranstaltungen.

In den vergangenen 52 Jahren hat sich viel getan

1970 wurde Michael Kreisz, der bereits in den Vorjahren den Vorstandsvorsitz innehatte, Sitzungspräsident. Im selben Jahr wurde aus dem Kirchenbauverein der Unterweissacher Carnevals-Club, kurz UCC. In den vergangenen 52 Jahren hat sich viel getan. Auf Michael Kreisz folgten Jürgen Dieskau und Josef Schiff als Vorsitzende. Am 29. November 1991 wurde der Unterweissacher Carnevals-Club in das Vereinsregister aufgenommen.

Marcel Fiechtner ist seit 1996 Mitglied im Verein, seit 2014 im Vorstand. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Marcel Fiechtner ist seit 1996 Mitglied im Verein, seit 2014 im Vorstand. Fotos: Alexander Becher

Bereits in den 1980er-Jahren entstanden verschiedene Sparten des Vereins – die Rote und die Blaue Garde wurden gegründet unter Leitung von Christel Grünwald. Seit 1985 gehört das UCC-Elferrats-Herrenballett zu den Highlights der Sitzungen. 1990 erblickte die Konfettikanone „Jurile“ dank Vereinsmitglied Juri Stelly das Licht der Welt, ein beliebtes Accessoire bei den Faschingsumzügen der UCC-ler. Im Jahr 1993 gab Jürgen Schiff den Stab an Winfried Rappallier weiter.

Mehrmals hat sich der Verein vergrößert

Im selben Jahr erweiterte sich der Faschingsverein erneut – das „Jockele“, die Symbolfigur des Vereins, wurde geschaffen. Und die schwäbisch-alemannischen Hästräger „Batzenschmeißer“ wurden aus der Taufe gehoben. Schwerpunkt der Gruppe ist die Pflege des närrischen Brauchtums. Der Name hat seinen Ursprung in der Tradition der Ziegelbrennerei Rombold. Denn früher war es gang und gäbe gewesen, die Lehm- oder Tonbatzen, die zur Herstellung von Blumentöpfen dienten, in die entsprechende Holzform zu schmeißen. Als Hinweis auf den Ursprung der Ziegelhütte klebt auf der Stirn der Maske ein Batzen Ton und die Filzflecken des Fleckenhäs symbolisieren in ihrer Farbigkeit Erdfarben, Gras und die fertigen Dachziegel.

Jede Maske der Truppe, im Bereich der schwäbisch-alemannischen Fasnet auch als „Larve“ bezeichnet, ist ein handgefertigtes Unikat, hergestellt von einem mittlerweile bald 90-jährigen Maskenschnitzer aus Horb am Neckar. Nicht ganz billig sind die guten Stücke, die aus einem Block Fichtenholz sorgfältig herausgearbeitet werden. Doch des Geldes wegen Masken im Ausland bestellen? Es gehöre zum Brauchtum dazu, sie regional fertigen zu lassen, erklärt Vorstandsmitglied Marcel Fiechtner.

Die Kostüme werden selbst genäht

Die Kostüme, „Häs“ genannt, werden von den Mitgliedern selbst genäht, wie er verrät. Der Ursprung des Wortes liegt im mittelhochdeutschen „haeze“ und dem althochdeutschen „hâz“, beides Begriffe für Bekleidung.

Etwa fünfhundert Flecken werden bei den Häsnähabenden zunächst aus den Filzmatten ausgeschnitten. Dann werden sie auf die Unterlagen aufgenäht. Ausgesprochen wichtig ist dabei, dass sie auf die vorgeschriebene Art und Weise überlappend befestigt werden. „Man darf es nicht falsch machen!“, so Fiechtner. Was der Überprüfung durch die Näherinnen nicht standhält, muss wieder aufgetrennt und neu zusammengefügt werden.

Etwa acht bis zehn Nähabende dauert es, bis so ein Häs fertig ist. Allerdings geht es nicht immer so streng zu, der gesellige Aspekt darf natürlich auch nicht fehlen, wie Fiechtner schmunzelnd verrät. Er ist seit 1996 Mitglieder im Verein, seit 2014 im Vorstand. Was ihm so gut daran gefällt? „Die Förderung des Brauchtums und die Geselligkeit während der Faschingszeit.“

Der UCC ist ein fester und unverzichtbarer Bestandteil

Ja, die Geselligkeit – ein wichtiger Aspekt, nicht nur innerhalb des Vereins, sondern auch in der Gemeinde. Der UCC ist über die Jahrzehnte ein fester und unverzichtbarer Bestandteil örtlicher Veranstaltungen geworden, sei es der Tälestreff oder die Fleckaschau, der Weihnachtsmarkt oder das Open-Air-Kino – zumindest, wenn die Umstände diese Events zulassen. Selbstverständlich gehört auch die Kontaktpflege mit anderen Karnevalsvereinen dazu, man besucht und unterstützt sich gegenseitig auf Umzügen und Prunksitzungen.

Nach der langen Coronazeit, in der vieles nicht möglich war, freuen sich die Närrinnen und Narren selbstverständlich ganz besonders auf die traditionellen närrischen Termine (siehe Infotext), die im kommenden Jahr mit großer Wahrscheinlichkeit wieder möglich sein werden. Zum Beispiel auf die Narrentaufe: Am 21. Januar werden die „Batzenschmeißer“ beim Rathaussturm in einer Wanne voll Lehm gebadet.

Die „Batzenschmeißer“

Verein Die „Batzenschmeißer“ sind einer von 185 Mitgliedsvereinen beim Landesverband Württembergischer Karnevalsvereine (LWK). Sind LWK-Mitglieder etwa bei Faschingsumzügen unterwegs, müssen sie das aktuellste Laufband gut sichtbar an ihrem Kostüm befestigt haben. Dieses Laufband in den LWK-Farben Schwarz und Rot kann zur Identifizierung eines einzelnen Vereinsmitglieds dienen, falls während des Umzugs etwas vorgefallen sein sollte.

Termine Diese Termine stehen beim UCC im kommenden Jahr auf dem Programm:

21. Januar Rathaussturm in Unterweissach mit Narrentaufe

4. Februar Prunksitzung

11. Februar Kinderfasching

22. Februar Kehraus

11. März Herrenballettturnier und Auftaktkampagne

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Erstellt:
1. Dezember 2022, 06:00 Uhr

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