Verschuldung steigt auf 26 Millionen Euro

Backnang plant bis 2023 Investitionen in Höhe von 88 Millionen Euro – Verwaltung nennt Steuererhöhungen unumgänglich

In den kommenden Jahren muss die Stadt Backnang riesige Investitionen tätigen. Stichwort: Bahnhofsmodernisierung, Hochwasserschutz, Karl-Euerle-Halle, Sportkita Plaisir und südliches Feuerwehrgerätehaus sowie viele Straßen- und Schulsanierungen. Insgesamt sollen es 88 Millionen Euro sein. Mit der Konsequenz, dass der Sparstrumpf bis ans erlaubte Limit geleert werden muss und die Verschuldung bis 2023 auf knapp 26 Millionen Euro steigen wird.

Die Stadt muss ein Riesenpaket an Pflichtaufgaben erfüllen, zum Teil auch solche, an die man im ersten Moment gar nicht denkt. So muss nächstes Jahr die Fußgängerbrücke über die Stuttgarter Straße (Foto) für 540000 Euro erneuert werden. Ins Kontor schlagen aber auch die Sanierungen der Fußgängerbrücken zum Bahnhof-Parkhaus (890000 Euro) oder zum Parkhaus Biegel (900000 Euro). Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Die Stadt muss ein Riesenpaket an Pflichtaufgaben erfüllen, zum Teil auch solche, an die man im ersten Moment gar nicht denkt. So muss nächstes Jahr die Fußgängerbrücke über die Stuttgarter Straße (Foto) für 540000 Euro erneuert werden. Ins Kontor schlagen aber auch die Sanierungen der Fußgängerbrücken zum Bahnhof-Parkhaus (890000 Euro) oder zum Parkhaus Biegel (900000 Euro). Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Angesichts der vielen Vorhaben sprach Kämmerer Alexander Zipf in der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend von einem sehr ambitionierten Investitionsprogramm, Oberbürgermeister Frank Nopper gar von einer „regelrechten Innovationslawine“. Während es dem Kämmerer noch gelang, im laufenden Jahr eine Neuverschuldung zu verhindern, kündigte er für die kommenden Jahre hohe Kreditaufnahmen an. Zipf: „Wir verlassen den Pfad der Tugend.“ Auf der anderen Seite sei es die erklärte Absicht der Verwaltung, dass die Stadt wachse. Aber dieses Wachstum habe auch Auswirkungen auf die Infrastruktur. Investitionen in Schulen, Hallen oder die Kinderbetreuung seien die logische Folge. Und eben solche sind ein Großteil des Investitionsprogramms.

Um die Verschuldung wenigstens etwas in den Griff zu bekommen, forderte Zipf erstmals seit fünf Jahren wieder eine Erhöhung der Hebesätze bei der Grund- und Gewerbesteuer. Die Erhöhung von 385 auf 420 Punkte bei der Grundsteuer würde jährliche Mehreinnahmen von 550000 Euro bringen, die Gewerbesteuer würde von 385 auf 400 Punkte steigen und zusätzlich 750000 Euro in den Stadtsäckel spülen. So könnte die Verschuldung bis Ende 2023 zumindest auf 20,3 Millionen Euro beschränkt werden. Zumal noch viele schwer kalkulierbare Risiken existieren würden wie etwa extreme Kostensteigerungen im Hochbau oder die künftige Höhe der Kreisumlage. Zipf: „Für uns ist die Steuererhöhung unumgänglich.“ Zudem seien sie gerechtfertigt, weil die Stadt zum Beispiel allein bei den Personal- und Sachkosten für Kinderbetreuung künftig Mehrkosten von 1,2 Millionen Euro stemmen müsse.

Detailliert stellte Zipf die verschiedenen Großprojekte vor. So werden in die Schulen 13 Millionen Euro investiert, etwa in die Grundschule Plaisir und in die Mörikeschule je rund 3,2 Millionen Euro. Die Investitionen im Bereich Bahnhof summieren sich auf knapp 13 Millionen Euro. So kostet alleine der Neubau der Stadtbrücke samt Aufzügen 5,2 Millionen Euro. Im weiteren Sanierungsgebiet Innenstadt sind nochmals 9,2 Millionen Euro fällig. Darunter fällt auch der 3,3 Millionen Euro teure Umbau des in diesem Jahr erworbenen Gebäudes Postgasse 5, in das mehrere Verwaltungsbereiche umziehen sollen. Dadurch werden in den Gebäuden Postgasse 8 und Rathaus 2 insgesamt vier Wohnungen frei.

Bei den Steuererhöhungen ist das letzte Wort noch nicht gesprochen

Mehrere Stadträte thematisierten die geplante Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer. So monierte Pia Täpsi-Kleinpeter (SPD), dass die Steigerung für die Mieter und Vermieter doppelt so hoch ausfallen würde wie für die Gewerbetreibenden. Sabine Kutteroff (CDU) schlug daher vor, beide Werte auf 405 Punkte zu erhöhen. Und Heinz Franke (SPD) bezweifelte angesichts der Rieseninvestitionen gar die Wirkung einer Erhöhung, „das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein“. Auch für Ute Ulfert (CDU) war bei diesem Thema das letzte Wort noch nicht gesprochen, „über die Höhe der Erhöhung werden wir uns noch in den Ausschüssen unterhalten müssen“. Lutz-Dietrich Schweizer sprach angesichts der warnenden Worte der Verwaltung von einem Jahreszyklus. Immer in der Sitzung vor der Beratung des Haushalts würde die schlechteste Haushaltslage präsentiert, damit kein Rat auf die Idee kommen möge, noch eine Forderung zu stellen, und damit die Steuern erhöht werden könnten. Dieses Mal seien die Steuererhöhungen sogar schon eingerechnet worden, so die Kritik des CIB-Rats. Im Laufe des Jahres würde sich dann wieder alles relativieren. So sei auch zuletzt schon eine Erhöhung der Verschuldung angekündigt worden, aber nicht eingetreten. Nopper widersprach: „Wir inszenieren hier keine alljährliche Märchenstunde und betreiben keine Verneblungsstrategie.“ Dass die anvisierte Steuererhöhung schon eingerechnet wurde, sei dem geschuldet, dass man keine Schockwirkung habe auslösen wollen. Auch Erster Bürgermeister Siegfried Janocha erklärte, es sei zwar richtig, dass in den vergangenen Jahren immer wieder einmal eine Million Euro Neuverschuldung im Haushaltsplan eingeplant gewesen sei und es dann doch oft noch gelungen sei, eine Kreditaufnahme zu verhindern. Janocha: „Jetzt aber reden wir von 6 Millionen Euro neue Schulden für 2020 und 9,5 Millionen Euro für 2021. Diese riesigen Summen auf Null zu drücken, das schaffen wir nicht.“

Michael Malcher (AfD) bezeichnete es als erschreckend, „dass wir gerade jetzt, da sich die Konjunktur eintrübt, an der Steuerschraube drehen“. Und er kündigte an: „Das werden wir nicht mittragen.“ Er plädierte ferner dafür, einige Projekte wegzulassen. Auch Karl Scheib vom Bürgerforum Backnang erklärte, er fühle sich unwohl angesichts der Rieseninvestitionen beziehungsweise der Rekordverschuldung. Nopper erklärte indes unmissverständlich, dass es sich bei den Projekten um kein Wunschkonzert handle, sondern um Pflichtaufgaben der überproportional wachsenden Stadt: „Wenn jemand sagt, wir wollen keine Steuererhöhung, dann soll er konkret erklären, welches Projekt wir weglassen sollen. Dann verlange ich, dass er Ross und Reiter nennt.“

Verschuldung steigt auf 26 Millionen Euro

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Erstellt:
28. September 2019, 06:00 Uhr

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