Weg von den Voreinstellungen

Serie: Unser ökologischer Rucksack (3) Energieberater Uwe Schelling sucht im Haus der Familie Sator nach Schwachstellen

Ein effizienter Einsatz von Energie – damit lässt sich einiges an CO2 einsparen. Über die Energieagentur Rems-Murr haben wir für unsere Beispielfamilie einen Termin zum Vor-Ort-Check vereinbart. Experte Uwe Schelling hat sich das Haus der Sators genauer angeschaut und ihnen Sparpotenziale aufgezeigt.

Energieberater Uwe Schelling (rechts) nimmt beim Rundgang durch das Haus auch die Lüftungsanlage unter die Lupe. Mit deren Einstellung ist die Familie Sator noch nicht ganz zufrieden, denn sie lässt sich nicht abstellen.  Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Energieberater Uwe Schelling (rechts) nimmt beim Rundgang durch das Haus auch die Lüftungsanlage unter die Lupe. Mit deren Einstellung ist die Familie Sator noch nicht ganz zufrieden, denn sie lässt sich nicht abstellen. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

BACKNANG. Eigentlich könnte sich Familie Sator zurücklehnen und sich auf die Schulter klopfen: Mit ihrem aktuellen CO2-Ausstoß von 0,35 Tonnen im Bereich Heizung und Strom liegen sie deutlich unter dem deutschen Durchschnitt von 2,4 Tonnen. Zum einen bezieht die Familie Ökostrom, zum anderen haben die Sators auch schon einige Maßnahmen ergriffen, um den Energieverbrauch im Haus zu senken – etwa bei der Beleuchtung. „Mittlerweile haben wir alles auf LED umgestellt“, erklärt Benedikt Sator. Auch hat der Familienvater die Räume mit Sensoren versehen, die sofort reagieren und die Heizung abstellen, wenn das Fenster im Raum geöffnet wird. Ist bei unserer Beispielfamilie denn überhaupt noch viel Sparpotenzial?

Energieberater Uwe Schelling lässt sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Der ehemalige Geschäftsführer der Energieagentur Rems-Murr kann auf langjährige Erfahrung zurückblicken und kennt die üblichen verdächtigen Anlagen und Geräte. „Bei der Einstellung der Heizung ist großes Potenzial da“, weiß er. Denn oftmals bleibe diese auf Werkseinstellung und werde nicht an die individuellen Bedürfnisse angepasst. Ertappt! Genau so ist es auch bei den Sators. Nur: So einfach lässt sich das im Falle unserer Klimafamilie auch nicht ändern. Denn die Einstellungen des kleinen Blockheizkraftwerks gelten für alle neun Haushalte, die daran angeschlossen sind. „Da die Einstellungen zu ändern, ist schwierig, wir haben ja ganz unterschiedliche Tagesabläufe“, erklärt Michaela Sator. Ein Nachbar arbeite im Schichtdienst, eine Veränderung der Nachtabsenkung der Heizung könnte für ihn eine nicht mehr ganz so warme Dusche bedeuten – da fängt das Energiesparen an, wehzutun. Hier rät Schelling, sich mit den Nachbarn zusammenzutun und einen speziellen Heizcheck machen zu lassen. Der liefere Vorschläge zur Optimierung. Denn: „Zwischen den Einstellungen des Heizungsbauers und solchen Einstellungen, bei denen es anfängt wehzutun, gibt es viel Spielraum.“ Und schließlich spart man so nicht nur Energie, sondern damit auch Geld – für viele ein zusätzlicher Anreiz.

Bis zu zehn Prozent der Heizkosten können durch eine Dämmung des Kellers eingespart werden

Für die Sators bedeutet das aber nicht, dass sie untätig bleiben müssen, mit Zeitschaltuhren an der eigenen Heizung könne man die persönlichen Einstellungen vornehmen, so Schelling. Beim Rundgang durch das Haus der Familie fällt ihm auch gleich noch eine relativ einfache Maßnahme auf, mit der die Sators ordentlich Energie einsparen können: das Dämmen des Kellers. Wenn Michaela Sator im Keller die Wäsche aufhängt, steigt die Luftfeuchtigkeit im Raum. Bisher haben sich die Sators mit einem Luftentfeuchter beholfen, inzwischen sind sie aber dazu übergegangen, das Fenster im Keller öfters aufzumachen und so die Feuchtigkeit aus dem Raum zu bekommen.

Das ist die bessere Alternative, findet auch Uwe Schelling. Nur: Bei geöffnetem Fenster kühlt der Raum zu dieser Jahreszeit schnell aus. Eine Folge dessen ist, dass der Fußboden im oberen Stockwerk ebenfalls kälter wird. „Eine gute Dämmung kann acht bis zehn Prozent der Heizkosten im Stockwerk darüber einsparen“, erklärt der Energieberater.

Diese Zahlen erstaunen dann auch die Sators und Papa Benedikt hat sich sogleich ein neues Projekt vermerkt: „Das machen wir auf jeden Fall!“ Auch der Tipp des Experten, die Heizung nicht erst beim Öffnen der Fenster, sondern schon 15 Minuten vor dem Lüften abzustellen, um so die verbleibende Wärme optimal zu nutzen, fällt bei den Sators auf fruchtbaren Boden.

Obwohl Familie Sator beim Strom aus erneuerbaren Quellen nur wenig CO2 verursacht, schaut Uwe Schelling auch hier nach Möglichkeiten, einzusparen. Mit einem Verbrauch von etwa 3600 Kilowattstunden im Jahr liegt der Haushalt in etwa im Durchschnitt. „Ich hatte ursprünglich gedacht, dass wir niedriger liegen“, räumt Benedikt Sator ein. Seine Frau Michaela hingegen war nicht ganz so überrascht: „Gerade im Winter nutzen wir schon relativ oft den Wäschetrockner. Und die Lüftung im Badezimmer haben wir auch auf die höchste Stufe gestellt.“ Immerhin: Stromfresser wie Wasserbetten oder eine Sauna haben die Sators nicht. Beim Trockner könne man durch eine Umstellung vom Kondens- auf einen Wärmepumpentrockner gut die Hälfte des Stroms einsparen, so der Tipp des Experten. Was die Lüftung angeht, so war es der Familie schon im Vorfeld ein Anliegen, deren Einstellung genauer unter die Lupe zu nehmen. Denn die Anlage lässt sich nicht ausschalten. Lediglich zwischen zwei Stufen kann man wählen.

Frischluft ist notwendig, das sieht auch der Experte so. Dass aber die Lüftung deshalb pausenlos läuft, hält Uwe Schelling für überflüssig. „In der Nacht ist die Lüftung viel wichtiger als am Tag“, führt er aus. Denn der Luftaustausch ist vor allem dann nötig, wenn die Familie sich im Haus befindet. Ist Tochter Jule im Kindergarten, Papa Benedikt auf der Arbeit und Mama Michaela für diverse Erledigungen unterwegs, müsse die Anlage nicht laufen. „Da könnte man sie abschalten.“ Das ließe sich über den Zählerkasten auch bewerkstelligen. Dass die Firma, die die Anlage eingebaut hat, davon nichts wissen will, hat laut Benedikt Sator einen einfachen Hintergrund: Die Lüftung verhindert eine Schimmelbildung. Damit hängt die Gewährleistung der Firma zusammen. Weil die Sators aber auch so regelmäßig die Fenster zum Lüften offen haben, sieht der Energieberater darin keine Gefahr. Im Sommer sei es sogar kontraproduktiv, die Anlage dauerhaft laufen zu lassen. „Sie zieht tagsüber die Wärme mit rein, das ist nicht hilfreich.“

Der Experte empfiehlt, mit einer Zeitschaltuhr zu arbeiten, sodass die Sators die Lüftung nicht jeden Tag auf Neue an- oder ausstellen müssen. Für die Wochenenden ließen sich dabei auch abweichende Zeiten für das Aktivieren der Lüftung einstellen. Und wenn die Familie einmal für mehrere Tage außer Haus ist, könnten sie die Lüftung auch guten Gewissens solange ausschalten. Die Rückendeckung durch die Einschätzung des Energieberaters nimmt Benedikt Sator die Hemmungen, die Einstellungen zu verändern. „Bisher habe ich mich da nicht ran getraut, weil eben die Baufirma stark davon abgeraten hatte“, sagt er.

Mit den Tipps des Experten und Umbauarbeiten wie der Dämmung und gegebenenfalls Zeitschaltuhren für die Lüftung können die Sators sowohl beim Heizen als auch Strom noch einsparen. Im Nachgang zum Vor-Ort-Check bekommen sie auch noch einen Kurzbericht zum Istzustand in ihrem Haus zugeschickt. Und wenn der Energieberater schon im Haus ist, holen sich die Sators auch gleich noch Feedback ein zu ihren Plänen, auf dem Dach des Hauses eine Solaranlage installieren zu lassen. Diese als Aktivposten würde die Klimabilanz der Familie zusätzlich aufwerten.

In der Serie „Unser ökologischer Rucksack“ beleuchten wir die einzelnen Komponenten der CO2-Bilanz genauer und suchen nach alltagstauglichen Möglichkeiten, die per- sönliche Klimabilanz zu verbessern.

Info
Tipps zur effizienten Verwendung von Energie

Die Energieagentur Rems-Murr gGmbH wurde vor über zehn Jahren auf Initiative des Landkreises Rems-Murr und der Stadt Waiblingen gegründet. Die Stadt und der Landkreis sind zu gleichen Teilen Gesellschafter. Die Energieagentur berät und motiviert als unabhängige und neutrale Anlaufstelle alle Akteure zum Energiesparen, zur effizienten Verwendung von Energie und zum Einsatz erneuerbarer Energien. Projekte zum Klimaschutz und zur Energieeffizienz runden das Beratungsangebot ab.

Die Vor-Ort-Beratungen: Das Angebot richtet sich an Mieter ebenso wie an Hausbesitzer, an Unternehmen, Kommunen, Vereine und soziale Einrichtungen – kurz an jeden, den ein sinnvoller und kostengünstiger Umgang mit Energie betrifft. Wenn ohnehin eine Sanierung ansteht – neue Fenster zum Beispiel oder ein neuer Fassadenanstrich –, lohnt es sich, über eine umfassende energetische Sanierung nachzudenken. Hierfür gibt es eine ganzheitliche Energieberatung vor Ort. Im persönlichen Gespräch mit dem Experten und beim gemeinsamen Rundgang durchs Haus werden energetische Schwachstellen besprochen – und Maßnahmen, um sie zu beheben. Die Vor-Ort-Energiechecks werden in Kooperation mit der Energieberatung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg angeboten.

Termine vergibt die Energieagentur Rems-Murr, Gewerbestraße 11 in Waiblingen. Telefonnummer: 07151/975173-0, E-Mail: info@ea-rm.de www.energieagentur-remsmurr.de

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Erstellt:
21. Dezember 2019, 11:30 Uhr

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