Verhärtete Fronten im Streit um Kita-Volksbegehren

dpa/lsw Stuttgart. Die SPD will ein Volksbegehren für kostenlose Kitas durchsetzen. Kretschmanns Regierung lehnt das ab. Das ist Grund für eine heftige Debatte im Landtag. Haben die Grünen ihre Ideale verraten?

Ein Spielzeug-Zug steht in einer Kita auf dem Boden. Foto: Fabian Sommer/Archivbild

Ein Spielzeug-Zug steht in einer Kita auf dem Boden. Foto: Fabian Sommer/Archivbild

Die oppositionelle SPD hat im Landtag vergeblich für ihr Volksbegehren für kostenlose Kitas gekämpft. Zwar unterstützten FDP und AfD das Ansinnen der Sozialdemokraten am Mittwoch in Stuttgart. Jedoch stellten sich die grün-schwarzen Regierungsfraktionen wie erwartet hinter die Entscheidung von Innenminister Thomas Strobl (CDU), das Volksbegehren nicht zuzulassen. Die Sache liegt nun beim Landesverfassungsgericht - eine schnelle Entscheidung ist da allerdings nicht absehbar.

SPD-Landtagsfraktionschef Andreas Stoch hielt insbesondere den Grünen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann vor, sich von ihren eigenen Grundsätzen zu trennen. Denn früher habe die Ökopartei die direkte Demokratie hochgehalten. Das Innenministerium hatte die Pläne der SPD abgelehnt - aus rechtlichen Gründen, wie es hieß. Ein Argument lautet, dass die Landesverfassung keine Abstimmungen über Abgabengesetze erlaube. Strobl untermauerte diese Auffassung jetzt auch mit einem Gutachten des Verfassungsrechtlers Ferdinand Kirchhof.

Stoch entgegnete: „Wenn direkte Demokratie kein Geld kosten darf, können Sie sie gleich abschaffen.“ Seiner Auffassung nach befinde sich das Innenministerium mit seiner Argumentation komplett auf dem Holzweg. Auch FDP-Justizexperte Ulrich Goll meinte, die Argumentation stehe auf wackeligen Füßen. Bei der Volksabstimmung im Jahr 2011 über das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 habe ja auch niemand nach den finanziellen Auswirkungen für das Land gefragt. Die AfD hielt der SPD mit Blick auf die Europa- und die Kommunalwahl am 26. Mai vor, sich in Wahlkampfzeiten an der Landesregierung abzuarbeiten.

Hingegen mahnte die Grünen-Abgeordnete Nese Erikli, erst einmal die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts abzuwarten. „Es geht hier um komplizierte Rechtsfragen.“ Danach sei zu prüfen, welche Schlüsse der Gesetzgeber aus der Entscheidung ziehe. Insgesamt sei die direkte Demokratie unter der grün-roten Vorgängerregierung gestärkt worden. So gebe es heute deutlich mehr Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene.

Die Landesgeschäftsführerin des Vereins Mehr Demokratie, Sarah Händel, zeigte sich enttäuscht von den Grünen. Erikli tue so, als ginge es um eine rein juristische Auslegung. Dies sei bitter. Die Grünen hätten den Willen, mehr direkte Demokratie zuzulassen, immer vor sich her getragen und daraus Profit bei den Bürgern gezogen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Landtag, Uli Sckerl, sagte am Dienstagabend bei einer Podiumsdiskussion in Stuttgart, er rechne Anfang 2020 mit einer Entscheidung der Verfassungsrichter. „Wenn das Gericht so entscheidet, dass Volksbegehren maßgeblich beschränkt werden, und zwar auf eine Art und Weise, dass es keine relevante Gestaltungsmöglichkeit des Volksgesetzgebers mehr gibt, dann muss das Parlament neu nachdenken.“

In den Kommunen in Baden-Württemberg müssen die Eltern derzeit unterschiedlich hohe Beträge für die Betreuung ihrer Kinder in Kitas zahlen. Die SPD hält der Landesregierung vor, das Volksbegehren für kostenlose Kitas aus politischen Gründen abgelehnt zu haben. Die Koalition ist gegen Gebührenfreiheit, weil sie nicht bezahlbar sei.

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Erstellt:
15. Mai 2019, 18:59 Uhr

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