Konklave
Was ist ein Kardinal?
Wer sind die Männer in Purpur, die den Papst beraten und seinen Nachfolger wählen? Und welche „Kirchenfürsten“ haben im Konklave die entscheidende Stimme?

© Gregorio Borgia/AP/dpa
Kardinäle aus aller Welt wählen den neuen Papst.
Von Michael Maier
In der Hierarchie der römisch-katholischen Kirche nehmen Kardinäle eine herausragende Stellung ein. Direkt nach dem Papst sind sie die höchsten Würdenträger und spielen eine entscheidende Rolle in der Leitung der Weltkirche.
Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Titel, welche Aufgaben haben Kardinäle und wer von ihnen ist berechtigt, am Konklave, der Wahl eines neuen Papstes, teilzunehmen?
Was ist ein Kardinal?
Der Begriff „Kardinal“ leitet sich vom lateinischen Wort „cardo“ ab, was so viel wie „Türangel“ oder „Dreh- und Angelpunkt“ bedeutet. Ursprünglich bezog sich der Titel auf Geistliche, die an einer römischen Hauptkirche (cardo) tätig waren. Heute ist der volle Titel „Sanctae Romanae Ecclesiae Cardinalis“ („Kardinal der Heiligen Römischen Kirche“) oder, für Kardinäle der orientalischen Kirchen, „Sanctae Ecclesiae Cardinalis“. Die protokollarische Anrede lautet „Eure Eminenz“.
Kardinäle werden vom Papst auf Lebenszeit ernannt und in einem feierlichen Akt, dem Konsistorium, „kreiert“. Sie sollen sich durch ihren Glauben, ihre Sitten, Frömmigkeit und Klugheit in Verwaltungsangelegenheiten auszeichnen. In der Regel sind es verdiente Bischöfe, die zu Kardinälen ernannt werden, obwohl das Kirchenrecht lediglich die Priesterweihe als Voraussetzung nennt. Ist ein ernannter Kardinal noch kein Bischof, empfängt er vor der Kardinalserhebung die Bischofsweihe.
Aufgaben und Rolle eines Kardinals
Die Hauptaufgabe der Kardinäle ist es, dem Papst bei der Leitung der Gesamtkirche zur Seite zu stehen. Dies geschieht auf kollegiale Weise, beispielsweise in Konsistorien, bei denen wichtige Fragen behandelt werden, oder indem einzelne Kardinäle Leitungsfunktionen in der Römischen Kurie, der Zentralverwaltung des Vatikans, übernehmen. Diese Kurienkardinäle sind vergleichbar mit Ministern in einer Regierung. Diözesanbischöfe, die zu Kardinälen ernannt werden, nehmen diese Aufgaben zusätzlich zur Leitung ihres eigenen Bistums wahr.
Das Kardinalskollegium, die Gesamtheit aller Kardinäle, wird vom Kardinaldekan geleitet. Dieser hat jedoch keine Leitungsgewalt über die anderen Kardinäle, sondern gilt als „primus inter pares“ (Erster unter Gleichen).
Kardinäle in Purpurrot (Kardinalsrot)
Ein äußeres Zeichen der Kardinalswürde ist die purpurrote Kleidung. Das Scharlachrot soll die Bereitschaft symbolisieren, den Glauben bis zum Äußersten, notfalls bis zum Martyrium, zu verteidigen. Früher gehörte auch ein großer Kardinalshut (Galero) mit 15 seitlichen Quasten zur Ausstattung, der heute jedoch nur noch im Wappen eines Kardinals erscheint. Die Alltagskleidung ist eine schwarze Soutane mit roter Paspelierung und roten Knöpfen. Einfachen Bischöfen ist im Gegensätz zu den Kardinälen bei Rom-Aufenthalten die Farbe Lila vorbehalten.
Kardinäle im Konklave
Die wohl bekannteste und wichtigste Aufgabe der Kardinäle ist die Wahl eines neuen Papstes nach dem Tod oder dem Amtsverzicht des vorherigen Pontifex. Die Regeln für die Teilnahme am Konklave sind klar definiert. Wahlberechtigt sind alle Kardinäle, die am Tag vor dem Eintritt der Sedisvakanz (dem Tag, an dem der päpstliche Stuhl vakant wird, also dem Todestag des Papstes) das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Kardinäle, die diese Altersgrenze überschritten haben, können zwar an den Generalkongregationen im Vorkonklave teilnehmen und dort auch Rede- und Stimmrecht haben, sind aber von der eigentlichen Papstwahl ausgeschlossen.
Wahlberechtigte Kardinäle
Für das Konklave im Mai 2025 waren ursprünglich 135 Kardinäle wahlberechtigt. Aufgrund von zwei Ausfällen nehmen jedoch 133 Kardinäle an der Wahl teil. Das ist kirchenrechtlich ein Problem, da nach einem alten Kodex eigentlich höchstens 120 Kardinäle wählen sollen. Könnte es womöglich sogar die Legitimität des neuen Papsts in Frage stellen?
Interessanterweise wurden 80 Prozent der wahlberechtigten Kardinäle von Papst Franziskus ernannt. Die Leitung des Konklaves übernimmt der ranghöchste wahlberechtigte Kardinalbischof, da der Kardinaldekan und der Subdekan die Altersgrenze überschritten haben. Im Konklave 2025 ist das Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin – möglicherweise nicht unbedingt ein Vorteil für einen Teilnehmer, der selbst als möglicher neuer Papst gehandelt wurde.
Bekannte Kardinäle
- Giovanni Battista Re: Derzeitiger Kardinaldekan, jedoch aufgrund seines Alters nicht mehr im Konklave wahlberechtigt.
- Pietro Parolin: Kardinalstaatssekretär und Leiter des Konklaves 2025.
- Reinhard Marx: Erzbischof von München und Freising, einer der deutschen wahlberechtigten Kardinäle im Konklave 2025.
- Gerhard Ludwig Müller: Kurienkardinal und ebenfalls einer der deutschen wahlberechtigten Kardinäle.
- Luis Antonio Tagle: Gilt manchen als „papabile“ (papstfähig).
- Christoph Schönborn: Erzbischof von Wien, bekannt für seine theologischen Impulse.
- Timothy Radcliffe OP: Ein Theologe und ehemaliger Ordensmeister der Dominikaner, von Papst Franziskus 2024 zum Kardinal ernannt.
- Mykola Bychok: Einer der jüngsten Kardinäle, Bischof der ukrainischen Eparchie Sankt Peter und Paul in Melbourne.
Diese Liste ist bei Weitem nicht vollständig, gibt aber einen Einblick in die Internationalität und Vielfalt des Kardinalskollegiums.