Werbung für ein Feiern ohne Reue

Landratsamt und Polizei appellieren an Kommunen und Festveranstalter: Den Jugendschutz bei Festen einhalten

Bei Festveranstaltern werden Informationen zur Unterstützung bei der konsequenten Einhaltung des Jugendschutzes bereitgestellt. Foto: Imago

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Bei Festveranstaltern werden Informationen zur Unterstützung bei der konsequenten Einhaltung des Jugendschutzes bereitgestellt. Foto: Imago

BACKNANG/AALEN (pm). Alkohol gehört bei zahlreichen Festlichkeiten, ob im Bierzelt oder beim Straßen- oder Vereinsfest, mit dazu. Gleichzeitig gilt es, gerade Jugendliche frühzeitig gegen Suchterkrankungen zu wappnen. Das Rems-Murr-Landratsamt und das Polizeipräsidium Aalen appellieren deshalb in einem gemeinsamen Schreiben an die Städte und Gemeinden, auf die Einhaltung des Jugendschutzes bei Festen hinzuwirken. Entsprechendes Material gibt es bei der kommunalen Suchtbeauftragten im Kreisjugendamt. Neben den erheblichen gesundheitlichen Risiken besonders für Kinder und Jugendliche wirkt Alkohol enthemmend, wie die Anzahl der Straftaten unter Alkoholeinfluss bestätigt.

Bei steigenden Übergriffen gegen die Polizei sind die Täter meistens alkoholisiert

Auch bei den steigenden Übergriffen gegen Polizeibeamte sind die Täter meistens alkoholisiert. Für ein Mehr an Sicherheit nicht nur für die Polizisten, sondern auch für alle Festbesucher, kommt es aus Sicht von Polizeipräsidenten Roland Eisele auf eine gute und umsichtige Organisation von Großveranstaltungen und Festen an. „Dazu gehören ein verantwortungsbewusster Umgang mit Schlusszeiten und eine deutliche Reduzierung des Branntweinausschanks“, so Eisele.

„Auf dem Höhepunkt der Sommerfestsaison war es uns ein Anliegen, für ein Feiern in Verantwortung zu werben. Schließlich sollten gerade unsere jugendlichen Kreisbürger frühzeitig lernen, Spaß zu haben, ohne über die Stränge zu schlagen“, sagt Landrat Richard Sigel.

Das Landratsamt, die Kommunen im Kreis und die Polizei an Rems und Murr gehen bereits seit 2003, damals unter dem Motto „taff enough – Jugendschutz geht uns alle an“, vereint gegen Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen vor. Damals wurde ein einheitlicher Maßnahmenkatalog für Städte und Gemeinden vereinbart. Seit Oktober 2010 wird das bundesweite Modell zur Alkoholprävention für Jugendliche „HaLT – Hart am LimiT“ bei alkoholbedingten Krankenhauseinweisungen von Jugendlichen an allen Krankenhäusern im Rems-Murr-Kreis erfolgreich angeboten.

In einem weiteren Schritt werden nun den Festveranstaltern aktuelle Informationen zur Unterstützung bei der konsequenten Einhaltung des Jugendschutzes bereitgestellt. Praktische, kostenlos zu beziehende Materialien können gut sichtbar auf dem Festgelände und an den Verkaufsständen angebracht werden. Sie machen den Besuchern deutlich, dass die Veranstalter dem Jugendschutz großes Augenmerk schenken. Außerdem geben sie dem Verkaufs- und Ausschankpersonal einen Überblick über die gesetzlichen Bestimmungen und unterstützen bei der Alterskontrolle. Ein praktischer Handlungsleitfaden liefert Informationen zu den Themen Mitarbeiter informieren und anleiten, Sicherheit, Organisation und Einlasskontrolle sowie Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol, Tabak- und E-Inhalationsprodukten.

Auch klar definierte und eingehaltene Zeitgrenzen spielen bei der Verhinderung von Alkoholexzessen unter Jugendlichen und Erwachsenen und alkoholbedingten Straftaten eine Rolle. Deshalb wurde in Absprache mit dem Polizeipräsidium Aalen eine aktualisierte Selbstverpflichtung an die Veranstalter erstellt, die bereits in ähnlicher Form im Ostalbkreis angewandt wird. Das Polizeipräsidium Aalen beabsichtigt, für seinen gesamten Zuständigkeitsbereich einheitliche Vorgaben zu erreichen anstelle, wie bislang, abweichender Öffnungszeiten abhängig von dem Landkreis, in dem das Fest stattfindet. Erklärtes Ziel ist es, dass der Jugendschutz stringenter eingehalten wird und Exzesse und damit einhergehenden Straftaten verhindert werden.

Informationsmaterial im Rahmen des Projekts „HaLT“ erhalten Interessierte bei der kommunalen Suchtbeauftragten Sonja Hildenbrand (07151/501-1577, E-Mail s.hildenbrand@rems-murr-kreis.de).

Statistiken zum Problem Alkohol Info Die Zahl der alkoholisierten jugendlichen Tatverdächtigen bei der Gewaltkriminalität ist 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 57,9 Prozent von 19 auf 30 deutlich angestiegen. Der Anteil alkoholisierter Jungtäter in der Gewaltkriminalität lag insgesamt bei 19,6 Prozent (Vorjahr 18,6 Prozent). Die erfassten Straftaten gegen Polizeibeamte sind um 3,2 Prozent auf 287 angestiegen, davon 146 Fälle (plus 12,3 Prozent) im Rems-Murr-Kreis. Auffallend war, dass eine Vielzahl der Täter, die Widerstand leisteten, unter Alkoholeinfluss standen: 62,2 Prozent der Tatverdächtigen waren zur Tatzeit alkoholisiert. Im Jahr 2017 wurden 77 Kinder und Jugendliche (bis einschließlich 18 Jahre) aufgrund einer Alkoholvergiftung in den Rems-Murr-Kliniken behandelt. Inklusive alkoholbedingter Nebendiagnosen waren es 86 (2016: 90). Mädchen (52,3 Prozent) und Jungen (47,7 Prozent) waren dabei nahezu gleichermaßen betroffen. Der jüngste Patient war 12 Jahre alt. 33 Kinder und Jugendliche (bis einschließlich 17 Jahre) und deren Familien haben 2017 das kostenlose Gesprächsangebot im Rahmen von „HaLT – Hart am LimiT“ seitens des Kreisdiakonieverbands und der Caritas Ludwigsburg/Waiblingen/Enz angenommen.

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Erstellt:
23. August 2018, 06:00 Uhr

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