Studie der Uni Konstanz

Wer es noch schwerer als der Chef hat

Wer führen will, gerät unter Stress. Das hat eine wissenschaftliche Studie jetzt für afrikanische Perlhühner herausgefunden. Bei Menschen ist es nicht anders.

Geierperlhühner sind Demokraten. Wer die meisten Follower hat, ist der Chef.

© Uni Konstanz/Damien Farine

Geierperlhühner sind Demokraten. Wer die meisten Follower hat, ist der Chef.

Von Eberhard Wein

Das Lästern der Belegschaft über inkompetente Führungskräfte gehört zur Folklore einer jeden guten Firma. Dabei vergessen viele, dass der Chef für Macht, Einfluss und Statussymbole – „mein Haus, mein Auto, meine Jacht“ – mitunter einen hohen gesundheitlichen Preis zahlen muss. Das gilt nicht nur für Zweibeiner mit Aktentasche, sondern auch für diejenigen mit Federkleid. Wissenschaftler des Exzellenz-Clusters „Kollektives Verhalten“ der Universität Konstanz haben dies jetzt bei kenianischen Geierperlhühnern nachweisen können. Sobald eines der Tiere versucht habe, die Führungsrolle zu übernehmen, hätten sich bei ihm unzweideutige Stresssymptome feststellen lassen.

Dazu beobachteten sie die frei lebenden Vögel bei der Futtersuche. Immer wieder preschten einzelne Tiere nach vorne und begannen, eigenmächtig in einer bestimmten Richtung nach Nahrung zu suchen. „Findet ihr Richtungsvorschlag genügend Unterstützer, folgt ihnen schließlich die gesamte Gruppe“, so beschreibt es der Studienleiter Damien Farine.

Der Chef ist kein einsamer Wolf

Bei den Perlhühnern ist die Führungskräfteauswahl also ein demokratischer Prozess. Der Chef ist kein einsamer Wolf, sondern der mit den meisten Followern. Interessant sei allerdings, wie sich die Herzfrequenz der Tiere in dieser Situation verändert habe. „Sie war am höchsten, wenn ein Perlhuhn versucht habe zu führen – aber noch höher, wenn es dabei scheiterte.“ Wer hingegen hinterhertrottete, blieb cool. Die meisten könnten das wohl nachempfinden, meint Farine: „Es ist ein wenig, als ob man seine Freunde in seine Lieblingskneipe lotsen möchte, doch dann geht die Gruppe woanders hin.“ Das bedeutet aber auch: Den größten Stress haben gar nicht die Chefs, sondern die verhinderten Führungskräfte.

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Erstellt:
29. Juli 2025, 07:34 Uhr

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