Filetstücke des Schwäbischen Waldes zu verkaufen – Bieter aus Deutschland, Österreich, Polen und Frankreich zeigen Interesse
Dieser Tage kamen die schönsten und wertvollsten Baumstämme aus dem Rems-Murr-Kreis unter den Hammer. Am Stichtag auf dem Wertholz-Lagerplatz „Eselshalden“ bei Urbach konnten Interessenten über 650 aufbereitete Stämme anschauen und noch verdeckte Gebote abgeben. Weit über 300000 Euro wurden umgesetzt. Dafür wechselten 833 Festmeter Holz den Besitzer.

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Die sauber abgesägte, mächtige Stirnseite der Baumstämme erzählt die Geschichte des Baumes.
Von Ute Gruber
URBACH/BACKNANG. Da liegen sie. Sauber nebeneinander aufgereiht, wie Perlen an einer Schnur: die schönsten Stämme der Forstsaison, die Filetstücke des Schwäbischen Waldes, die Crème de la Crème des Kreises. 659 an der Zahl, einzeln durchnummeriert. „Da liegen manchmal mehrere Hundert Euro zwischen den Geboten“, berichtet Uwe Exner vom Forstamt Backnang, der seit drei Jahren die Präsentation des Wertholzes organisiert und auch die Liste mit den einzelnen Stämmen, das sogenannte Losverzeichnis, erstellt. Zwei Tage später sind die Daten ausgewertet und über 50 Auktionsbeschicker sowie interessierte Förster und Holzliebhaber machen sich ein Bild von Ware und Nachfrage.
Ulrich Müller, Holzverkäufer für den Staatswald, erläutert die Ergebnisse. 37 Bieter seien da gewesen, aus Deutschland, Österreich, Polen und Frankreich. „Leider haben zwei französische Fassbauer gefehlt. Das hat sich gleich auf den Eichenpreis ausgewirkt.“ Französischer Wein reift nämlich oft im Barrique-Fass aus deutscher Eiche. 833 Festmeter wurden gehandelt, 30 Prozent mehr als im Vorjahr, über die Hälfte davon Eiche. 310700 Euro wurden umgesetzt.
Die sauber abgesägte, mächtige Stirnseite der Baumstämme erzählt die Geschichte des Baumes: An den Jahresringen lässt sich bekanntlich das Alter feststellen. Dicke Ringe bei guten Bedingungen, dünne Ringe in kalten oder trockenen Jahren. Auch 2018 wird man mit Sicherheit später gut erkennen können. Wenig Äste, wenn der Baum in dichtem Wald stand. Das Herz aus der Mitte: Der hatte Winddruck von dieser Seite. Mehrere schwarz verfärbte Stellen nahe der Mitte eines über 100 Jahre alten Eichenstammes aus Oppenweiler lassen einen vor Ehrfurcht innehalten: Hier stecken Granatensplitter aus dem Zweiten Weltkrieg. Dramatische deutsche Geschichte konserviert in einer deutschen Eiche. Moderne Sägewerke haben deshalb einen Metalldetektor an der Säge.
Angebot an teuren Eichenstämmen hat sich mehr als verdoppelt
Das Paradoxon, dass der Durchschnittspreis pro verkauftem Festmeter (Fm) im Vergleich zum letzten Jahr um fast 60 Euro auf 373 Euro gestiegen ist, obwohl die Preise fast aller Baumarten gefallen sind, erklärt sich aus der Tatsache, dass sich das Angebot an hochpreisigen Eichenstämmen mehr als verdoppelt hat. Der teuerste Stamm war seinem Käufer 1275 Euro je Fm wert; bei einem Volumen von 2,79 Fm kostete der edle Eichenstamm das bayerische Furnierwerk somit insgesamt 3557 Euro. Ähnlich teuer war nur ein furnierfähiger Bergahorn mit 1252 Euro je Fm.
Absolut makellos muss der Baum gewachsen sein, um die hauchdünnen Schichten herunterschälen zu können, die dann als Furnier Möbel oder Türen aus weniger wertvollem Holz verkleiden, um edler auszusehen. Was aber ist makellos? Ein Leitfaden gibt den Waldbesitzern Orientierung: Mindestdurchmesser, keine Äste, wenig Speck.
Allerdings bieten die Kunden nicht unbedingt nach den Kriterien des Leitfadens, bei manchen Geboten schüttelt der Forstmann nur den Kopf: Eiche Nummer 4149 etwa hat alle Fehler, die man sich denken kann: dicke Speckschicht, ringschälig, Herz aus der Mitte – der französische Käufer hat trotzdem fast 500 Euro geboten. Das „Sägewerk mit einer Spezialisierung auf nicht normgerechte Produkte“ wird wahrscheinlich Barrique-Fässer daraus herstellen. „Letztlich entscheidet der Kunde. Der sieht den Stamm mit anderen Augen.“ Ein solcher ist der pensionierte Holzeinkäufer, der die Beweggründe der Käufer gern erläutert. Die dicke Eiche etwa, die nur auf einer Seite weitgehend astfrei ist, eigentlich dritte Wahl – trotzdem gut bezahlt. Er zückt den Meterstab und misst ab: „Zwei Meter vierzig: Türstockhöhe. Diese Seite reicht für einige Zargen.“ 4307: ein total verasteter alter Nussbaum: „Für besonders knorrige Gewehrschäfte. Die kosten dann ein Vielfaches!“ 4110 und 4111 sind (kanadische) Roteichen: „Sargholz. Sieht aus wie Eiche, ist aber weniger hart.“ Und deutlich günstiger. Ein Birnbaum, der wie ein Korkenzieher gewunden ist, geht an einen Schnitzkünstler in Mainhardt.
Seit vielen Jahren findet die Wertholz-Submission auf dem ehemaligen Urbacher Bundeswehrdepot Eselshalden im Welzheimer Wald statt. Hier werden zu Ende des Winters die besten Stämme der Hiebsaison aus Staats-, Kommunal- und Privatwald zusammengetragen, insgesamt aus 70 Betrieben. Ob die Veranstaltung in dieser Form in Zukunft noch stattfinden kann, steht in den Sternen. Denn durch die Kartellklage der Sägewerke wird das staatliche Forstamt, unter dessen Regie die Versteigerung seither stattfand, in Zukunft für Privatleute kein Holz mehr vermarkten. Fatal, findet Chef-Organisator Ulrich Müller, denn „der Privatwald ist hier das Salz in der Suppe“. Anders als im Staatswald, wo seit Jahrzehnten systematisch nach Hiebplan und dem Prinzip des schnellen Durchsatzes durchforstet wird und kaum noch alte Bäume zu finden sind, steht in den Bauernwäldern so mancher Schatz. Schwer zugänglich, zu dick für die Säge, vergessen von den Besitzern. Dass die Forstreform ausgerechnet mit der diesjährigen Klimakatastrophe zusammenfällt, „das ist, als ob man der Feuerwehr alle Einsatzfahrzeuge wegnimmt und dann Feuer legt“, beschreibt der Forstmann die aktuell chaotische Situation in der Holzvermarktung mit Unmengen Schadholz durch Stürme und Dürre.

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Sauber aufgereihte Wertholzstämme, wie Perlen an einer Schnur: Die Crème de la Crème des Schwäbischen Waldes. Der teuerste Stamm wechselte für 3557 Euro den Besitzer. Foto: U. Gruber
Festmeterzahl und Durchschnittspreis nach Baumarten (höchster Fm-Preis in Klammer):
Eiche: 483 Fm zu 498 Euro (1275 Euro)
Esche: 79 Fm zu 187 Euro (339 Euro)
Lärche: 83 Fm zu 247 Euro (689 Euro)
Fichte: 66 Fm zu 165 Euro (264 Euro)
Douglasie: 30 Fm zu 160 Euro (275 Euro)
Bergahorn: 12 Fm zu 351 Euro (1252 Euro)