Vier neue Kindergartengruppen geplant

Der Bedarf an Kinderbetreuung steigt unaufhaltsam. Die Geburtenzahlen bleiben auf hohem Niveau. Auch wächst die Bevölkerung aufgrund mehrerer Wohnbauprojekte. Zudem geben viele berufstätige Eltern ihre Kinder früher in die Kindertagesstätten.

Wiesenkindergärten sind groß im Kommen. In Backnang werden schon nächstes Jahr zwei Gruppen für Kinder zwischen drei und sechs Jahren angeboten. Foto: A. Gerhardt-Rodewald

Wiesenkindergärten sind groß im Kommen. In Backnang werden schon nächstes Jahr zwei Gruppen für Kinder zwischen drei und sechs Jahren angeboten. Foto: A. Gerhardt-Rodewald

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Im nächsten Jahr werden in Backnang voraussichtlich vier neue Kindergartengruppen eingerichtet. Bei zweien handelt es sich um sogenannte Wiesenkindergartengruppen mit verlängerten Öffnungszeiten und insgesamt 40 Plätzen für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren. Als „Standort“ ist der Aktivspielplatz in den Etzwiesen vorgesehen. Inklusive eines einmaligen Investitionszuschusses von 50000 Euro sind für das Jahr 2021 Gesamtkosten in Höhe von 328000 Euro eingeplant. Nach Abzug der Kindergartengebühren (44000 Euro) und Zuweisungen (78000 Euro) bleibt eine Deckungslücke von etwa 206000 Euro.

Darüber hinaus sind zwei Gruppen geplant, die zwar ebenfalls verlängerte Öffnungszeiten haben sollen, bei denen jedoch der konkrete Standort noch nicht feststeht. Gedacht sind sie für insgesamt 50 Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren. Die Stadt hofft, die Gruppen in Bestandsobjekten unterbringen zu können. Wobei jedoch noch offen ist, ob städtische, kirchliche oder private Träger die Aufgabe übernehmen sollen. Nach Abzug der Einnahmen müsste die Stadt für diese beiden Gruppen noch eine Deckungslücke von 148000 Euro schultern.

Laut dem einstimmigen Beschluss des Gemeinderats sollen die Gruppen zeitnah das Angebot ergänzen. Regine Wüllenweber, die Leiterin des Amts für Familie, Jugend und Bildung, und Erster Bürgermeister Siegfried Janocha hoffen sogar, einzelne Angebote schon im Januar anbieten zu können. Angesichts des wachsenden Bedarfs bei der Kinderbetreuung erklärte Janocha zu Beginn der Diskussion: „Wir fahren immer auf Sicht und passen die Planung den aktuellen Entwicklungen an.“

Die Geburtenzahlen bewegen sich laut Wüllenweber weiterhin auf einem hohen Niveau. So sank der Wert seit 2013 nie mehr unter die 350-Geburten-Marke, die aktuelle Prognose für das laufende Jahr liegt bei 368 Geburten. Das bedeutet, dass die vorhandenen Plätze alleine schon knapp sind, ohne den Einwohnerzuwachs durch die neuen Wohngebiete.

Und dieser Zuwachs ist gewaltig. Zwar sind die Häuser im Baugebiet Katharinenplaisir weitgehend bezogen, und auch im Krankenhausareal ist die Hälfte der Projekte schon fertig, aber der Rest folgt nächstes Jahr. Dazu kommen etliche Neubürger in der Mühlstraße. Und noch einmal ein Jahr später, im Jahr 2022, kann sich Backnang auf Neubürger im Feuchtareal und im Gebiet Kreuzäcker in Strümpfelbach freuen. Auch die Obere Walke mit einem Realisierungszeitraum 2023 haben die Verantwortlichen im Blick. Wüllenweber ist überzeugt, dass die Stadt mit den geplanten Maßnahmen den Bedarf im Laufe des Jahres 2022 decken kann.

Im Frühjahr hatte die Amtsleiterin zwar ein Coronaphänomen beobachtet, dass nämlich die Eltern ihre Kinder nicht mehr angemeldet hatten. Aber diese kurze Entspannung bei der Belegung ist schon wieder Vergangenheit. „Inzwischen sind wieder alle Plätze belegt.“ Die vier neuen Gruppen mit insgesamt 90 Plätzen würden jedoch ausreichen, um 2021 allen Eltern Plätze für ihren Nachwuchs anbieten zu können. „Und wenn wir sehen, es reicht trotzdem nicht, werden wir kurzfristig auf sie zukommen“, so Wüllenwebers Ankündigung.

Im Bereich „Unter drei Jahren“ wird etwa jedes fünfte Kind in Betreuung gegeben, die Quote liegt laut Wüllenweber bei 20 bis 21 Prozent. „Wir gehen aber davon aus, dass dieser Wert steigen wird.“ Die Amtsleiterin will diese Prognose berücksichtigen. Sie glaubt jedoch nicht, dass Backnang jemals auf Quoten kommt, wie man sie aus Großstädten kennt mit 50 bis 60 Prozent Betreuung bei den Unterdreijährigen: „Aber wir planen mit 30 Prozent.“ Wobei in diesem Bereich als Betreuung auch zählt, wenn das Kind in der Woche nur acht Stunden insgesamt betreut wird, etwa in Spielgruppen.

Die Ausweitung des Angebots begrüßte Heinz Franke (SPD) sehr. Er habe die Tendenz zum Drittkind beobachtet und bezeichnete es als völlig unklar, wie sich die Betreuungsquote bei den U-3-Kindern entwickelt. Derzeit jedoch gehe die Tendenz eindeutig hoch, so Franke: „Man kann unterschiedlicher Meinung sein, ob man das gut oder schlecht finden kann. Dazu wird sicher Stadtrat Schweizer noch etwas sagen.“ Und Franke sollte sich nicht täuschen. Lutz-Dietrich Schweizer (CIB) wiederholte sein alljährliches Mantra, wonach es für Kleinkinder bis zwei Jahren nichts Besseres gebe, als sich nur auf eine oder maximal zwei Bezugspersonen konzentrieren zu können, so könne Bindung am ehesten gelingen. „Und dazu könnten wir beitragen.“ Dann nämlich, wenn die Stadt es den Eltern ermöglichen würde, die Kinder nicht in die Betreuung geben zu müssen, um arbeiten zu können. Wie jedes Jahr bei diesem Thema forderte er eine Umfrage bei den Eltern, was sie sich wünschen würden. Und er hakte nach: „Warum wehren Sie sich so vehement, die Eltern zu fragen, was sie möchten?“ Der CIB-Stadtrat prognostizierte: „Ihre Antwort kenne ich schon. Sie glauben, die Eltern würden nur sagen, was sie wollen, machen dann aber etwas völlig anderes.“ Wenn aber das stimme, dann fragte sich Schweizer: „Was ist los, wenn so viele nicht das machen, was sie wollen? Und das noch in so einem wichtigen Bereich wie die Erziehung der eigenen Kinder.“

Wüllenweber ließ die Vorwürfe des CIB-Rats so nicht stehen. „Es ist nicht wahr, dass wir nicht wissen möchten, was die Eltern sich wünschen. Wir fragen in vielen Gesprächen deutlich nach und hören gut zu.“ Aber Wüllenweber erklärte nochmals: „Wir müssen den Eltern U-3-Plätze anbieten, wenn sie dies wollen.“

Wie hoch der Bedarf an einem Wiesenkindergarten ist, kann Wüllenweber derzeit noch nicht sagen. „Das wissen wir erst, wenn wir das Angebot anbieten. Aber Corona hat gezeigt, dass es den Wunsch der Eltern gibt, die Betreuung nach draußen zu verlegen.“ Der Unterschied zu einem Waldkindergarten ist laut Amtsleiterin, dass es bei einem Wiesenkindergarten sanitäre Anlagen gibt. Die wären im Bereich des Aktivspielplatzes vorhanden. Auch der Vorschlag von Rolf Hettich (CDU), sich auch Gedanken über einen Bauernhofkindergarten zu machen, fiel bei Wüllenweber auf fruchtbaren Boden. „Das hätte auch Charme.“ Gleichzeitig bremste sie jedoch angesichts des riesigen Wachstums auf dem Betreuungssektor: „Ich möchte mein Amt auch nicht überfordern.“

Vier neue Kindergartengruppen geplant

© Jörg Fiedler

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Erstellt:
28. Oktober 2020, 06:00 Uhr

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