Die Mär von den Eisheiligen

Warum Jörg Kachelmann die Kalte Sophie und Co. für Schwachsinn hält

Jedes Jahr im Mai vollziehen Hobbygärtner das gleiche Ritual: Warten, bis die Eisheiligen vorüber sind, bevor sie ihre Pflanzen nach draußen stellen. Wetterexperte Jörg Kachelmann fordert: „Schluss mit dem Schwachsinn!”

Frostgefahr oder Mythos – was ist dran an den Eisheiligen? (Symbolfoto)

© Christin Klose/dpa

Frostgefahr oder Mythos – was ist dran an den Eisheiligen? (Symbolfoto)

Von Gülay Alparslan

Eine alte Bauernregel besagt, dass im Mai die Eisheiligen anstehen. Pflanzen dürfen demnach erst dann nach draußen, wenn der Frost endgültig vorüber ist. Natürlich wird dieses ungeschriebene Gesetz von Hobbygärtnern strikt befolgt. Denn wer es wagt, diese heilige Regel zu missachten, riskiert, dass seine geliebten Pflanzen unter dem Frost leiden.

Was ist dran an dieser Binsenweisheit? „Nein, es gibt seit Jahrhunderten keine ‚Eisheiligen‘ mehr“, schreibt der Meteorologe und Journalist Jörg Kachelmann auf seinem X-Account und hält aber fest, dass die deutschsprachigen Medien trotzdem darüber schreiben werden.

Jetzt darf der Spätfrost einfach nix falsch machen.Ceterum censeo:Nein, es gibt seit Jahrhunderten keine "Eisheilige" mehr.Ja, dummdeutschsprachige Kartoffelmedien werden trotzdem darüber schreiben. pic.twitter.com/ONdr154dq4 — Jörg @kachelmann anderswo: @realkachelmann (@Kachelmann) April 21, 2025

Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt der Wetterexperte, dass es irgendwann vor vier- oder fünfhundert Jahren für wenige Jahre eine zufällige Häufung von kalten Tagen Mitte Mai gab. Die Menschen hätten daraufhin versucht, das Wetterphänomen an Heiligen festzumachen. So habe es vom 11. bis 14. Mai die Namenstage für die angeblichen Frosttage gegeben, deren Ende die „kalte Sophie” einläuten soll.

Kein nennenswerter Frost im Mai

Was den Wetterexperten an der ganzen Debatte stört, ist nicht der Aberglaube an sich. Denn, so Kachelmann, „Aberglaube gibt es auch in anderen Ländern, aber nur bei den Deutschen spielt dieser Aberglaube eine Rolle im täglichen Leben, wodurch die Leute irgendwelchen Schwachsinn machen”.

Obwohl seit langer Zeit bekannt ist, dass es Mitte Mai nicht gehäuft nennenswerten Frost gibt, halte man die Mär von den Eisheiligen aufrecht. Dabei könnten die Leute ihre Pflanzen nach Ansicht des Meteorologen oft schon im April rausstellen, wenn man wie in diesem Jahr aufgrund der Wettervorhersagen sieht, dass bis Mitte Mai und danach kein Frost zu erwarten ist.

Medien müssen Berichterstattung über Eisheiligen ändern

Überhaupt sei Deutschland das „führende Schwurbelland in der Welt, das einen natürlichen Widerstand gegen Naturwissenschaften habe “ – ob es nun um Homöopathie oder Hagelflieger geht, es stehe bei all diesem Schwachsinn an vorderster Stelle, meint Jörg Kachelmann.

Das müsse endlich aufhören. Hier sieht er besonders die Medien in der Verantwortung. Sie müssten aufhören, „diesen Schwurbel noch zu nähren”, indem sie jedes Jahr darüber schreiben.

Entweder müssten die Medien seiner Ansicht nach ganz auf eine Berichterstattung verzichten oder, wenn sie doch darüber berichten, klarstellen, dass es die Eisheiligen seit Jahrhunderten nicht gibt und auch in diesem Jahr nicht geben wird. Wenn es im Mai Frost gibt, kann dieser laut dem Meteorologen jederzeit im Monat auftreten. Die Annahme, dass es zwischen dem 11. und dem 15. Mai eine Häufung gäbe oder man danach vor Frost sicher sei, sei völliger Blödsinn. Solange die Medien das nicht richtig stellten, „werde ich das jedes Jahr beklagen, solange ich lebe”, so der Meteorologe.

Zum Artikel

Erstellt:
8. Mai 2025, 15:48 Uhr
Aktualisiert:
8. Mai 2025, 16:32 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen