Vorwürfe alleine reichen nicht

Wer die AfD des Landesverrats bezichtigt, muss irgendwann Beweise vorlegen.

Von Eidos Import

„Unser Land zuerst.“ Mit dieser Kampagne wollte die AfD vor drei Jahren die Deutschen massenhaft auf die Straße bringen. Das hat zwar nur bedingt funktioniert, aber mit ihrer Kernbotschaft, dass sie die Einzigen seien, denen es ausschließlich um die Interessen Deutschlands gehe, fahren die Rechten bei Wahlen und Umfragen ausgesprochen erfolgreich. Wir, die Patrioten – so sieht sich die AfD, und so will sie von den Wählern gesehen werden.

Entsprechend sensibel – und wütend – reagiert die Rechtsaußenpartei auf die Vorwürfe, sie würde mit parlamentarischen Anfragen Spionage für Russland betreiben. Für eine fremde Macht zu spionieren, dürfte so ziemlich das Unpatriotischste sein, was ein Staatsbürger tun kann. „Verrat am Vaterland“, wie es Unionsfraktionschef Jens Spahn scharf formuliert hat, steht niemandem gut zu Gesicht – den selbst ernannten Patrioten aber am allerwenigsten. Auch jenen AfD-Politikern, die jetzt eine Russlandreise planen, unterstellt man landesverräterische Umtriebe.

Das Thema könnte also tatsächlich eines sein, das die AfD ins Mark trifft und ihre Sympathisanten zum Nachdenken bringt. Es gibt aber ein Problem: Bisher sind es nur Vorwürfe, ausgesprochen von Politikern von Union, SPD und den Grünen – die nun einmal mit der AfD um Wählerstimmen kämpfen. Beweise hat die Öffentlichkeit bisher nicht zu Gesicht bekommen. Das ist gerade, wenn es um Spionage geht, auch juristisch heikel, denn diese definiert sich durch den Kontakt mit fremden Geheimdiensten.

Wenig hilfreich für die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe im Milieu der AfD ist auch, dass die Union gerade öffentlich über ihren Umgang mit den Rechten diskutiert und der Vorwurf der Russlandnähe von einigen Vertretern von CDU und CSU dabei als brauchbare Methode bezeichnet wurde.

Dass man es AfD-Funktionären durchaus zutrauen kann, für fremde Mächte zu spionieren, hat nicht nur mit der in der Partei weitverbreiteten Bewunderung für vermeintlich starke Autokraten in aller Welt zu tun. Es gibt durchaus Indizien. Jian Guo, Ex-Mitarbeiter von Maximilian Krah im EU-Parlament, wurde wegen Spionage für China zu knapp fünf Jahren Haft verurteilt. Erst in der vergangenen Woche entschied das Verwaltungsgericht Berlin, dass der ehemalige Bundestagsabgeordnete Ulrich Oehme zu Recht keinen Mitarbeiterausweis für den Bundestag bekommt. Seine Kontakte nach Russland stellten ein Sicherheitsrisiko dar, urteilten die Richter.

Solche Urteile sind deswegen hochrelevant, weil sie den Spionagevorwurf aus der politischen Arena ziehen und ihn dorthin führen, wo er streng genommen hingehört: in den Gerichtssaal.

Richter sind nicht nur in ihrer Entscheidungsfindung unabhängig, sie ziehen auch keine Vorteile daraus, die AfD schlecht dastehen zu lassen. Im Kampf um die öffentliche Meinung relevant ist auch, dass die Justiz noch immer das Vertrauen von weiten Teilen der Bevölkerung genießt. Über zwei Drittel der Bürger und Bürgerinnen vertrauen Umfragen zufolge dem Rechtssystem in der Bundesrepublik. Werte, von denen der Bundestag und erst recht die Parteien nur träumen können.

Das heißt aber nicht, dass die Parteien der Mitte beim Thema Kremlnähe zurückhaltend mit der AfD umgehen sollten. Wenn Fraktionsvize Markus Frohnmaier, qua Amt der wichtigste Außenpolitiker der AfD, eine Reise nach Russland ankündigt, ist es angemessen, ihn dafür in aller Schärfe zu kritisieren. Aber: Wer schwerwiegende strafrechtlich relevante Vorwürfe erhebt, muss über kurz oder lang auch Beweise vorlegen, wenn er weiterhin ernstgenommen werden will.

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Erstellt:
7. November 2025, 22:08 Uhr
Aktualisiert:
7. November 2025, 23:55 Uhr

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