Neues Start-up
Wenn die KI den Wein empfiehlt
Das Start-up Vinolin hat eine Software für Weinfreunde und Genossenschaften entwickelt – und will expandieren.

© Vinolin/Pierre Kneifl
Die Brüder David (links) und Simon Blank wissen viel über Wein und Informatik.
Von Ulrich Schreyer
„Welcher Wein passt zu Rostbraten?“ Tippt man die Frage in den Laptop, hat das Start-up Vinolin auch schon die Antwort parat und schlägt einen Wein für 28 Euro in der 0,75 Literflasche vor. Fragt man, ob es auch einen preiswerteren gibt, meldet Vinolin „denke nach“. Schnell erscheint dann auf dem Bildschirm die Antwort. Die Künstliche Intelligenz schlägt einen Wein für 9,90 Euro die 0,75-Literflasche vor. Auch wer sich eine Gaumenfreude für Weihnachten empfehlen lassen will, muss nicht lange warten. Die KI hat für jeden Anlass etwas parat.
Zunächst war die Beschäftigung mit einer KI für den Wein ein Hobby der Brüder David und Simon Blank aus Bad Mergentheim. „Wir trinken beide gerne Wein und sind außerdem Wirtschaftsinformatiker. Die Idee für Vinolin lag also auf der Hand“, lacht David Blank. An dieser wurde seit März 2024 getüftelt, Anfang 2025 dann das Start-up gegründet. David ist für die technische Leitung zuständig, sein Bruder Simon als CEO für die Repräsentation nach Außen, Vertrieb und Marketing.
Wirtschaftsministerium schießt Kapital zu
„Wir arbeiten derzeit mit 15 Weingütern und Winzergenossenschaften zusammen und erzielen auch erste Umsätze“, sagt Simon Blank. Mit dabei sind die Genossenschaftskellerei Heilbronn, die Becksteiner Winzer und Alde Gott aus dem badischen Sasbachwalden. Noch aber lebt das Start-up von Fördergeldern. Aus dem Pre-Seed-Programm des Stuttgarter Wirtschaftsministeriums gibt es in zwei Tranchen zusammen 160 000 Euro, die Heilbronner Campus-Founders steuerten 40 000 Euro bei. Das Start-up war die erste berufliche Station der Brüder gleich nach dem Studium, inzwischen haben sie auch noch zwei Mitarbeiter. „Wir haben genügend Geld zusammengebracht, um auf jeden Fall zwei Jahre arbeiten zu können“, meint Simon Blank.
„Unsere KI stößt in der Weinbranche auf große Zustimmung“, so die Erfahrung von Simon Blank. „Kunden melden uns zurück, dass es durch Vinolin weniger Anrufe gibt und weniger Mails beantwortet werden müssen“, sagt Simon – eine Hilfe in Zeiten des Fachkräftemangels. Zudem ist die KI mit dem Onlineshop der Genossenschaften verbunden – was empfohlen wird, kann also gleich bestellt werden. Der Weinliebhaber kann nicht nur angeben, zu welchem Anlass er den Wein möchte, sondern auch seine persönliche Vorliebe nennen. Etwa, dass er Grauburgunder mag und nun noch etwas Ähnliches probieren will. Beratung gibt es zu jeder Tages- und Nachtzeit. „Der Mensch kennt sich nur bei einer begrenzten Zahl von Weinen aus, der KI ist es egal, ob sie unter tausend Weinen einen aussucht oder unter hundert“, meint David.
Weinbauverband findet lobende Worte
„Wichtig ist, dass Vinolin nur die Weine des jeweiligen Kunden empfiehlt. Für jeden Kunden gibt es sozusagen einen eigenen Topf, aus dem die vorgeschlagenen Weine stammen“, erklärt David. Ist der Kunde die Genossenschaftskellerei in Heilbronn, werden Weinliebhabern nur deren Weine vorgeschlagen, keine aus Beckstein oder Baden.
„Dass KI auch in unserer Branche Fuß fasst, ist unbestritten“, erklärt Dietrich Rembold, der Präsident des Weinbauverbands Württemberg. Die Brüder Blank seien „ganz vorne mit dabei“. Auch der Verband selbst befasse sich aktuell mit einem Projekt für den Einsatz von KI. Dabei gehe es darum, das Profil des Württemberger Weines gegenüber den Kunden zu schärfen und den Erzeugern eine Orientierung zu geben. Für den Einsatz der KI arbeite der Verband mit dem Fraunhofer Institut zusammen.
Vinolin will wachsen
Ihre Firma wollen die Brüder Blank bald verlagern. „Ende des Jahres verlegen wir den Firmensitz von Bad Mergentheim nach Heilbronn“, sagt Simon zu den weiteren Plänen. Dies auch deshalb, weil man hier auf ein gutes Umfeld stößt: „Ohne die Campus Founders wären wir nie so weit gekommen“, meint Simon. Nicht nur wegen des Geldes. Auf dem Bildungscampus in Heilbronn, wo die Campus Founders angesiedelt sind, gibt es Büros. Vor allem aber sind die Campus Founders offenbar gut vernetzt, haben zahlreiche Kontakte, die weiterhelfen können. Die Brüder Blank sehen Heilbronn zudem als eine Art KI-Hochburg an, in der viele Gespräche mit Experten möglich sind. Auch auf dem KI-Festival des Ipai (Innovation Park Artificial Intelligenz) waren sie in diesem Sommer vertreten.
„Vinolin soll natürlich weiter wachsen“, meint Simon Blank zur Zukunft des Start-ups, „wir haben dabei auch Frankreich und andere europäische Länder im Blick, könnten uns aber auch vorstellen irgendwann mal in den USA aktiv zu werden“. Die Vereinigten Staaten seien ein riesiger Weinmarkt. Zunächst aber will sich Vinolin auf dem Heilbronner Weindorf präsentieren. Vom elften September an können sich die Besucher zwischen den Lauben von der KI beraten lassen. Doch auch wenn der Firmensitz nach Heilbronn verlegt wird, eines ist für die Brüder Blank auch klar: „In Bad Mergentheim bleibt ein Büro bestehen. Hier sind wir geboren und die Stadt wird immer einen Platz in unserem Herzen haben“, sagt Simon.
Mehr Start-ups gegründet
Start-upsNach den Angaben des Start-up-Verbandes wurden im ersten Halbjahr 2025 rund 1500 Start-ups gegründet. Dies sei eine Steigerung um neun Prozent gegenüber den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres. Besonders Gründungen, die sich mit Software und Lösungen für die Industrie beschäftigen, hätten zugelegt.
KIDabei sei die KI ein wichtiger Treiber gewesen. Der Verband kritisiert, dass es in der Start-up-Politik keine klaren Zuständigkeiten, sondern ein Kompetenzgerangel zwischen verschiedenen Ministerien gebe. ey