Viel mehr als ein Kinderspiel

TSG Backnang bietet Rope Skipping für Mädchen und Jungen an – Gefragt sind dabei Ausdauer, Kraft und vor allem Koordination

Wer denkt, dass Seilspringen nicht mehr als ein Kinderspielklassiker ist, der irrt gewaltig. Denn beim Rope Skipping geht es um hohes Tempo und akrobatische Figuren. Dabei ist nicht nur Ausdauer, sondern auch Koordination gefragt. Die BKZ hat das Training der Rope-Skipping-Gruppe der TSG Backnang besucht und sich beinahe schwindelig hüpfen lassen.

Der „Double Dutch“ inklusive eigenem Seil und dann auch noch die Figur Criss-Cross: Für die meisten Kinder der Rope-Skipping-Gruppe gar kein Problem, sondern einfach nur Spaß.Fotos: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Der „Double Dutch“ inklusive eigenem Seil und dann auch noch die Figur Criss-Cross: Für die meisten Kinder der Rope-Skipping-Gruppe gar kein Problem, sondern einfach nur Spaß.Fotos: A. Becher

Von Silke Latzel

BACKNANG. Kaum hat Trainerin Ines Howsepian zwei große, lange Seile ausgepackt, stehen die – im wahrsten Sinne des Wortes – jungen Hüpfer schon aufgeregt in der Schlange: Der „Double Dutch“ steht auf dem Programm. Die beiden Seile werden von Howsepian und ihrer Helferin gleichzeitig in entgegengesetzte Richtungen gedreht, die Kinder springen in die Seile und hüpfen direkt los: schnell, langsam, auf einem Bein oder mit Drehungen.

Besonders beeindruckend für Außenstehende ist es aber, wenn der oder die Springende noch ein kleines Extraseil mit in die beiden großen nimmt und dann das „klassische“ Seilspringen mit dem Double Dutch kombiniert wird – durch drei Seile gleichzeitig zu springen, erfordert eine gute Koordination. „Die Kinder empfinden das aber als gar nicht so schwer“, sagt Howsepian. „Sie versuchen es immer und immer wieder und irgendwann macht es dann einfach ,klick‘ und sie können es. Das habe ich jetzt schon so oft erlebt, es ist aber immer wieder faszinierend.“

Seit etwa acht Jahren bietet die 35-Jährige Rope Skipping für Jungen und Mädchen zwischen 6 und 16 Jahren an. Einmal wöchentlich wird in der Turnhalle der Gemeinschaftsschule in der Taus trainiert. Vor dem eigentlichen Springen beginnt das Training allerdings mit einem lockeren Spiel. „Das würde sonst auch nicht so gut funktionieren“, so Howsepian. „Wir trainieren fast eineinhalb Stunden. Und Seilspringen ist total anstrengend, das schafft man einfach nicht so lang.“ Beobachtet man die Gruppe eine Weile, versteht man, was die Trainerin meint: Gesprungen wird nicht einfach kreuz und quer, jeder wie er will. Nein, das Tempo variiert je nach Musikstück, das laut durch die Halle wummert. In der Regel werden Tempi von 120 bis 160 bpm („Beats per minute“, Schläge pro Minute) verwendet. Durch die hohe Schlagzahl der Musik wird dann das Springen schnell und dynamisch.

Schon nach ein paar Minuten blickt man in verschwitzte und leicht gerötete Gesichter. Rope Skipping ist anstrengend. Nicht nur, weil im Takt der Musik und am besten auch noch synchron gesprungen werden soll. Dazu kommen noch verschiedene Figuren mit unterschiedlichen Arm- und Beinbewegungen, aber auch durchaus spektakuläre Stunts, wie zum Beispiel der „Visitor“, also „Besucher“: Mehrere Personen springen im gleichen Rhythmus und „besuchen“ sich gegenseitig. Der Seilführende kann dabei seinen Partner „besuchen“ und ihn in das Seil einladen, oder der Partner ohne Seil springt in das schwingende Seil ein. So oder so springen am Ende beide Personen synchron in einem Seil.

Die Stunts haben alle englische Namen: Heel to Heel (Ferse vorne auftippen), Toe to Toe (Zehenspitze hinten auftippen) oder Kick Swing (Kick des Beines nach vorn), Side Straddle (Grätschen und Schließen der Beine), X-Motion (Kreuzen der Beine), Criss-Cross (Kreuzen der Arme) und viele mehr. Ruft Ines Howsepian eine der Figuren aus, wissen die Kinder meistens sofort, wie sie springen müssen. Eine von ihnen ist Sofia. Die Neunjährige ist seit Anfang 2018 beim Rope Skipping aktiv. „Ich hab eine Dokumentation über Rope Skipping im Fernsehen angeschaut und dann zu meiner Mama gesagt, dass ich das auch machen möchte.“ Sofias Mama wusste, dass es bei der Backnanger TSG eine Gruppe gibt, in der Seilspringen angeboten wird, und hat ihre Tochter einfach angemeldet. Seitdem ist das Mädchen mit Feuereifer dabei. „Ich übe auch viel daheim und zeige meinen Freundinnen, welche Figuren ich schon kann. Die sind dann immer ganz beeindruckt“, erzählt sie.

Rope Skipping ist ein

ganzheitlicher Sport

Oft Teil des Trainings ist eine Runde schnelles Springen: Ines Howsepian stoppt die Zeit, die Kinder müssen so viele Sprünge wie möglich innerhalb einer Minute schaffen. Die besten kommen auf über 100. Nicht nur Kraft und Ausdauer sind beim Rope Skipping gefragt, sondern vor allem auch Koordination. „Rope Skipping ist ein ganzheitlicher Sport. Und, was man vielleicht gar nicht vermutet: Er hilft den Kindern auch, wenn sie Probleme beim Lesen und Schreiben oder mit rechts und links haben“, so Howsepian. „Wenn wir hier etwa beim Criss-Cross die Arme kreuzen und springen, hilft das bei der Vernetzung der Synapsen im Gehirn und wird dann auch auf andere Bereiche übertragen, wie etwa bei der Unterscheidung verschiedener ähnlicher Buchstaben, zum Beispiel bei ,b‘ und ,p‘.“

Ines Howsepian ist Erzieherin und leitet seit Ende 2017 den Waldkindergarten in Althütte. Studiert hat sie unter anderem Sport auf Lehramt. „Ich wurde dann irgendwann einfach von einer Mutter angesprochen und gefragt, ob ich die Gruppe nicht übernehmen möchte. Und seitdem bin ich Rope-Skipping-Trainerin.“ Sie schmunzelt. Ab und an hat sie mit der Gruppe auch Auftritte. „Da sind die Kids aber total cool und ziehen einfach ihr Ding durch, von Aufregung ist während der Vorführung nichts zu spüren.“

Zum Abschluss des Trainings bilden die Kinder einen Kreis. Die 35-Jährige nimmt ein langes Seil, das am Ende beschwert ist, und geht in die Mitte des Kreises, beginnt sich samt Seil immer schneller zu drehen. Wer es nicht schafft, über das Seil zu springen, und hängen bleibt, scheidet aus. Doch ein Ende ist nicht in Sicht, die Kinder springen präzise. Irgendwann gibt Howsepian auf. „Mir ist schwindelig“, sagt sie und lacht.

Am Ende des Trainings geht es noch einmal rund: Wer das Seil berührt, scheidet aus. Doch am Ende ist es die Trainerin, die aufgibt: Die Kinder sind einfach zu gut – und ihr ist schwindelig.

© Pressefotografie Alexander Beche

Am Ende des Trainings geht es noch einmal rund: Wer das Seil berührt, scheidet aus. Doch am Ende ist es die Trainerin, die aufgibt: Die Kinder sind einfach zu gut – und ihr ist schwindelig.

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Erstellt:
16. Juli 2018, 15:34 Uhr

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