Was wirklich im Fitnessbrot steckt
Spezielle Brotvarianten sollen gut für die Gesundheit sein – Doch das ist nicht immer der Fall
Berlin (dpa). Beim Bäcker und im Supermarkt tauchen immer häufiger spezielle Backwaren wie Vitalbrot oder Sportlerbrot auf. Auch beim traditionellen täglichen Brot locken mehr und mehr neue Kreationen – mit Ölsaaten, Chiasamen oder viel Eiweiß. Und Backwaren mit extra gesund anmutenden Bezeichnungen haben auch ihren Preis. Doch was steckt eigentlich genau drin? Verbraucherschützer fordern nicht nur bei „Trendbroten“ mehr Klarheit über Zutaten und vielversprechende Produktnamen, um Irreführung zu vermeiden.
„Fast alle Menschen essen Brot, und ein Großteil der Verbraucher achtet auf einen gesunden Lebensmitteleinkauf“, sagt der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller. „Hinter gesund klingenden Fantasienamen loser Backwaren stehen jedoch nicht zwangsläufig gesunde Produkte.“ Jeweils mehr als die Hälfte der Befragten schätzen Bezeichnungen wie Fitnessbrot, Powerbrot oder Joggingbrot in puncto Gesundheit positiv ein, wie eine Umfrage für den Verband ergab – Weizenmischbrot aber nur knapp 40 Prozent.
Bei verpacktem Brot im Supermarkt müssen die Zutaten aufs Etikett gedruckt werden. Direkt in den meist dicht bestückten Regalen vieler Bäckereien stecken dagegen oft nur kleine Schilder mit Produktname und Preis. Für mehr Informationen zu Inhaltsstoffen, Allergenen oder Kalorien gebe es eine klare Lösung, heißt es beim Spitzenverband der Lebensmittelbranche BLL: das Verkaufspersonal fragen. Für Werbung mit Gesundheitsversprechen gilt in der EU eine verbindliche Liste mit erlaubten Aussagen. Doch die hat Feinheiten, wie Verbraucherschützer monieren. So bedeute „Ballaststoffquelle“ bei Brot mindestens drei Gramm davon pro 100 Gramm, „ballaststoffreich“ aber doppelt so viel.
Auch bei losen Backwaren sollten Kunden verlässlich Angaben zu Zutaten und Nährwerten bekommen, fordert Verbraucherschützer Müller, und zwar am besten per Schild direkt am Produkt. Bäckereien, aber auch Selbstbedienungsstationen in Supermärkten, könnten das sicher kreativ und lesbar ermöglichen. Viele Kunden wollten nicht erst im Internet oder irgendwelchen Kladden nachschlagen. Geschärft werden sollten laut Müller auch Leitsätze im Deutschen Lebensmittelbuch, das die zu erwartende Beschaffenheit beschreibt. Dies entspräche also einer Art Reinheitsgebot beispielsweise für Brotnamen, die so ähnlich klingen wie „Vollkorn“.
Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks betont, es gebe bei unverpackter Ware aus gutem Grund andere Vorgaben. Denn je nach Größe der Bäckerei sei die Produktion nur mehr oder weniger standardisiert. Zutaten könnten je nach Rohstoffangebot leicht variieren – und für jede kleine Rezepturänderung müssten dann neue Zutatenverzeichnisse und Schilder für sämtliche Filialen erstellt werden. „Backstationen im Discounter können das vielleicht, da ihre vorgebackenen Teiglinge aus industrieller Herstellung stammen“, sagt Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider. Im Handwerk sei das dagegen nicht leistbar. Auch in Restaurants bekomme man ja keine Zutatenverzeichnisse aller Speisen.
Deutschland ist ein traditionelles Brotland: Mehr als 98 Prozent aller Haushalte kaufen zumindest einmal jährlich Brot. Im Schnitt waren es 2017 nach Marktforschungsdaten 44 Kilogramm pro Haushalt. Dabei ist die Vielfalt mit mehr als 3200 Sorten im Brotregister der Branche groß – von beliebten Mischbroten über Apfel-Kürbis-Brot bis hin zu Dinkeltoast. Insgesamt kommen Bäckereien auf rund 14 Milliarden Euro Umsatz. Davon entfallen zwei Drittel auf die kleine Gruppe großer Unternehmen mit mehr als fünf Millionen Euro Jahresumsatz.
Gerade traditionelle Bäcker hätten da mit klareren Kennzeichnungen die Chance, ihre Stärken auszuspielen, sagt Müller.