Steuerhinterziehung

Alfons Schuhbeck: Gourmet droht Gefängnis

Hat der Starkoch Alfons Schuhbeck Einnahmen vor dem Fiskus versteckt und Steuern in Millionenhöhe hinterzogen? Um diese Frage dreht sich seit Mittwoch sein Prozess vor dem Landgericht München I.

So kennt man Starkoch Alfons Schuhbeck nicht: Er sieht bedrückt aus  und sagt vor Gericht gar nichts.

© dpa/Sven Hoppe

So kennt man Starkoch Alfons Schuhbeck nicht: Er sieht bedrückt aus und sagt vor Gericht gar nichts.

Von Patrick Guyton

Er trägt ein weißes Hemd und ein dunkles Jackett, sitzt wie versteinert auf dem Stuhl des Angeklagten. Er sieht ziemlich fertig aus und sagt gar nichts. So kennt man Alfons Schuhbeck gar nicht, den republikweit bekannten Koch, Multiunternehmer in Sachen Lebensmittel und Gewürze, Entertainer. Denn eigentlich ist der 73-Jährige ein wahrer Tausendsassa.

Doch im Saal 134 des Münchner Justizpalastes verhandelt das Landgericht an diesem Mittwoch über Schuhbecks Existenz. Er ist angeklagt, bei seinen Münchner Nobelrestaurants zwischen 2009 und 2016 knapp 2,4 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben. Im Zuge der Ermittlungen hat er seine volle Kooperationsbereitschaft angekündigt. Im Fernsehen oder in seinen Gastronomiebetrieben ist er immer für einen flotten Spruch zu haben. Nun schweigt er am Mittwoch bei diesem ersten Prozesstag, was sich im Laufe des Verfahrens laut Angaben seiner Anwälte aber noch ändern könnte.

Der Gastronom soll die Kasse seines Restaurants manipuliert haben

Schuhbeck soll, so die Anklage, in seinem einstigen Restaurant Orlando am bekannten Platzl in München die Kasse so manipuliert haben lassen, dass er Einnahmen stornieren und entwenden konnte, ohne dass dies auffällt. So wurde demnach dauerhaft weniger verbucht, als tatsächlich Geld in die Kasse geflossen ist – was natürlich die Steuern reduziert. In seinem anderen Lokal Schuhbecks Südtiroler Stuben, ebenfalls am Platzl schräg gegenüber vom Orlando, soll er Rechnungen aus dem Kassensystem gelöscht haben, um niedrigere Umsätze angeben zu können.

Sascha König, der Verteidiger von Schuhbeck, sieht bislang noch nichts als bewiesen an. Diese Manipulationen hätten auch andere vornehmen können. Bei den Buchungen sei es zwar zu „Auffälligkeiten“ gekommen – es gebe aber „kein Indiz, dass er es war“. So könnte es doch sein, meint König, dass Schuhbeck „nicht Täter, sondern Opfer ist, weil er betrogen wurde“.

Ein Gefängnisaufenthalt würde ihn „ruinieren“, sagt sein Anwalt

Bis zu einem Urteil gilt bei jedem Angeklagten die Unschuldsvermutung. Aufhorchen lässt aber der Bericht der Vorsitzenden Richterin Andrea Wagner über ein Rechtsgespräch der Beteiligten im Juni – also ein Gespräch über einen Deal, um das Verfahren abzukürzen. Laut Wagner habe die Verteidigung angeboten, dass Schuhbeck die Orlando-Vorwürfe zugibt, wenn er dafür mit einer Bewährungsstrafe davonkommt. Denn ein Gefängnisaufenthalt würde ihn „ruinieren“. Das aber habe das Gericht nicht zusichern wollen, sondern nur die Berücksichtigung eines Geständnisses und ein deutlich kürzeres Verfahren.

Gefängnis oder nicht? Das ist eine wesentliche Frage im Fall Schuhbeck. Der Bundesgerichtshof hat geurteilt, dass bei Steuerbetrug über einer Million Euro eine Haftstrafe die Regel sein müsse. Die Verurteilten sollen nicht mit Bewährung davonkommen. Dieses Damoklesschwert schwebt über dem Starkoch, der als junger Mann von einem Wirt als Sohn adoptiert worden war.

Laut Staatsanwaltschaft hatte Schuhbeck einen Helfer

Im oberbayerischen Waging übernahm er von diesem Vater das Seestüberl und machte es zum Gourmettempel für Feinschmecker und solche, die sich das einbilden, im Raum zwischen München und Salzburg. Später zog es ihn ans Platzl, das er mit zwei Restaurants, Gewürzladen, Eisdiele und Kochschule dominierte.

Laut Staatsanwaltschaft hatte Schuhbeck einen Helfer, der nun auch angeklagt ist. Zugleich ist er aber ein Kronzeuge: Jürgen W., Computerfachmann in Schuhbecks Diensten, der sich um die verschiedenen Kassensysteme gekümmert hat. W. lässt von seiner Verteidigung eine Aussage verlesen, die den Koch schwer belastet. Schuhbeck habe ihn im Jahr 2008 aufgefordert, ein System zu etablieren, „um die Tageseinnahmen zu reduzieren“. W. sei klar gewesen, „dass er die Umsätze löschen und das Bargeld verschleiern möchte“.

Sein Computer-Mann ist jetzt der Kronzeuge

Dafür habe Schuhbeck ein von W. programmiertes Computerwerkzeug benutzt. Die Umsätze habe Schuhbeck an seinem PC per USB-Stick gelöscht. Diese Manipulation konnte nur er selbst machen, sagt W. Er habe auch nicht immer gleich am selben Abend nach Restaurantschluss die Einnahmen schmälern müssen, sondern konnte dies auch noch Tage später erledigen. W. selbst sah sich in der Hand von Schuhbeck, da dieser sein einziger Auftraggeber gewesen sei. Richterin Wagner wertet die Aussage als „Wumms“, der erst einmal eine Pause verlangt. Danach passiert dann nichts Wesentliches mehr.

Wer Schuhbeck schon einmal gesehen hat, weiß von seiner Lieblingsknolle: Ingwer mischt er in nahezu alles rein. Und so hat sich das Gericht nicht verkneifen können, diesen Strafprozess unter dem Stichwort „Ingwer“ zu führen. Angesetzt sind 18 Verhandlungstage bis zum 22. Dezember.

Auch Uli Hoeneß kennt den Gerichtssaal 134

Bayern-Promi Vor achteinhalb Jahren wurde in genau demselben Saal 134 in München auch ein Prozess wegen Steuerhinterziehung gegen einen Prominenten geführt: die einstige FC-Bayern-Ikone Uli Hoeneß. Er war von Beginn an voll geständig. Statt der in der Anklage aufgeführten 3,5 Millionen hinterzogenen Euro bei Börsenzockereien gestand Hoeneß sogar von sich aus, dass es sich um 18,5 Millionen gehandelt habe.

Haftstrafe Das Gefängnis hat ihm das nicht erspart, nach nur vier Prozesstagen wurde Hoeneß im März 2014 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach sieben Monaten im Gefängnis in Landsberg am Lech wurde er Freigänger, Ende Februar 2016 kam er zunächst auf Bewährung frei.  

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Erstellt:
5. Oktober 2022, 16:24 Uhr
Aktualisiert:
5. Oktober 2022, 16:35 Uhr

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