Neu-Ulm macht den Anfang

Verkauf der Mercedes-Autohäuser – der erste Deal ist besiegelt

Mercedes-Benz trennt sich von den letzten 80 konzerneigenen Verkaufsstandorten. Der erste Zuschlag in Neu-Ulm geht an bewährte Partner.

Das Mercedes-Autohaus in Neu-Ulm wechselt als erstes den Besitzer.

© Mercedes-Benz

Das Mercedes-Autohaus in Neu-Ulm wechselt als erstes den Besitzer.

Von Matthias Schmidt

Mercedes-Benz hat mit dem Verkauf der letzten eigenen Autohäuser in Deutschland begonnen. Als erster von 80 Betrieben, die veräußert werden sollen, wechselte am Montag die Niederlassung Neu-Ulm den Besitzer. Den Zuschlag erhielten zwei Familienunternehmen, die schon lange als Mercedes-Händler in Bayern tätig sind und gemeinsam am Bieterverfahren teilgenommen hatten.

Der Stuttgarter Autohersteller hatte vor eineinhalb Jahren den Beschluss verkündet, sich von den eigenen Verkaufsstellen mit Werkstätten trennen zu wollen. Große Händler könnten mit ihrem Fokus auf den Vertrieb flexibler am Markt agieren und effizienter die nötigen Investitionen stemmen, hieß es damals. Ziel sei es, „langfristig Standorte und Arbeitsplätze zu sichern“, so das Unternehmen.

8000 Mercedes-Autohaus-Beschäftigte sollen wechseln

Die Autohäuser sollen nach und nach auf den Markt gebracht werden. Wie zu hören ist, werden noch zwei bis drei Jahre vergehen, bis alle verkauft sind. Die gut 180 Beschäftigten in Neu-Ulm sind nun die ersten von deutschlandweit rund 8000, die per Betriebsübergang neue Arbeitgeber erhalten. Der Verlust der Mercedes-Zugehörigkeit wird dank einer Vereinbarung mit dem Betriebsrat vom September 2024 abgefedert. Der Betriebsrat hatte die Verkaufsentscheidung als Fehler bezeichnet und einen umfangreichen Nachteilsausgleich durchgesetzt. Dazu gehört eine Einmalzahlung, die im Durchschnitt bei 85 000 Euro pro Beschäftigtem liegt.

Die neuen Eigentümer übernehmen außerdem die bei Mercedes vereinbarte Beschäftigungssicherung. Das heißt, vor Ende 2029 dürfen keine Stellen gekündigt werden. Mercedes verpflichtete sich zudem darauf, nur an Interessenten zu verkaufen, die sich an den Tarif des Kfz-Handels halten.

Im Autohandel gibt es seit längerem einen Konzentrationsprozess. Immer mehr Autohäuser gehören zu größeren Ketten, die oft auch mehrere Marken gleichzeitig vertreiben. Zuletzt sinkende Verkaufszahlen, die mühsame Transformation in Richtung E-Autos, hohe Investitionskosten für Software und Gebäudemodernisierung erschweren aktuell das Geschäft. Trotzdem hätten sich erfreulich viele Bieter gemeldet, heißt es bei Mercedes. „Das hohe Interesse an unseren konzerneigenen Autohäusern unterstreicht die starke Strahlkraft unserer Marke sowie das hohe Vertrauen unserer Händler“, sagt Jan Medeja, der bei Mercedes als Vice President Retail Europe Cars and Vans fungiert.

Käufer des Autohauses in Neu-Ulm sind zwei Händler, die sich für den Erwerb in der Sterne Gruppe GmbH zusammengeschlossen haben: Die Gruppe Kreuter-Medele-Schäfer betreibt unter den Namen Autohaus Allgäu und Medele-Schäfer bereits zwölf Standorte in Schwaben und Oberbayern. Das Unternehmen Abel und Ruf ist in Donauwörth, Nördlingen und Dillingen vertreten. Die beiden Familienunternehmen beschäftigen derzeit 900 beziehungsweise 320 Beschäftigte und decken laut einer Pressemitteilung ein Marktgebiet von rund 10 000 Quadratkilometern ab. Eine generelle Marschrichtung für die weiteren Verkäufe ist daraus jedoch nicht abzulesen. Wahrscheinlich ist, dass auch größere ausländische Händlergruppen noch zum Zuge kommen dürften. Einige hatten bereits öffentlich Interesse angemeldet.

Mercedes-Autohäuser in München, Berlin und Stuttgart

Zum Kaufpreis äußerten sich die Parteien nicht. Das Fachmagazin „Automobilwoche“ berichtete kürzlich von Expertenschätzungen, denen zufolge jedes Autohaus zwischen 30 und 50 Millionen Euro bringen könnte. Bei Mercedes rechnet man damit, dass sich der Verkauf trotz der hohen Kosten für Einmal- und Pensionszahlungen auszahlen wird. Auf Dauer sinken die Personalkosten und man spart sich Investitionen für die Modernisierung, die intern grob auf knapp eine Milliarde Euro geschätzt worden waren. Bei Niederlassungen, die bereits in einer großen Welle vor rund zehn Jahren verkauft wurden, entwickelten sich außerdem die Verkaufszahlen positiv.

Was passiert bei Mercedes in Untertürkheim?

Eher gegen Ende der Verkäufe dürften die Filetstücke auf den Markt kommen: die Autohäuser in München, Berlin, Hamburg und Stuttgart. Besonders spannend ist dabei, was in Untertürkheim geschieht, in unmittelbarer Nähe des Museums und des Motorenwerks. Es werde keine Ausnahme für den Stammsitz geben, stellte Mercedes früh klar, auch dieses Haus werde verkauft. Denkbar ist aber auch, dass der Käufer an anderer Stelle neu baut, während Mercedes die geschichtsträchtige Location behält und in anderer Form nutzt. Eine Entscheidung scheint derzeit noch nicht gefallen zu sein.

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Erstellt:
2. Juli 2025, 11:54 Uhr
Aktualisiert:
2. Juli 2025, 12:21 Uhr

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