Nach der gescheiterten Kanzlerwahl
Wer hat gegen Merz gestimmt?
Friedrich Merz scheitert im ersten Wahlgang zur Kanzlerwahl – trotz Koalitionsmehrheit. Die SPD beteuert geschlossene Zustimmung. Doch fest steht: Mindestens sechs Stimmen fehlten.

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Friedrich Merz verpasste die Kanzlermehrheit von 316 Stimmen um sechs Stimmen.
Von Katrin Jokic
Friedrich Merz ist im Bundestag bei der Kanzlerwahl im ersten Anlauf gescheitert. 310 Stimmen erhielt der CDU-Chef in geheimer Abstimmung – sechs zu wenig, um die erforderliche Kanzlermehrheit von 316 Stimmen zu erreichen. Dabei verfügt die Koalition aus CDU/CSU und SPD gemeinsam über 328 Sitze im Parlament.
Dass Merz durchfiel, gilt als politischer Paukenschlag – umso mehr, als mittlerweile klar ist: Alle Abgeordneten der Koalition waren anwesend. Es lag also nicht an fehlender Beteiligung. Vielmehr haben einzelne Parlamentarier offenbar gegen die eigene Fraktion gestimmt.
SPD beteuert Geschlossenheit
Insbesondere die SPD steht im Fokus der Spekulationen. Aus Fraktionskreisen heißt es jedoch deutlich, man sei geschlossen für Merz gewesen. Nach dem Wahlgang habe es einen internen Zählappell gegeben, bei dem die Fraktion ihr Meinungsbild zum CDU-Kanzlerkandidaten nochmals abgefragt habe.
Stimmen aus der Union? Oder doch Einzelstimmen?
Die Verantwortung für das Scheitern im ersten Wahlgang wird somit implizit an die CDU/CSU-Fraktion zurückgespielt. Doch auch dort ist bislang nichts über Abweichler bekannt geworden. Die geheime Wahl macht eine eindeutige Klärung praktisch unmöglich. Ob es sich um ein bewussten Protest einzelner Abgeordneter handelte, um Stimmzettel, die ungültig gemacht wurden, oder um spontane Enthaltungen – all das bleibt Spekulation.
Fest steht nur: Mindestens sechs Abgeordnete haben Friedrich Merz nicht gewählt – obwohl sie es laut Koalitionsdisziplin hätten tun sollen. Das beschädigt die Autorität des Kandidaten und sorgt für politische Unruhe noch vor dem eigentlichen Start der neuen Regierung.
Ein weiterer Wahlgang wird heute nicht mehr stattfinden. Laut Grundgesetz hat der Bundestag nun 14 Tage Zeit, einen Kanzler oder eine Kanzlerin mit absoluter Mehrheit zu wählen. Wann genau ein neuer Anlauf erfolgt – und ob Friedrich Merz erneut kandidiert – ist bislang offen. Klar ist nur: Die politische Unsicherheit hält an.