Wann kommt die Stadtbahn?

Die Verlängerung nach Waiblingen wird noch Jahrzehnte dauern, ganz abwegig ist sie aber nicht

Stell dir vor, du steigst am Postplatz in Waiblingen in die Stadtbahn ein und fährst, ohne umzusteigen und ohne Stau, nach Ludwigsburg zum Blühenden Barock oder sogar weiter nach Markgröningen zum Schäferlauf. Was sich nach Zukunftsmusik oder bloßer Spinnerei anhören mag, ist so abwegig nicht.

Eine Art Science-Fiction: Vielleicht sieht so wie auf dieser Fotomontage irgendwann einmal die Stadtbahneröffnung am Waiblinger Bahnhof aus. Vorerst ist ein Direktbus das wahrscheinlichere Szenario für den öffentlichen Nahverkehr in Richtung Ludwigsburg. Foto/Montage: Habermann

© Gabriel Habermann

Eine Art Science-Fiction: Vielleicht sieht so wie auf dieser Fotomontage irgendwann einmal die Stadtbahneröffnung am Waiblinger Bahnhof aus. Vorerst ist ein Direktbus das wahrscheinlichere Szenario für den öffentlichen Nahverkehr in Richtung Ludwigsburg. Foto/Montage: Habermann

Von Andreas Kölbl

WAIBLINGEN. Für die Stadtbahnverbindung zwischen Ludwigsburg und Waiblingen liegt schon seit Jahren eine Machbarkeitsstudie vor, eine mögliche Trasse wurde untersucht. Wirtschaftlich stellt sich der Bau dummerweise nicht dar. Doch das könnte sich ändern, wenn eines Tages im Kreis Ludwigsburg eine Stadtbahn verkehrt.

Ob die Ampel nun außerorts steht oder wie früher direkt in Remseck: Täglich drückt sich der Stau durch das Nadelöhr der alten Neckarbrücke. Ludwigsburg und Waiblingen, die beiden Wirtschaftsräume, liegen so nah und doch so fern. Manchen erscheint, auch angesichts der dicken Luft in Stuttgart, ein Nordostring als Allheilmittel, anderen wiederum gilt er als das verkehrspolitische Schreckgespenst schlechthin. Gegner des Großprojekts fordern ein grundsätzliches Umdenken, beschwören das Ende des Autozeitalters und feiern den öffentlichen Nahverkehr. So spielte unlängst bei einer gut besuchten Diskussionsveranstaltung der Bürgerinteressengemeinschaft Big WN-Süd über den Nordostring die Stadtbahnverlängerung mehr als nur eine Nebenrolle. Doch wie wahrscheinlich ist sie überhaupt?

Entscheidend könnte der Nachbarkreis werden

Bei der üblichen Standardbewertung ihres volkswirtschaftlichen Nutzens unterschritt die Stadtbahnverbindung Waiblingen–Ludwigsburg den kritischen Wert von 1,0. Das bedeutet eigentlich das Aus. Nichtsdestotrotz bleibt sie als Fernziel im Stadtentwicklungsplan, der als Leitschnur der Kommunalpolitik dient, verankert und flog auch bei der letzten Aktualisierung vor einigen Jahren nicht raus. Und der Oberbürgermeister? Andreas Hesky hält ebenfalls an seiner Überzeugung fest, dass die Räume Ludwigsburg und Waiblingen besser verbunden werden müssen. Ein Fünkchen Hoffnung rührt von den Plänen für die Stadtbahn Ludwigsburg–Markgröningen beziehungsweise Markgröningen–Ludwigsburg–Remseck. Würde Letztere realisiert, dann, aber erst dann, würde die Verlängerung über Hegnach bis nach Waiblingen wirtschaftlich. Wobei der Rathauschef klarstellt, dass es sich bei solchen Planspielen um lange Zeiträume handelt: „Zehn Jahre sind da gar nichts.“

Im Nachbarkreis hat sich die Stadtbahn im Lauf der Jahre zum Dauerstreitthema entwickelt. Zwischen den Alternativen SSB-Hochflurbahn, Niederflurbahn oder Schnellbussystem war keine Einigung herzustellen. Letztlich hatte die Debatte sogar Auswirkungen auf den Ausgang der Oberbürgermeisterwahl in der Barockstadt: Amtsinhaber Werner Spec als Gegner der Stadtbahn verlor. Ende 2019 haben laut Ludwigsburger Kreiszeitung Gutachter der Bahntochter DB Netz ermittelt, dass auf der künftigen Strecke zwischen Markgröningen, Möglingen, Ludwigsburg und Kornwestheim ein 15-Minuten-Takt möglich wäre.

Von 2030 an zunächst nur bis Pattonville

Nach derzeitigem Stand soll auf dieser Strecke bis 2025 zunächst ein Vorläuferbetrieb eingerichtet werden, bevor von 2030 an die Stadtbahn zunächst bis Pattonville fahren könnte. Es bleibt also schwierig für die Verlängerung nach Waiblingen. Mehr Hoffnung setzt der Waiblinger Oberbürgermeister vorerst in die Verbesserung des Busverkehrs: Wenn Remseck die Westrandbrücke baut, soll die bestehende Brücke bevorzugt für Fahrräder, Fußgänger und Busse frei werden, eventuell noch für den Anliegerverkehr nach Neckargröningen. Jedenfalls sieht Hesky hier eine Chance für den Direktbus. Gemeinsam mit einer möglichen Busspur auf der Remstalstraße zwischen Hegnach und Remseck könnten dabei spürbare Fahrtzeitengewinne erzielt werden.

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Erstellt:
15. Januar 2020, 11:30 Uhr

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