Alleinsein am Hochfest

Was tun gegen die Einsamkeit zu Weihnachten?

Manch einer würde sich wohl etwas weniger Weihnachtstrubel wünschen . Andere wären froh, wenn sich überhaupt mal jemand blicken ließe. Experten empfehlen Routinen, um über schwierige Tage zu kommen.

Weihnachten, das Fest der Liebe und Familie? Viele Alleinstehende fühlen sich gerade an den weihnachtlichen Tagen besonders einsam.

© Imago/Bihlmayerfotografie

Weihnachten, das Fest der Liebe und Familie? Viele Alleinstehende fühlen sich gerade an den weihnachtlichen Tagen besonders einsam.

Von Markus Brauer/dpa

Bei vielen reiht sich an den Feiertagen ein Besuch an den nächsten . Für andere ist Weihnachten die Zeit im Jahr, in der das Gefühl von Einsamkeit besonders hart zuschlägt. Schnelle Lösungen gibt es schwerlich.

Weihnachten – Hochzeit der Einsamkeit

Gezielt etwas abmildern lässt sich das Gefühl aber durchaus, wie Experten erklären. Hilfreich seien zum Beispiel feste Routinen: ein Spaziergang täglich zur gleichen Zeit, das bewusste Zubereiten von Mahlzeiten oder ein fest eingeplantes Telefonat mit einer vertrauten Person, empfehlen Fachleute der Oberberg Fachkliniken.

„Struktur und vorher festgelegte Ankerpunkte reduzieren das Gefühl von Haltlosigkeit und schaffen kleine, verlässliche Momente der Verbundenheit“, erklären die Experten.

Dass das Gefühl von Einsamkeit gerade zu Weihnachten und zum Jahreswechsel stärker sein könne, liege daran, dass gerade diese Phase als Zeit der Nähe gilt. „Der Kontrast zwischen idealisierten Bildern von Geborgenheit und der eigenen Lebenswirklichkeit kann besonders schmerzhaft sein.“

„Einsamkeit ist das Thema Nummer Eins“

Rund um Weihnachten klingelt es bei der Telefonseelsorge besonders häufig. „Einsamkeit ist das Thema Nummer Eins“, erklärt Sandra Fricke, Chefin der Telefonseelsorge in Erfurt. Die meisten Anrufer seien über 60 Jahre und weiblich.

Auch die Experten der Oberberg Fachkliniken beobachten jährlich einen deutlichen Anstieg an Beratungsgesprächen rund um die Feiertage, häufig aufgrund emotionaler Isolation, familiärer Konflikte oder fehlender sozialer Einbindung.

Zu bedenken gilt, dass Einsamkeit nicht mit Alleinsein gleichzusetzen ist. Ein bewusster Rückzug kann stärkend wirken, einsam wiederum kann man sich auch in einer Beziehung fühlen.

„Einsamkeit beschreibt einen belastenden Zustand, der entsteht, wenn soziale Beziehungen als unzureichend erlebt werden – unabhängig davon, ob man tatsächlich allein ist oder unter Menschen“, erläutert Stefan Röpke, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Oberberg Fachklinik Berlin Brandenburg.

Selbstfürsorge hilft – ein wenig

Längerfristig beginne der Weg aus der Einsamkeit oft mit Selbstfürsorge, erläutern die Fachklinik-Experten: sich versorgen, aktiv bleiben, eigene Bedürfnisse wahrnehmen.

Hilfreich könne sein, bewusst Dinge für sich tun: zum Beispiel für sich zu kochen, gezielt Ausstellungen oder kulturelle Angebote zu nutzen, ehrenamtlich tätig oder Mitglied in einem Verein oder einer Freizeitgruppe zu werden. Kirchen, Kommunen, Vereine und Organisationen laden rund um Weihnachten zu einer Vielzahl von Veranstaltungen ein.

Einsamkeit macht krank

EinsamkeitNach Aussage des US-Psychologen und Neurowissenschaftlers John T. Cacioppo, an der Universität von Chicago lehrt, ist Einsamkeit ein weitverbreitetes Gefühl – unter Jüngeren wie Älteren gleichermaßen. Vier von fünf der unter 18-Jährigen und 40 Prozent der über 65-Jährigen fühlen sich demnach zumindest manchmal allein. Die Häufigkeit nimmt während des mittleren Lebensalters ab, um dann im höheren Alter wieder anzusteigen. 15 bis 30 Prozent der Bevölkerung gelten als chronisch einsam.

Einsamkeit und Alleinsein Alleinsein ist nicht gleichbedeutend mit Einsamkeit. Nach Aussage von Cacioppo ist Einsamkeit nicht an die An- und Abwesenheit von anderen Menschen gebunden. Sie sei auch nicht abhängig von der Zahl der Freunde und Bekannten, die man hat. Wer sich einsam fühle, so der Psychologe, dem fehlten nicht einfach Menschen. Vielmehr leidet er unter dem Gefühl, emotional und sozial nicht beachtet, anerkannt und gebraucht zu werden.

Wer einsam ist, stirbt früher „Die Einsamkeit frisst mich auf.“ Diesen deprimierenden Satz hört man immer wieder. Die Sozialpsychologie definiert Einsamkeit als das Gefühl, sozial isoliert zu sein. Einsame haben ein höheres Sterberisiko als Menschen, die sozial eingebunden sind. Einsame schlafen schlechter, sie grübeln mehr, sind unglücklicher und ernähren sich ungesünder als Menschen mit vielen Sozialkontakten. Wie stark sich das Gefühl des Alleinseins auf die Mortalitätsrate auswirkt, hat Julianne Holt-Lunstad, Professorin für Psychologie an der Brigham Young University (US-Bundestaat Utah) , untersucht.

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Erstellt:
23. Dezember 2025, 13:08 Uhr
Aktualisiert:
23. Dezember 2025, 13:23 Uhr

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