Verschiedene Trassen auf dem Prüfstand

Nachdem die Fördermittel nun zugesagt worden sind, soll die Machbarkeitsstudie für einen Radschnellweg zwischen Backnang und Waiblingen bald starten. Erste Überlegungen bezüglich der Streckenführung gibt es bereits.

Zwischen Stuttgart und Böblingen ist 2019 der erste Radschnellweg in Baden-Württemberg freigegeben worden. Foto: Landratsamt

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Zwischen Stuttgart und Böblingen ist 2019 der erste Radschnellweg in Baden-Württemberg freigegeben worden. Foto: Landratsamt

Von Lorena Greppo

BACKNANG. Mit dem Rad zur Arbeit oder zur Schule zu fahren, hat so seine Tücken – je länger die Strecke, umso mehr. Unübersichtliche Kreuzungen, Lücken im Radwegnetz und anstrengende Steigungen erschweren das Pendeln mit dem Rad. Auch zwischen Backnang und Waiblingen gibt es solche Schwierigkeiten – hier soll die Machbarkeitsstudie für einen Radschnellweg ansetzen mit dem Ziel, den Radverkehr zu fördern. Die Fördermittel hierfür sind bereits zugesagt worden. Das Vorhaben wird von verschiedenen Akteuren begrüßt, darunter die Backnanger Stadtverwaltung und der ADFC Backnanger Bucht.

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Wie könnte so ein Radschnellweg aussehen? Hierzu haben sich alle Akteure bereits Gedanken gemacht. „Derzeit gibt es zwischen den einzelnen Kommunen Radwegeverbindungen, die man im Zuge der Machbarkeitsstudie möglicherweise zu einem Radschnellweg verbinden könnte“, heißt es vonseiten des Landratsamts. Aber auch andere Trassen seien denkbar, beispielsweise der Ausbau der Radnetz-BW-Trasse, die ebenfalls von Waiblingen über Winnenden nach Backnang verläuft. Auch die Stadt Backnang hat auf ihrer Gemarkung schon drei Varianten im Auge: Die erste führt von Maubach über den Stiftsgrundhof nach Nellmersbach und wäre gleichbedeutend mit einem Ausbau der Radnetz-BW-Route. Eine zweite Variante sei die Wegführung Heiningen– Waldrems–Bottwarstraße, also ein Ausbau der Bestandsroute östlich der B14. Ebenfalls möglich sei ein Radweg parallel zur Bahntrasse.

„Die Route über den Stiftsgrundhof leidet darunter, dass es relativ viel auf und ab geht.“

Grobe Überlegungen gibt es auch beim ADFC, sagt Jürgen Ehrmann. Die Präferenz liege bei der zweiten Variante, führt er aus. Zwar sei hier noch das Problem zu lösen, dass man für die weitere Wegführung auf die andere Seite der B14 kommen müsse, aber „da wird sich eine Möglichkeit finden“. Und ab Nellmersbach habe man schließlich schon eine Trasse, von dort wäre man schnell in Winnenden. Die erste Variante sieht er kritisch: „Die Route über den Stiftsgrundhof leidet darunter, dass es relativ viel auf und ab geht.“ Schließlich gehöre es zu den Auswahlkriterien eines Radschnellwegs, dass dieser möglichst eben sein solle. Einer Wegführung entlang der Bahntrasse kann Jürgen Ehrmann ebenfalls etwas abgewinnen: „Die Route wäre sehr geradlinig und käme ohne größere Kreuzungen voran“, lobt er. Allerdings hätte ein Entschluss für diese Alternative „gigantische Bauarbeiten“ zur Folge.

„Die Untersuchungen der Trassen und Verläufe werden ergebnisoffen geprüft“, hebt die Backnanger Stadtverwaltung hervor. Für Radschnellverbindungen gelten landesweit hohe Qualitätsstandards. Beispielsweise ist eine Mindestbreite von vier Metern vorgegeben, eine Trennung vom Fußverkehr, die Wege müssen weitgehend kreuzungsfrei sein. Laut Definition des Verkehrsministeriums sind Radschnellverbindungen qualitativ hochwertige, direkt geführte und leistungsstarke Verbindungen zwischen Kreisen und Kommunen. Sie sind mindestens fünf Kilometer lang und werden im Schnitt von 2000 oder mehr Radfahrern täglich genutzt. Als grundsätzliche Anforderungen nennt das Ministerium eine sichere Befahrbarkeit auch bei hohen Geschwindigkeiten, geringe Zeitverluste pro Kilometer durch Anhalten und Warten, ausreichende Breiten für große Radverkehrsmengen, eine direkte und umwegfreie Linienführung, die Separation vom Fußverkehr (Ausnahmen nur in Sonderfällen) sowie eine hohe Belagsqualität (Asphalt oder Beton).

Der Landkreis als Projektträger strukturiert nun den Planungsprozess. Ziel sei nun die Bildung einer Projektgruppe. Als Akteure benennt das Landratsamt die Stabsstelle Radwege im Kreis, die Vertreter der Kommunen Backnang, Waiblingen und Winnenden sowie das Ingenieurbüro, welches den Auftrag der Machbarkeitsstudie erhalten wird. Die Backnanger Stadtverwaltung teilt mit, sie würde zudem die Einbindung des ADFC begrüßen. Jürgen Ehrmann sieht das natürlich genauso: „Es ist absolut notwendig, dass man auch die Praktiker einbindet“, sagt er. Noch sei der ADFC nicht angefragt worden, er hoffe aber, dass dies noch erfolgt. Das sei auch bezüglich der Kommunikation nach außen von Vorteil. „Eine Ideallösung wird es nicht geben, da muss man Kompromisse eingehen. Wir sind am Nutzer des Radschnellwegs nah dran und können erklären, warum manches am Ende vielleicht anders ist, als es sich mancher gewünscht hat.“ Denn eines will Ehrmann auf keinen Fall: dass die Umsetzung aufgrund von Uneinigkeit unter den Beteiligten scheitert. „Der Radschnellweg ist ein wirklich tolles Projekt“, hebt er hervor und lobt zugleich die Verantwortlichem im Landratsamt, die dieses vorangetrieben haben.

Der derzeitige Zeitplan sieht vor, noch im dritten Quartal dieses Jahres die Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Im vierten Quartal soll dann eine Auftaktveranstaltung stattfinden. Im ersten Quartal des kommenden Jahres soll die Befahrung des Untersuchungskorridors starten. Im Jahr darauf, also 2023, ist die Abschlussveranstaltung vorgesehen. Bis der Radschnellweg nach Waiblingen also Wirklichkeit wird, muss noch einige Zeit verstreichen. Etwas weiter ist man etwa auf dem Abschnitt von Fellbach nach Schorndorf (siehe Infobox). Die 2019 eröffnete erste Schnellverbindung zwischen Stuttgart und Böblingen hat Jürgen Ehrmann schon getestet. „Für Alltagsradler ist das eine super Sache“, findet er. „Mit solchen Wegen ist man viel schneller bei der Arbeit, das ist ein toller Anreiz, um auf das Rad umzusteigen.“ Allerdings hebt er hervor: „Bei solchen Wegen muss auch eine Weiterleitung geplant sein.“ Das sei in Böblingen nicht ganz so gelungen. In Backnang sehe er diese Gefahr hingegen nicht. „Von hier aus teilt sich der Weg auf – man kann ins Täle fahren oder entlang dem Stromberg-Murrtal-Weg.“ So seien auch die Nachbarkommunen gut mit angebunden.

Im Remstal ist man schon weiter

Für die Realisierung des Radschnellwegs Fellbach–Schorndorf (RS5) stehen aktuell noch die Beschlüsse der Kommunen Kernen im Remstal und Weinstadt hinsichtlich der Linienführung aus. Sobald diese vorliegen, wird die Linienführung des RS5 über ein Online-Tool veröffentlicht. Die Bürgerinnen und Bürger sollen dann ähnlich wie beim Radwegenetz des Rems-Murr-Kreises die Möglichkeit erhalten, Anmerkungen zu machen und an dem Projekt teilzuhaben. Darauf aufbauend wird in einem weiteren Schritt die Ausschreibung der Entwurfsplanung stattfinden. Als Ergebnis erhält man im Anschluss einen groben Vorentwurf, auf welchen die weiteren detaillierten Planungsschritte aufbauen. „Aktuell können hinsichtlich des Zeithorizonts leider noch keine konkreten Aussagen getroffen werden, da innerhalb eines begrenzten Korridors noch Veränderungen bei der gewählten Trasse möglich sind“, heißt es vonseiten des Landratsamts. Die bauliche Umsetzung des Radschnellwegs wird in einzelnen Abschnitten stattfinden. Für das Jahr 2023 ist der Beginn des ersten Bauabschnitts eingeplant – vorbehaltlich der aktuellen Coronaentwicklungen und der ausstehenden Entscheidungen in Kernen und Weinstadt hinsichtlich der Linienführung.

Durch die Machbarkeitsstudie wurde das Potenzial für eine Radschnellverbindung zwischen Ludwigsburg und Waiblingen (RS8) festgestellt. In der aktuellen Projektphase untersuchen die einzelnen Projektbeteiligten die Linienführung innerhalb ihrer Gemarkung. Für den Waiblinger Teilort Hegnach beispielsweise kann eine Führung entlang der Landesstraße1142 oder auch westlich des Ortskerns als zukünftige Linienführung eine Option der Trassenführung darstellen. Sobald die Linienführung jeweils feststeht, werden die weiteren Planungsschritte ähnlich dem Vorgehen beim RS5 umgesetzt.

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Erstellt:
2. Juli 2021, 06:00 Uhr

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