Deutsche Bahn
Weitere 283 Millionen Euro Verlust
Die Deutsche Bahn hat wichtige Ziele erneut verfehlt. Das geht aus vertraulichen Unterlagen hervor, die unserer Redaktion vorliegen.

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Ein Staatskonzern sieht rot: Die Negativmeldungen zur Deutschen Bahn reißen nicht ab.
Von Thomas Wüpper
DB-Chef Richard Lutz hatte dem Aufsichtsrat unter Leitung von Werner Gatzer vorige Woche nur wenig Erfreuliches zu berichten. Der Umsatz des Systemverbunds lag demnach per Mai zwar mit 11,1 Milliarden Euro um 3,7 Prozent über dem Vorjahr. Da im vergangenen Jahr aber unter anderem GDL-Streiks zu Zugausfällen führten, waren um 218 Millionen Euro höhere Einnahmen erwartet worden.
Vor allem im Fern- und Güterverkehr liegen die Erlöse und Verkehrsleistungen bisher teils deutlich unter Plan. Die ICE-Flotte verzeichnet bisher 107 Millionen Euro weniger Umsatz als erwartet, was mit „anhaltender Kaufzurückhaltung“ begründet wird. DB Cargo liegt bisher sogar 192 Millionen Euro unter dem Vorjahresstand und 64 Millionen unter den Erwartungen. Die Transportmengen der verlustreichen Güterbahnen sanken um weitere 15 Prozent auf 25,3 Milliarden Tonnenkilometer, bei der DB Cargo AG allein sogar um 25 Prozent auf noch 15,1 Milliarden. DB Infra-Go erwirtschaftete 53 Millionen Euro weniger als kalkuliert, DB Energie 62 Millionen weniger.
Erneuter Milliardenverlust droht
Die Planungen der DB-Spitze haben ein „saisonal geprägt schwaches Halbjahr“ erwartet und rechnen mit deutlichen Verbesserung im den zweiten sechs Monaten. Lutz hat für dieses Jahr die Trendwende beim Staatskonzern versprochen, der seit Corona tiefrote Zahlen schreibt und insgesamt rund 10 Milliarden Euro Verluste eingefahren hat. Doch schon vertrauliche Unterlagen zur Aufsichtsratssitzung im März offenbarten, wie die trübe Lage schöngerechnet wird.
Demnach werden intern die Risiken im operativen Geschäft auf mehr als 1,1 Milliarden Euro allein für 2025 veranschlagt. Aus dem erhofften Ebit (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) von 170 Millionen Euro könnte so erneut ein Milliardenverlust werden. Bis Ende Mai wurde das Minus mit 283 Millionen Euro immerhin gesenkt: um 892 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr, nicht zuletzt dank hoher Zuschüsse des Bundes von 489 Millionen Euro für die Instandhaltung des Schienennetzes.
Gegenüber Plan liege das Ebit bisher um 247 Millionen Euro höher, heißt es optimistisch mit Blick auf das laufende Sanierungsprogramm S3. Der zuletzt verlustreiche Fernverkehr liege beim operativen Gewinn vor Steuern bisher 92 Millionen Euro über Plan, was mit Einsparungen, Rückvergütungen Energie und Schadenersatz von der DB Infra-Go begründet wird. Die tiefroten Verlustzahlen der DB Cargo seien bis dato 68 Millionen besser als erwartet.
Bei DB Infra-Go dagegen stehen bis Mai 155 Millionen Euro weniger Ebit als kalkuliert zu Buche, weil 244 Millionen Euro erwartete Bundesförderung für die Netzinstandhaltung noch nicht auf dem Konto sind. Zudem kostet die Instandhaltung wegen gestiegener Preise mehr, und es gibt den Papieren zufolge „Zusatzaufwendungen“, um noch größere Zugverspätungen wegen Defiziten und Baustellen im Netz zu vermeiden.
Die wirtschaftliche Lage des größten Staatskonzerns sei „ausgesprochen ernst“, hatte bei der Bilanzvorlage Ende März der vormalige Finanzchef Levin Holle eingeräumt, der inzwischen Wirtschaftsberater von Regierungschef Friedrich Merz (CDU) im Kanzleramt ist. DB-Chef Lutz gab zu, man sei von früheren Qualitäts- und Wachstumszielen „weit, weit weg“ und stecke in der größten Krise seit der Bahnreform 1994. Es gebe aber erste Fortschritte beim Sanierungsprogramm S3, das bis Ende 2027 schwarze Zahlen bringen soll, unter anderem durch den Abbau von noch 10 000 Stellen vor allem in der Verwaltung.