Land öffnet Schulen langsam wieder

dpa/lsw Stuttgart. Eigentlich wollte Kultusministerin Eisenmann schon am Montag wieder mehr Kinder in die Schulen zurückholen. Jetzt dauert es doch noch eine Woche länger und bleibt auf die Klassen 1 bis 6 begrenzt. Aber auch dagegen rühren sich Proteste.

Ein Mund-Nasen-Schutz liegt während des Unterrichts auf einem Atlas. Foto: Matthias Balk/dpa/Illustration

Ein Mund-Nasen-Schutz liegt während des Unterrichts auf einem Atlas. Foto: Matthias Balk/dpa/Illustration

Baden-Württemberg geht am 15. März den nächsten Öffnungsschritt bei den Schulen im Land und lässt auch Fünft- und Sechstklässler nach dem wochenlangen Corona-Lockdown zurückkommen. Zudem sollen die Grundschulen nach drei Wochen Wechselunterricht ebenfalls am 15. März wieder zum Regelbetrieb übergehen, wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am Donnerstag in Stuttgart mitteilten. Die Schüler der Mittelstufe bleiben bis zu den Osterferien im Fernunterricht. Eisenmann erklärte, danach sollen weitere Jahrgänge in die Schule zurückkehren können, „sofern es die Infektionslage zulässt“. Die Abschlussklassen sollen - wie bisher schon - weiter im Wechsel unterricht werden.

Mit den Öffnungsschritten einigten sich Kretschmann und Eisenmann auf einen Kompromiss. Die CDU-Spitzenkandidatin hatte ursprünglich darauf gedrungen, schon am kommenden Montag die weiterführenden Schulen schrittweise wieder zu öffnen. Kretschmann hatte sich dagegen skeptisch gezeigt, ob es so schnell gelingen kann, die Öffnung der Schulen mit genügend Schnelltests bei Schülern abzusichern. Während die Gewerkschaft GEW den Schritt mit genügend Tests für verantwortbar hält, zeigte sich der Philologenverband entsetzt. Eine Öffnung sei angesichts der wieder steigenden Infektionszahlen „fahrlässig“, sagte Verbandschef Ralf Scholl der Deutschen Presse-Agentur.

Kretschmann erklärte am Donnerstag: „Wir wollen Grundschülern jetzt mit dem Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen ein Stück ihres normalen Schulalltags zurückgeben. Das ist pandemisch verantwortbar, weil die Schüler in kleinen Klassen und festen Gruppen sind.“ Zudem gebe es mit der Öffnung der 5. und 6. Klassen „den nächsten vorsichtigen Schritt“. Der Grünen-Politiker ergänzte: „Mit den Möglichkeiten zu verstärktem Testen haben wir ergänzend zu den bestehenden Vorsichtsmaßnahmen ein zusätzliches Sicherheitsnetz, das die Schritte begleitet.“

Eisenmann bekräftigte, der Präsenzunterricht sei durch nichts zu ersetzen. Für die Grundschule gelte vom 15. März an, „dass der Präsenzunterricht in möglichst konstanten Gruppen (Kohortenprinzip) erfolgen soll“. Bei den Klassen 5 und 6 sollen alle Schüler ins Schulgebäude kommen und unter Beachtung der Hygieneregeln unterricht werden. „Sportunterricht findet weiterhin nicht statt“, stellte Eisenmann klar. Eine Notbetreuung werde für die Klassen 1 bis 6 nicht mehr benötigt - „für Klasse 7 hingegen wird es weiter das Angebot der Notbetreuung geben“.

Die Ministerin erläuterte, die Schritte seien „auch aus infektiologischen Gründen sinnvoll und richtig. Zahlreiche Rückmeldungen aus den Grundschulen zeigen, dass der aktuelle Wechselbetrieb auch deshalb zu einer größeren Durchmischung der Gruppen und zu mehr Kontakten führt, da gleichzeitig die Notbetreuung ebenfalls in Anspruch genommen wird. Das Prinzip der festen Gruppen lässt sich im eingeschränkten Regelbetrieb eindeutig am besten gewährleisten“.

Die Bund-Länder-Runde am Mittwoch hatte den Ländern bei der Frage weiterer Schulöffnungen wieder freie Hand gegeben. In dem Beschluss heißt es lediglich: „Für einen sicheren Schulbetrieb und eine sichere Kinderbetreuung stellen die Länder im Rahmen von Testkonzepten sicher, dass das Personal in Schulen und Kinderbetreuung sowie alle Schülerinnen und Schüler pro Präsenzwoche das Angebot von mindestens einem kostenlosen Schnelltest erhalten. Soweit möglich soll eine Bescheinigung über das Testergebnis erfolgen.“

GEW-Landeschefin Monika Stein erklärte: „Wenn die Landesregierung garantieren kann, dass am 15. März an allen Schulen für die Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte Schnelltests vorhanden sind, sowie die Infektionszahlen und die Gefahr durch Virusmutationen dies zulassen, halten wir den Start mit den Klassen 5 und 6 für möglich.“ Der Landeschef des Philologenverbands warnte, die 7-Tage-Inzidenz steige wieder. „Solange wir das nicht in den Griff kriegen, fliegt uns das um die Ohren, und wir gehen zu Ostern in einen noch härteren Lockdown, als wir ihn bisher hatten.“

Indes holte sich Kretschmann mit dem Vorstoß, die Sommerferien für das Aufholen von Wissenslücken zu verkürzen, eine Abfuhr bei Lehrkräften und Kultusministerium. Eisenmann sagte: „Wir sollten nicht ein Problem lösen, indem wir neue Probleme schaffen.“ Auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sowie die GEW kritisierten den Vorschlag. Kretschmann erklärte daraufhin, man müsse die zentrale Frage beantworten, wie man Kinder mit Lerndefiziten bestmöglich unterstützen könne. „Und auch wenn es vielleicht nicht immer klug ist, als Ministerpräsident laut nachzudenken, ich finde, da darf es auch keine Denkverbote geben.“

© dpa-infocom, dpa:210304-99-689073/3

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Erstellt:
4. März 2021, 15:22 Uhr

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