Landtagswahl in

Wahlkampf im Windschatten der Bundespolitik

Am Ehrgeiz fehlt es den Wahlkämpfern in Baden-Württemberg nicht. Gegen die Berliner Großwetterlage sind sie jedoch ziemlich ohnmächtig, meint unsere Autorin Bärbel Krauß.

Die nächste Landtagswahl entscheidet mit über die Nachfolge von Winfried Kretschmann als Ministerpräsident.

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Die nächste Landtagswahl entscheidet mit über die Nachfolge von Winfried Kretschmann als Ministerpräsident.

Von Bärbel Krauß

Mit der ersten Podiumsdiskussion aller Spitzenkandidaten ist der Startschuss für die nächste Etappe im Landtagswahlkampf angebrochen. Jetzt wird es konkret mit der Konkurrenz der Kandidaten und Konzepte, die im besten Fall das Land, im schlechteren Fall wenigstens die Parteien im Wettbewerb um Wählerstimmen voranbringen werden.

Eine Gewissheit schält sich schon jetzt heraus: Die konkrete Lage Baden-Württembergs und Vorschläge, was welche Partei nach der Wahl zur Verbesserung derselben realisieren möchte, werden dabei keine wichtige Rolle spielen. Denn einerseits ist die Landespolitik angesichts der weltpolitischen Zeitenwende mit Putins Krieg in Europa, der Destabilisierung der multilateralen Ordnung durch Donald Trump und der Erschütterung des westlichen Wirtschaftsmodells durch die erstarkte Konkurrenz Chinas noch mehr an den Rand gedrängt worden. Andererseits dürfte kaum eine Wahl im Südwesten vorher so stark durch die bundespolitische Lage dominiert worden sein.

Die Ränder profitieren

Für die Wahlkämpfer der politischen Mitte ist das keine gute Nachricht. Dass die Regierung Merz kaum weniger streitet und wenig mehr Entschlossenheit zu unleugbar notwendigen Reformen – bei der Staatsmodernisierung , bei Rente-, Kranken- und Pflegeversicherung, bei der Ertüchtigung der Bundeswehr – an den Tag legt als die unpopuläre Ampel vor ihr, lässt das Vertrauen der Bürger in die Problemlösefähigkeit der etablierten Parteien weiter erodieren. Das strahlt auf die Akteure im Land ab und stärkt die Ränder des politischen Spektrums. Die AfD kann so hoffen, zur zweitstärksten Kraft im Südwesten aufzusteigen. Die Linkspartei dagegen hatte noch nie realistischere Chancen, überhaupt in den Landtag einzuziehen.

Allen anderen Kandidaten bürdet die Großwetterlage im Bund schwere Lasten auf. Wer glaubt denn noch, dass das Versprechen von Kanzler Friedrich Merz von spürbaren Verbesserungen rechtzeitig vor der Wahl wahr wird und die Stimmung sich dreht? Das jüngste Gutachten der Wirtschaftsweisen spricht da Bände. Die jüngsten Beschlüsse im Koalitionsausschuss ändern daran nichts.

Der CDU-Spitzenkandidat Manuel Hagel muss froh sein, aus Berlin nicht noch heftigeren Gegenwind zu bekommen – sei es, weil Schwarz-Rot streitet, Reformen immer weiter vertagt werden, das Sondervermögen zum Stopfen von Haushaltslöchern verplempert wird oder der Kanzler mal wieder polarisiert. Trotzdem hat er die besten Chancen, Winfried Kretschmanns Nachfolger zu werden. Sein großes Risiko ist, dass der Spielraum für Koalitionsbildungen nach der Wahl noch enger wird als er ohnehin ist.

Lasten für die Wahlkämpfer der Mitte

Hagels Hauptkonkurrent um das Amt des Ministerpräsidenten, Cem Özdemir, schafft es trotz guter Persönlichkeitswerte und trotz der Ernüchterung über die schlechte schwarz-rote Regierungsbilanz in Berlin bisher nicht, den Ampelfrust abzuschütteln, der den Grünen immer noch nachhängt. Die FDP, für die es bei der Landtagswahl auch darum geht, die Basis für einen Wiedereinzug in den Bundestag zu legen, kann noch nicht einmal gewiss sein, dass sie im Land die Fünf-Prozent-Hürde überwindet. So schlimm ist die Lage für die Südwest-SPD noch nicht. Aber fassen die Genossen nicht rasch Tritt in der Bundesregierung, droht im Südwesten das Risiko, einstellig zu werden. Damit schwände die Hoffnung der SPD endgültig, sich in eine Koalition zu retten und mit solider Regierungsarbeit wieder politische Stärke zu gewinnen.

Mit eigenem Zutun werden die Kandidaten sich aus ihrer je eigenen Malaise nicht befreien können. Die Abhängigkeit vom Bund so schmerzhaft zu spüren, ist beim Start in den Endspurt bitter.

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Erstellt:
14. November 2025, 14:14 Uhr

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