Warum Wölfe Militärgelände lieben

Offiziell leben hierzulande 73 Rudel und 30 Paare – Eine neue Studie offenbart Überraschendes über die Vorlieben der Tiere

Die Rückkehr des Wolfs nach Deutschland befeuert seit Jahren Diskussionen. An der A 6 im Neckar-Odenwald-Kreis ist wohl ein toter Wolf entdeckt worden. Neues gibt es auch aus dem Norden.

Was weiß man über das tote Tier an der A 6?

Antwort: Im Neckar-Odenwald-Kreis ist der erste Wolf seit vielen Jahren gesichtet worden, hatte das baden-württembergische Umweltministerium am Montag gemeldet. Experten der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg hatten private Videoaufnahmen ausgewertet. Nach Angaben des Ministeriums gingen Anrufe aus Schwarzach, Binau, Neckargerach und Mosbach ein. Die Kommunen liegen relativ nahe beieinander. Experten zufolge kann ein Wolf täglich eine Strecke von bis zu 60 Kilometern zurückzulegen. Dann gestern Abend die Meldung aus dem Ministerium: ein großes totes Tier an der A 6 gesichtet, zwischen der Anschlussstelle Öhringen und Neuenstein (Hohenlohekreis).

Frage: Wie geht es im Südwesten weiter?

Antwort: Die Stelle liegt etwa 40 Kilometer Luftlinie entfernt von den Orten, in denen am vergangenen Wochenende ein Wolf gesichtet wurde. Die Freiburger Fachleute haben den Kadaver abgeholt, um ihn näher zu untersuchen. Es ist wahrscheinlich, dass es sich bei dem toten Tier um einen Wolf handelt. Aufgrund der räumlichen Nähe könnte es sich dabei um das Tier handeln, das am Wochenende im Neckar-Odenwald-Kreis unterwegs gewesen war.

Frage: Leben Wölfe in Naturschutzgebieten?

Antwort: Wölfe siedeln sich laut einer am Dienstag veröffentlichten Studie lieber auf Truppenübungsplätzen an als in Naturschutzgebieten. Militärisches Gelände ist für die Tiere auch dann kein Problem, wenn dort Schießübungen stattfinden. „Das ist für alle Tiere eine gut berechenbare Störung“, sagte Ilka Reinhardt, Leiterin der Studie. Zwischen 2000 und 2015 entstanden demnach 16 neue Wolfsgebiete auf Militärgelände. Dagegen wählten die Räuber Naturschutzgebiete nur neunmal als Lebensraum. Die Forscher gehen davon aus, dass die Vorliebe für Militärgebiete mit der geringeren Präsenz von Jägern zu tun hat.

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Antwort: Was macht Bundeswehrgelände für die Raubtiere so attraktiv?

Antwort: Vanessa Ludwig vom Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ bestätigt, dass die Raubtiere mit Militärgelände gut zurechtkommen. „Wölfe fühlen sich auf Truppenübungsplätzen wohl, weil es dort aufgrund der Absperrung außer den militärischen Aktivitäten keine anderen Störungen gibt“, sagte die Expertin. Spaziergänger, Radfahrer oder Pilzsucher seien für Wildtiere dagegen viel stressiger. Da sich aus den gleichen Gründen auch die Beutetiere des Wolfs auf Militärgebiet wohlfühlen, sei zugleich das Nahrungsangebot für die Raubtiere größer, erklärte Ludwig. Wölfe registrierten genau, wo Jagden stattfinden, und merkten sich das. Auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz in Sachsen witzelt man inzwischen schon: Die Wölfe würden die Schießzeiten besser kennen als mancher Soldat, sagte einst ein früherer Kommandeur.

Antwort: Was sagen die Jäger dazu?

Antwort: Der Deutsche Jagdverband bezweifelt einen Zusammenhang zwischen Jagd und dem Ausweichen der Wölfe. „Hauptfaktor für das Vorkommen des Wolfs ist die Nahrungsverfügbarkeit: Als effizienter Jäger will der Wolf mit möglichst wenig Aufwand größten Erfolg haben“, erklärte Verbandssprecher Torsten Reinwald.

Frage: Was gibt es Neues von den Problemwölfen in Norddeutschland?

Antwort: Zwei Wölfen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein soll es an den Kragen gehen, weil sie Vieh reißen. Die zuständigen Behörden haben eine Ausnahmegenehmigung für den Abschuss der Tiere erteilt. Der Leitrüde des Rodewalder Rudels im niedersächsischen Landkreis Nienburg hat zahlreiche Nutztiere getötet, darunter sogar Pferde und Rinder, die Wogen schlagen hoch. Das Umweltministerium hat eine Ausnahmegenehmigung für einen Abschuss des Tieres mit dem Kürzel GW717m erwirkt. In Schleswig-Holstein soll Rüde GW924m getötet werden.

Frage: Wann darf ein Wolf geschossen werden?

Antwort: Wölfe sind in Deutschland streng geschützt. Außer dem Bundesnaturschutzgesetz ist das auch in EU-Vorgaben geregelt. Die Tiere dürfen in Deutschland nicht gejagt werden. Eine Abschussgenehmigung kann aber im Ausnahmefall nach Paragraf 45 des Bundesnaturschutzgesetzes erteilt werden. Bestimmte Tiere dürfen dann getötet werden, wenn von ihnen eine Gefahr für den Menschen ausgeht oder erheblicher wirtschaftlicher Schaden durch sie zu erwarten ist.

Frage: Wurden hierzulande schon Problemwölfe geschossen?

Antwort: Ja. Seit der Rückkehr des Wolfs nach der Wiedervereinigung wurden in Deutschland bereits zwei Wölfe legal getötet. Der bundesweit erste war der im Internet Kurti genannte MT6. Er wurde im April 2016 in der Lüneburger Heide geschossen. Dieses Schicksal ereilte im Februar vergangenen Jahres auch einen Wolf in Sachsen.

Frage: Wofür stehen die Kürzel?

Antwort: „GW“ steht für einen Grauwolf. Danach kommt die Codenummer des Senckenberg-Instituts, im Fall des Rodewalder Rüden ist es 717, beim Schleswig-Holsteiner 924. Das kleine „m“ am Ende zeigt, dass es sich um ein männliches Tier handelt. (dpa)

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Erstellt:
20. Februar 2019, 03:04 Uhr

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