Verfassungsschutz-Präsident warnt vor Gefahr von rechts

dpa Mainz. Verfassungsschutz-Präsident Haldenwang sieht einen Zulauf bei Rechtsextremisten. Solche Kräfte versuchten auch die Demonstrationen gegen die Corona-Beschränkungen zu unterwandern.

Reichsfahnen an den Fenstern von Rechstsextremisten bewohnter Häuser in Dortmund. Foto: Fabian Strauch/dpa

Reichsfahnen an den Fenstern von Rechstsextremisten bewohnter Häuser in Dortmund. Foto: Fabian Strauch/dpa

Rechtsextremismus und -terrorismus sind nach Einschätzung des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, aktuell die größte Bedrohung in Deutschland.

Es gebe sowohl steigende Anhängerzahlen als auch eine erhöhte Gewaltbereitschaft, sagte Haldenwang am Freitag in Mainz nach einem Gespräch mit dem rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz (SPD). Dazu kämen die Gewaltaufrufe im Internet und die Anschläge selbst. „Hier ist äußerste Wachsamkeit geboten.“ Zahlen werde er bei der Vorlage des Verfassungsschutzberichts für 2019 in etwa vier Wochen nennen. Im linksextremistischen Lager steige die Gewaltbereitschaft deutlich.

Bei den Demonstrationen gegen die Corona-Beschränkungen habe es vom linken, insbesondere aber vom rechten Rand Versuche gegeben, die Proteste zu unterwandern und zu infiltrieren, sagte Haldenwang. Erklärtes Ziel des Rechtsextremismus sei es, die Demonstrationen „in den Griff zu kriegen“. Dahinter stehe der Gedanke einer zweiten Pegida-Bewegung. „Das muss uns dann schon auch mit Sorge erfüllen.“

Die Demonstranten seien bislang allerdings ein „überschaubares Geschehen“. Der bisherige Höhepunkt sei vor rund drei Wochen mit bundesweit 15.000 Menschen erreicht worden. Davon stehe die überwiegende Mehrheit fest auf dem Boden der Grundrechte, weniger als zehn Prozent der Demonstranten nicht. Haldenwang gab jedoch zu bedenken: „Man weiß nicht, was sich aus diesen Demonstrationen noch entwickeln kann, je nachdem wie sich vielleicht auch die wirtschaftlichen Verhältnisse in unserem Land noch verändern mögen.“

Russische Werbung für solche Demos habe es auch gegeben, berichtete Haldenwang, dessen Behörde auch für Spionageabwehr und Einflussnahme anderer Staaten zuständig ist. „Ausländische Propaganda müssen wir auch im Blick haben.“ Bisher habe diese in Deutschland aber „kein Besorgnis erregendes Ausmaß“ erreicht.

Nach der Auflösung des rechtsnationalen Flügels der AfD, werde nun sehr genau geschaut, wie der Rest weiter wirke, berichtete Haldenwang. „Denn die Flügel-Mitglieder haben die AfD ja nicht verlassen.“ Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte den Flügel im März als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft.

Die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) bleibe ein Verdachtsfall, sagte Haldenwang. Einerseits gebe es ernsthafte Bemühungen, etwa die Programmatik anzupassen und verfassungsfeindliche Passagen herauszunehmen. „Es gibt aber weiterhin auch Anhaltspunkte dafür, dass es Hinweise auf extremistische Bestrebungen gibt.“

Eine Zunahme sieht Haldenwang auch bei den sogenannten Reichsbürgern. Von den etwa 19.000 Reichsbürgern in Deutschland, seien etwa fünf Prozent rechtsextrem. Sie seien aber auch deshalb gefährlich, weil sie sehr waffenaffin seien, viele besäßen legal Waffen. Die Verfassungsbehörden versuchten den bekannten Reichsbürgern ihre waffenrechtlichen Erlaubnisse zu entziehen.

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Erstellt:
29. Mai 2020, 15:42 Uhr

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