Geheimdokumente

Was sind die Epstein Files?

Elon Musk behauptet öffentlich, Donald Trump tauche in den streng geheimen Epstein-Dokumenten auf. Die Aussage zündet eine politische Bombe – und wirft die Frage auf: Was steckt hinter den "Epstein Files"?

Im Februar erhielten auch rechte Influencer Ordner mit der Aufschrift "The Epstein Files", darunter Rogan O'Handley (l.) und Chaya Raichik.

© Joshua Sukoff/ Shutterstock

Im Februar erhielten auch rechte Influencer Ordner mit der Aufschrift "The Epstein Files", darunter Rogan O'Handley (l.) und Chaya Raichik.

Von Katrin Jokic

Trumps und Musks Männerfreundschaft ist Geschichte

Was als Allianz zwischen dem US-Präsidenten Donald Trump und Tech-Milliardär Elon Musk begann, ist inzwischen ein öffentlicher Schlagabtausch auf offener Bühne. Nachdem Musk das von Trump vorangetriebene Steuer- und Ausgabengesetz als „widerliche Abscheulichkeit“ bezeichnet hatte, reagierte Trump mit der Drohung, staatliche Subventionen für Musks Firmen wie Tesla und SpaceX zu streichen. Musk wiederum machte in einem Posting auf seiner Plattform X (ehemals Twitter) eine Behauptung öffentlich, die für Sprengstoff sorgt:

"Zeit, die wirklich große Bombe zu zünden: @realDonaldTrump ist in den Epstein-Akten. Das ist der wahre Grund, warum sie nicht öffentlich gemacht wurden. Einen schönen Tag noch, DJT!"

Kurz danach schob er hinterher: "Merken Sie sich diesen Beitrag für die Zukunft. Die Wahrheit wird ans Licht kommen."

Seine Aussage spielt auf ein bisher größtenteils unter Verschluss gehaltenes Konvolut brisanter Dokumente an – die sogenannten Epstein Files.

Was sind die Epstein Files?

Die „Epstein Files“ bezeichnen eine umfangreiche Sammlung von Ermittlungsdokumenten, Zeugenaussagen, Listen, Kalendern und E-Mails, die im Zusammenhang mit Jeffrey Epstein stehen – einem verurteilten Sexualstraftäter, der über Jahrzehnte hinweg ein Netzwerk zur sexuellen Ausbeutung von Minderjährigen betrieben haben soll. Die Dokumente sollen laut US-Justizministerium Hinweise auf mehr als 250 Opfer sowie zahlreiche mutmaßliche Mitwisser, Nutznießer und Komplizen aus Politik, Wirtschaft und dem internationalen Jetset enthalten.

Am 27. Februar 2025 wurde erstmals eine erste Tranche dieser Akten offiziell durch die US-Regierung freigegeben. Die Veröffentlichung durch Justizministerin Pamela Bondi und den neuen FBI-Chef Kash Patel erfolgte laut eigenen Aussagen im Sinne maximaler Transparenz. „Wir werden jeden Stein umdrehen“, sagte Patel.

Zuvor hatte ein US-Gericht bereits im Januar 2024 über 900 Seiten aus einem früheren Zivilprozess zwischen Epstein-Opfer Virginia Giuffre und Ghislaine Maxwell veröffentlicht. Die Unterlagen enthalten Aussagen, E-Mails und Vermerke, in denen zahlreiche prominente Namen fallen – darunter Bill Clinton, Prinz Andrew und Michael Jackson. Zwar taucht Trumps Name in den veröffentlichten Dokumenten vom Januar 2024 auf – allerdings ohne strafrechtliche Relevanz. Aussagen zufolge soll Epstein in Erwägung gezogen haben, Trumps Kasino anzusteuern. Eine direkte Verbindung zu mutmaßlichen Taten ergibt sich daraus nicht.

Die vom US-Justizministerium offengelegten rund 200 Seiten enthielten wohl keine wirklich neuen Namen, bestätigten aber viele bereits inoffiziell kursierende Informationen. Auch Donald Trumps Name soll in diesen offengelegten Akten auftauchen, da er in Flugprotokollen genannt worden sei. Der eigentliche Sprengstoff liegt jedoch in den noch nicht veröffentlichten Tausenden Seiten. Laut Justizministerium wurden diese bisher nicht übergeben, obwohl sie existieren. Warum das so ist, bleibt unklar – und genau hier setzt wohl Musks Vorwurf an.

Wer war Jeffrey Epstein?

Jeffrey Epstein war ein US-amerikanischer Finanzier und verurteilter Sexualstraftäter. Geboren 1953 in New York, arbeitete er zunächst als Lehrer, bevor er über Umwege eine Karriere in der Finanzwelt begann. Trotz undurchsichtiger Geschäftsmodelle baute er ein beträchtliches Vermögen auf und pflegte Kontakte zu einflussreichen Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Adel und Wissenschaft.

2008 wurde er in Florida wegen Prostitution Minderjähriger verurteilt – im Rahmen eines umstrittenen Deals, der ihm eine milde Haftstrafe und weitreichende Immunität für Mitwisser sicherte. 2019 folgte eine neue Anklage in New York wegen Menschenhandels mit Minderjährigen. Am 10. August 2019 wurde Epstein tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden. Offiziell wurde sein Tod als Suizid eingestuft. Aufgrund mehrerer Ungereimtheiten halten sich bis heute Spekulationen, er könnte ermordet worden sein, um Mitwisser zu schützen.

Doku-Serien zum Fall Epstein

Zwei Dokumentationen beleuchten den Fall in unterschiedlichen Perspektiven: Die vierteilige Serie „Surviving Jeffrey Epstein“ (USA 2020, Regie: Ricki Stern, Anne Sundberg) sammelt Aussagen von Betroffenen und zeichnet nach, wie das Missbrauchssystem funktionierte.

Hier können Sie die Serie sehen*:

„Jeffrey Epstein: Stinkreich“ (Originaltitel: Filthy Rich, USA 2020, Regie: Lisa Bryant) geht in vier Teilen dem Umfeld, den Strukturen und der Rolle der Justiz nach. Beide Serien sind auf gängigen Streamingplattformen abrufbar.

Hier gibt es die Serie im Stream*:

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Freunde in hohen Kreisen

Jeffrey Epstein pflegte enge Kontakte zu zahlreichen einflussreichen Persönlichkeiten weltweit. Zu seinen bekannten Bekannten zählten unter anderem Prinz Andrew, Kronprinz Mohammed bin Salman von Saudi-Arabien, Microsoft-Mitgründer Bill Gates sowie die (ehemaligen) US-Präsidenten Bill Clinton und Donald Trump. Letzterer betonte später, Epstein schon früh aus seinem Umfeld ausgeschlossen zu haben. Clinton wiederum ließ erklären, er habe seit über einem Jahrzehnt keinen Kontakt mehr zu Epstein gehabt und nichts von dessen Straftaten gewusst.

Epstein soll darüber hinaus mit Personen aus Medien, Politik und Wirtschaft verkehrt haben – darunter Rupert Murdoch, Richard Branson, Michael Jackson, Tony Blair, Alec Baldwin, Bill Gates und die Kennedys. Auch Harvey Weinstein und Woody Allen standen mit ihm in Verbindung.

Eine Klage, in der Trump vorgeworfen wurde, 1994 in Epsteins New Yorker Stadthaus ein 13-jähriges Mädchen vergewaltigt zu haben, wurde kurz nach Einreichung zurückgezogen – laut Anwälten wegen massiver Einschüchterung der Klägerin. Viele dieser Kontakte sind bis heute Gegenstand von Spekulationen, ohne dass ihnen strafrechtlich relevantes Verhalten nachgewiesen wurde.

Ermittlungen gegen Epsteins Komplizen und Netzwerk

Jeffrey Epstein konnte 2007 durch einen umstrittenen Deal mit der US-Regierung erreichen, dass seine mutmaßlichen Mitverschwörer strafrechtlich nicht verfolgt werden. Dennoch wurden seitdem mehrere enge Vertraute und mutmaßliche Helfer strafrechtlich belangt:

  • Ghislaine Maxwell, langjährige Vertraute Epsteins, wurde 2020 festgenommen, 2021 schuldig gesprochen und 2022 zu 20 Jahren Haft verurteilt. Sie hatte minderjährige Mädchen für sexuelle Übergriffe rekrutiert und transportiert.
  • Jean-Luc Brunel, ein französischer Modelagent mit engen Verbindungen zu Epstein, wurde 2020 in Paris wegen Menschenhandels und Vergewaltigung festgenommen. 2022 wurde er tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden – mutmaßlich Suizid.
  • Darren K. Indyke und Richard D. Kahn, Nachlassverwalter von Epstein, wurden von den Amerikanischen Jungferninseln beschuldigt, zentrale Akteure in Epsteins Firmengeflecht gewesen zu sein, das junge Frauen systematisch rekrutierte. Das Verfahren wurde 2022 im Rahmen eines Vergleichs über 105 Millionen Dollar eingestellt.
  • Prinz Andrew wurde 2021 von Virginia Giuffre verklagt, die ihm sexuellen Missbrauch vorwarf, als sie minderjährig war. Der britische Royal einigte sich 2022 außergerichtlich gegen Zahlung von etwa 12 Millionen Pfund – angeblich auch mit finanzieller Unterstützung der Queen. Der Skandal um den britischen Adeligen ist damit dennoch nicht aufgelöst.
  • Deutsche Bank und JPMorgan Chase wurden in den USA von Epstein-Opfern verklagt, weil sie dessen Missbrauchsring durch jahrelange Geschäftsbeziehungen und das Ignorieren von Warnsignalen mitermöglicht haben sollen. Beide Banken zahlten hohe Vergleichssummen: 75 Mio. Dollar (Deutsche Bank) und 290 Mio. Dollar (JPMorgan).
  • Leon Black, Gründer von Apollo Global Management, wird von mehreren Frauen beschuldigt, sie im Umfeld von Epstein vergewaltigt zu haben. Er bestreitet alle Vorwürfe, zahlte aber 62,5 Mio. Dollar an die US Virgin Islands zur Abgeltung möglicher zivilrechtlicher Ansprüche.

Diese Fälle zeigen: Der Epstein-Komplex umfasst weit mehr als nur eine Person – es geht um ein ganzes Netzwerk aus Geld, Macht, Schweigen und jahrelanger Mitwisserschaft. Viele Verfahren wurden mit Vergleichen beendet, einige Namen bleiben weiterhin im Dunkeln.

Was bedeutet das alles?

Der politische und wirtschaftliche Machtkampf zwischen Trump und Musk hat mit der Epstein-Affäre eine neue Eskalationsstufe erreicht. Die bisher nicht veröffentlichten Teile der „Epstein Files“ sind zu einem Spielball im inneramerikanischen Machtgerangel geworden. Ob Trumps Name tatsächlich darin auftaucht – und ob die vollständige Veröffentlichung erfolgt – ist derzeit offen. Sicher scheint: Diese Geschichte ist noch nicht zu Ende.

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Erstellt:
6. Juni 2025, 06:40 Uhr
Aktualisiert:
6. Juni 2025, 07:26 Uhr

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