Klimakonferenz in Brasilien

Wer füllt das Trumpsche Vakuum?

Bei der UN-Klimakonferenz in Brasilien geht es auch um die Zukunft des Multilateralismus, kommentiert Rainer Pörtner.

US-Präsident Donald Trump mag weder Umweltschutz noch internationale Organisationen.

© AFP/ANDREW CABALLERO-REYNOLDS

US-Präsident Donald Trump mag weder Umweltschutz noch internationale Organisationen.

Von Rainer Pörtner

Als im Jahr 2015 das Pariser Klimaschutzabkommen vereinbart wurde, durfte das auch als Triumph des Multilateralismus gefeiert werden. 195 Staaten taten sich freiwillig zusammen, um den Klimawandel einzudämmen. Es zeugte von einem starken Willen, ein globales Problem solidarisch zu lösen.

Ab diesem Montag werden im brasilianischen Belem rund fünfzigtausend Menschen weiter darüber verhandeln, wie die Welt eine Klimakatastrophe abwenden kann. Doch die Stimmung ist mau, die internationale Klimadiplomatie hat den Schwung von Paris verloren – aus gleich zwei gewichtigen Gründen.

Zum einen hat sich die Wertigkeit des Themas geändert. Klimaschutz wird in vielen Gesellschaften nicht mehr als vordringlich wahrgenommen. Andere Gefahren gelten als bedrohlicher: wirtschaftliche Krisen, Fluchtbewegungen, kriegerische Konflikte.

Re-Nationalisierung der Weltordnung

Jene Stimmen, die das Problem überhaupt negieren, sind lauter geworden. Die These vom menschengemachten Klimawandel sei „der größte Betrug, der jemals an der Welt begangen wurde“, erklärt der mächtigste Mann dieser Welt. Und viele nicken zustimmend, wenn US-Präsident Donald Trump solchen Unsinn verbreitet.

Zum anderen ist der allgemeine Wille zu multinationaler Verständigung schwächer geworden. Nach dem Ende der großen Blockkonfrontation von Ost und West in den 1990er Jahren keimte für einige Jahre die Hoffnung auf immer mehr Multilateralismus. Inzwischen schwingt das Pendel zurück.

Wir beobachten eine Re-Nationalisierung der Weltordnung. Und wieder sind die USA die Taktgeber. Trump verspottet und bekämpft alle multilateralen Abkommen und Institutionen. Er will kein regelbasiertes internationales System, sondern eine Welt, in der das Recht der Stärksten gilt.

„Problems without Passports“

Das Dilemma der Klimapolitik ist, dass sich zwar die Stimmung und die Machtverhältnisse auf dem Globus geändert haben, aber nicht die Dringlichkeit der Problemlösung. Die seriöse Wissenschaft ist sich einig, dass jetzt nur noch entschlossene Gegenmaßnahmen helfen können, um schlimme und unwiderrufliche Schäden durch die Erderwärmung abzuwenden.

Der Klimawandel gehört zu den „Problems without Passports“, wie sie der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan einst genannt hat. Wie Kriege und Pandemien ist auch die Klimakrise kein Problem, das Staaten im Alleingang lösen können. Die Welt kann nur gerettet werden, wenn viele beim Retten mitmachen.

Der bisher gelebte Multilateralismus war ein stark westlich, vor allem von den USA geprägtes Konzept. Seine Attraktivität hatte schon vor Trump in weiten Teilen der Welt nachgelassen. Mit dem Republikaner im Weißen Haus hat er einen weiteren schweren Schlag abbekommen. Aber tot ist er nicht.

Multilateralismus chinesischer Prägung

China strengt sich erkennbar an, das Vakuum zu füllen, das die USA hinterlassen. Ihr Präsident Xi Jinping arbeitet an einem Multilateralismus eigener Prägung – und erzielt dabei staunenswerte Erfolge.

Wenn Deutschland und die anderen Europäer sich nicht wie die Amerikaner auf sich selbst zurückziehen wollen, dann müssen sie den Chinesen jetzt etwas entgegenhalten. Sie müssen sich noch stärker um Bündnispartner bemühen. Dabei geht es nicht nur ums Klima, sondern auch um Rohstoffe, Absatzmärkte und Sicherheit.

Viele der möglichen Partner-Staaten – gerade im globalen Süden – sind heute wirtschaftlich stärker und selbstbewusster als früher. Sie zu gewinnen, gerade in Konkurrenz zu den Chinesen, erfordert Verständnis, Verlässlichkeit und einen fairen Interessenausgleich. Die Klimakonferenz in Belem ist auch ein Lackmustest, wie weit die Europäer dazu bereit sind.

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Erstellt:
10. November 2025, 11:16 Uhr

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