Deutsche in Australien vermisst

Was ist mit Carolina Wilga passiert?

Die 26-jährige Deutsche wollte Australien mit Bus und Rucksack entdecken – jetzt fehlt von der jungen Frau jede Spur. Jetzt hat die Polizei ihren verlassenen Van gefunden.

Von der Polizei zur Verfügung gestellte Überwachungskamera- Fotos von  zeigen die vermisste Carolina.

© Western Australia Police/Supplied

Von der Polizei zur Verfügung gestellte Überwachungskamera- Fotos von zeigen die vermisste Carolina.

Von Barbara Barkhausen

Schlank, lange kraus-lockige dunkelblonde Haare, braune Augen, ein Tattoo mit Symbolen auf dem linken Arm. Auf Fotos lacht Carolina Wilga in die Kamera – selbstbewusst, naturverbunden, neugierig auf das Leben. Seit zwei Jahren reiste die 26-Jährige aus Castrop-Rauxel allein durch Australien, lebte in Hostels, arbeitete in Minen, half in der Landwirtschaft und in der Gastronomie. Offenbar war sie unabhängig, mutig – eine, die ihr Leben selbst in die Hand nahm.

Carolina war keine unerfahrene Rucksackreisende. Im April suchte sie noch in einer Facebook-Gruppe nach neuen Jobmöglichkeiten in Westaustralien – sie machte einen zuverlässigen, flexiblen Eindruck, hatte vielseitige Erfahrung, ideal für die Regionen im ländlichen Australien, die genau solche Allrounder dringend brauchen. Nun wird sie vermisst.

Zuletzt wurde die junge Frau am 29. Juni in Beacon von einer Überwachungskamera aufgenommen, einem Ort mit gerade einmal 120 Einwohnern, rund 330 Kilometer nordöstlich von Perth. Hier kennt fast jeder jeden. Und doch kann ein Mensch in dieser Weite spurlos verschwinden.

Kaum besiedelte Gegend, wenig Infrastruktur

Westaustralien ist der größte Bundesstaat des Landes – mit endlosen Ebenen, abgelegenen Farmen, staubigen Straßen und Landschaften, die sich bis zum Horizont erstrecken. Was für viele den Reiz des Reisens ausmacht, birgt auch Gefahr: riesige Entfernungen, kaum besiedelte Gegenden, wenig Infrastruktur. Am Tag vor ihrer Sichtung in Beacon soll Carolina noch in einem Geschäft im nahe gelegenen Toodyay gewesen sein. Seitdem: nichts. Kein Anruf. Kein Signal. Ihr Handy – ausgeschaltet.

Die Polizei von Western Australia hat inzwischen eine groß angelegte Suchaktion gestartet – zu Land und aus der Luft. Und sie hat die Mordkommission eingeschaltet. „Ihr Mobiltelefon ist derzeit ausgeschaltet, und wir sind sehr besorgt“, sagte Polizeichef Col Blanch am Mittwoch dem Sender ABC Perth. Konkrete Hinweise auf ein Gewaltverbrechen gebe es bisher aber nicht.

Carolina war mit einem schwarz-silbernen Mitsubishi-Van unterwegs. Den hat die Polizei am Donnerstag verlassen gefunden, in der Nähe von Karroun Hill rund 300 Kilometer nordöstlich von Perth. Es habe vermutlich mechanische Probleme gegeben. Das Karroun Hill Nature Reserve sei riesig und etwa 300 000 Hektar groß, berichtete der Sender ABC.

Australien gilt als sicheres Reiseland

Inzwischen wurde eine eigene Facebook-Seite eingerichtet, über die Hinweise gesammelt und Informationen ausgetauscht werden. Carolinas Mutter, Katja Will, kommentierte einen Polizeipost mit einem verzweifelten Appell: „Ich bin ihre Mutter und brauche Ihre Hilfe, da ich von Deutschland aus nicht viel tun kann. Carolina wird weiterhin schmerzlich vermisst. Bitte halten Sie die Augen offen!“

Australien gilt als sicheres Reiseland – gerade auch für junge Menschen, die mit einem „Working Holiday“-Visum durchs Land reisen, wie es Carolina tat. Doch es gibt auch Schattenseiten. Die Geschichte der jungen Deutschen erinnert unweigerlich an andere tragische Fälle, die sich in den vergangenen Jahren ereignet haben. So wurden 2016 zwei junge Frauen – eine Deutsche und eine Brasilianerin – beim Zelten an einem Strand östlich von Adelaide überfallen und beinahe getötet. Der Täter, ein 60-jähriger Australier, wurde unter anderem wegen versuchten Mordes und Entführung angeklagt. Die deutsche Urlauberin wurde mit einem Hammer niedergeschlagen, ihre Freundin konnte nackt fliehen. Nur dank einer Gruppe Fischer, die in der Nähe ihre Netze auswarfen, wurde Schlimmeres verhindert.

„Backpacker-Mörder“ wirft dunklen Schatten

Auch 2017 wurde eine britische Rucksackreisende von einem Mann verschleppt, misshandelt und durch das Outback gefahren – wochenlang. Und dann ist da noch der wohl bekannteste Fall: der sogenannte „Backpacker-Mörder“ Ivan Milat, der in den 1980er- und 1990er-Jahren sieben junge Reisende – darunter drei Deutsche – brutal tötete. Seine Opfer fand man später im Waldgebiet Belanglo State Forest südwestlich von Sydney. Trotz dieser Verbrechen bleibt Australien ein Land, das jährlich Millionen Reisende anzieht – viele von ihnen allein, viele voller Abenteuerlust. Die australischen Behörden reagieren in Vermisstenfällen schnell und mit großem Aufwand. Das zeigt auch Carolinas Fall.

Im Mai war in der gleichen Region, in der Carolina verschwand, bereits das Auto eines anderen Vermissten entdeckt worden – eines 73-jährigen Mannes aus Beacon, der seit Dezember 2024 verschwunden war. Laut Polizei gibt es keine Hinweise darauf, dass ein Zusammenhang mit Carolinas Fall bestehen könnte. Die Polizei bittet nun gezielt Menschen, die zwischen dem 29. Juni und dem 4. Juli im Raum Beacon oder in der umliegenden Wheatbelt-Region unterwegs waren, sich zu melden. Besonders gefragt sind Dashcam-, Drohnen-, Überwachungs- oder Handyaufnahmen.

Die Behörden in allen Bundesstaaten und Territorien des Landes seien über das Verschwinden der jungen Frau informiert worden, betonte Polizeihauptkommissarin Katharine Venn. Jede Information und jeder Hinweis bezüglich ihres derzeitigen Aufenthaltsorts würden geprüft. Unter anderem seien Hinweise aus verschiedenen Ortschaften in Westaustralien eingegangen.

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Erstellt:
10. Juli 2025, 15:50 Uhr

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