Weissacher Tal: Feuerwehren trainieren für den Ernstfall

Die E-Mobilität stellt auch die Feuerwehr vor neue Herausforderungen. Am Wochenende haben die Feuerwehren des Weissacher Tals den Löscheinsatz bei brennenden E-Autos geübt.

In der Simulation brennt ein E-Auto an einer Ladesäule. Fotos: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

In der Simulation brennt ein E-Auto an einer Ladesäule. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Andreas Ziegele

AUENWALD. Zischende Geräusche und dichter Rauch schlagen aus dem Fahrzeug, das gerade an einer Ladesäule aufgeladen wird. Dann hört man Sirenengeräusche. Die Feuerwehr Auenwald rückt vor der eigenen Feuerwache an. Ein brennendes E-Auto, in dem sich noch ein Hund befindet, muss gelöscht werden.

Zum Glück ist es nur eine Übung, aber die E-Mobilität stellt auch die Feuerwehren vor neue Herausforderungen. Der elektrische Antriebsstrang der Fahrzeuge verändert das gewohnte Einsatzgeschehen teilweise drastisch. Insbesondere die verbauten Lithium-Ionen-Batterien führen immer wieder zu Problemen und zu enormen Kraftaufwänden an der Einsatzstelle.

Aus diesen Gründen haben sich die Feuerwehren aus Auenwald und Weissach im Tal zusammengetan. Bei einer Fortbildung am vergangenen Samstag haben sie gelernt und geübt, was es bei solchen Einsätzen zu beachten gilt. „Diese interkommunale Zusammenarbeit zwischen unseren Feuerwehren im Weissacher Tal hat sich schon in der Vergangenheit und nicht nur bei Fortbildungen bewährt“, sagt der Kommandant der Feuerwehr Auenwald, Bernd Fetzer.

Durchgeführt wird die Schulung von der Firma Q4Flo (kurz für „Qualifizierung für den Florian“) aus Maulbronn; ein Start-up, das sich auf diese Trainings spezialisiert hat. „Die Nachfrage nach unseren Schulungen ist sehr hoch und wir bieten diese mit drei speziell präparierten Fahrzeugen auch bundesweit an“, sagt der Trainer Daniel Kuhnle. Für ihn ist es im Rems-Murr-Kreis die Premiere. „Der Geschäftsführer von Q4Flo, Daniel Rothmaier, hat uns bestätigt, dass wir die ersten Feuerwehren im Kreis sind, die diese Weiterbildung in Anspruch genommen haben“, sagt Bernd Fetzer. „Wir haben im vergangenen Jahr mit drei jeweils zweistündigen abendlichen Onlineseminaren begonnen“, berichtet er. „Am heutigen Praxistag geht es darum, verschiedene Szenarien im Zusammenhang mit Einsätzen bei verunfallten Elektrofahrzeugen zu üben.“

Weißer Rauch ist ein Zeichen für hochgiftige Stoffe

Um das auch realistisch darzustellen, hat die Firma Q4Flo ein Schulungsauto auf den Vorhof der Feuerwache in Unterbrüden gestellt, das einige Tricks auf Lager hat. Die unter der Motorhaube installierten Elektrobauteile können je nach Unfallszenario verändert werden. Das Auto kann beispielsweise Rauch in unterschiedlichen Farben ausstoßen. Und diese Farben geben Aufschluss über die Gefahren bei einem brennenden Elektroauto. Weißer Rauch zum Beispiel ist ein Zeichen dafür, dass hochgiftige Stoffe wie Flusssäure aus der Batterie austreten. Deshalb nähern sich die Auenwalder Feuerwehrleute dem brennenden E-Auto nur mit voller Atemschutzmontur.

Bei der Übung ist mächtig viel Rauch entstanden.

© Tobias Sellmaier

Bei der Übung ist mächtig viel Rauch entstanden.

Bei dem Übungsszenario wird darüber hinaus davon ausgegangen, dass sich im Fahrzeug ein Hund befindet, der gerettet werden soll. Mit den Masken nähern sich die Feuerwehrmänner und die Feuerwehrfrau dem Fahrzeug. Der Schlauch wird ausgerollt, der Wasserstrahl auf das Heck gerichtet. „Das Wasser hat eine kühlende Funktion, denn bei einem Batteriebrand entstehen oft sehr hohe Temperaturen“, erläutert Trainer Daniel Kuhnle. Ohne den Einsatz von Wasser könne sich die Batterie immer wieder entzünden.

Einer der Feuerwehrleute beobachtet parallel mit einer Wärmebildkamera die Batterie im Fahrzeug. Damit kann festgestellt werden, ob sich dort ein möglicher Brand entwickelt. „Spezielle Einsatzmittel sind aber nicht notwendig“, sagt Kommandant Fetzer. „Allerdings sichern wir solche Einsatzstellen schon mit entsprechenden Maßnahmen ab.“ Unter anderem mit schwarz-gelben Pylonen, die deutlich mit einem Hochspannungssymbol gekennzeichnet sind. Auch eine spezielle Löschdecke gehört zur Ausrüstung. Dabei zeigt er auch eine sogenannte Rettungskarte. „Die gibt es für alle gängigen E-Autos“, sagt er. „Hier können wir sehen, welche Leitungen und elektrischen Bauteile im Fahrzeug sind und wie wir diese außer Betrieb nehmen können.“

Der Fachmann von Q4Flo (links) bereitet die Kursteilnehmer auf den Einsatz vor.

© Tobias Sellmaier

Der Fachmann von Q4Flo (links) bereitet die Kursteilnehmer auf den Einsatz vor.

Fetzer merkt an, dass Einsätze dieser Art in Zukunft zunehmen werden. „Nicht deshalb, weil E-Autos öfter brennen als Verbrenner, sondern, weil einfach immer mehr dieser Fahrzeuge auf die Straßen kommen“, stellt er klar und widerspricht damit den noch immer vorherrschenden Gerüchten, dass E-Autos häufiger in Brände verwickelt seien als herkömmliche Fahrzeuge. Aus demselben Grund würden Elektrofahrzeuge – und zwar nicht nur Autos – künftig wohl öfter in Unfälle verwickelt sein.

Generell ist der Einsatz an brennenden Elektrofahrzeugen auch für die Rettungskräfte nicht ohne Risiken. „Eine brennende Batterie entwickelt giftige Dämpfe“, erklärt der Kommandant. „Deshalb gehen wir immer nur in voller persönlicher Schutzausrüstung in solche Einsätze.“

Zum Abschluss sind sich alle einig, dass diese Fortbildung notwendig und sehr gut war. „Es hat richtig Spaß gemacht, besonders die praktischen Übungen heute, selbst die Seminare im Vorfeld“, sagt einer der Feuerwehrmänner. Auch wenn der Einsatz nicht für alle gut ausgegangen ist: „Das Feuer ist gelöscht, das Haustier hat leider nicht überlebt“, meldet einer der Feuerwehrmänner seinem Kommandanten. Zum Glück war es ja nur eine Übung.

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Erstellt:
27. März 2023, 06:00 Uhr

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