Wichtiger Schritt zum Ausbau des Radwegenetzes

Die Strecken im Gebiet des Rems-Murr-Kreises wurden nun im Rahmen einer Befahrung erfasst. Die Daten unter Aspekten wie Bauart, Verkehrsaufkommen und Gefahrenlagen werden nun noch ausgewertet. Bis Ende des Jahres sollen die Maßnahmenblätter für künftige Projekte an die Baulastträger gehen.

Der Radweg Obere Walke in Backnang ist nur eine der Strecken im über elfhundert Kilometer umfassenden Radwegenetz des Rems-Murr-Kreises, die im Zuge der Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) begutachtet wurden. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Der Radweg Obere Walke in Backnang ist nur eine der Strecken im über elfhundert Kilometer umfassenden Radwegenetz des Rems-Murr-Kreises, die im Zuge der Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) begutachtet wurden. Foto: A. Becher

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG. Das Thema Radfahren hat im Zuge der Coronapandemie und der Diskussionen um den Klimawandel deutlich an Bedeutung gewonnen. „Die Verkehrsinfrastruktur im Rems-Murr-Kreis steht durch stetig wachsende Pendlerströme in und aus dem Ballungsraum Stuttgart vor immer größeren Herausforderungen“, heißt es denn auch aus dem Landratsamt in Waiblingen. Sicher werden nicht alle Verkehrsteilnehmer von heute auf morgen aufs Rad umsatteln. Aber als umweltfreundliche Alternative, als Sport- und Freizeitbetätigung legt das Radeln in der Gunst der Bürger stetig zu. Grund genug also, sich einmal genau anzusehen, wie es um die Radwege im Kreisgebiet bestellt ist und was sich daran verbessern lässt.

In Abstimmung mit den Kommunen und mit einer Online-Beteiligung der Bürger wurde 2019 erstmals ein kreisweites Radverkehrsnetz mit einer Gesamtlänge von 1146 Kilometern Strecke aufgestellt. Dieses Netz war auch im jüngsten Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreises ein Thema. Karin Fischer stellte als Radwegbeauftragte die bisherigen Ergebnisse einer Analyse des Radwegenetzes vor und wie nun mit den erhobenen Daten verfahren werden soll.

Im Zeitraum von Juni bis September wurden rund 1200 Kilometer Radwegenetz abgefahren, so Fischer. Dabei wurden alle relevanten Merkmale digital erfasst und fotografisch dokumentiert. Neben der jeweiligen Streckenführung und den Wegbreiten wurde die vorhandene Art und Beschaffenheit der Fahrbahndecke festgehalten.

Auch bestehende Barrieren, Querungen und potenzielle Gefahrenstellen entlang der Strecken wurden erfasst. Des Weiteren wurden alle Standorte der Wegweisung verzeichnet. Die erfassten Daten wurden in ein Geoinformationssystem (GIS) eingepflegt und aufbereitet. Fischer: „Durch die Digitalisierung der Streckeninformationen ist zukünftig eine effizientere Verwaltung und Weiterverarbeitung der Daten möglich.“ Das GIS-Tool, das dabei zum Einsatz kommt, also das digitale Werkzeug in Form eines Computerprogramms, werde auch für die Erfassung der Schulwege genutzt, wie Landrat Richard Sigel ergänzte. In einem zweiten Schritt werden nun Abweichungen des Status quo von den „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ (ERA) ermittelt. Parallel dazu werden auch die Verkehrszahlen in Verbindung mit den Radwegen ausgewertet. Was nun ansteht, ist die Ermittlung des Maßnahmenbedarfs. Das heißt, es wird geschaut, wo Netzlücken bestehen, wo Gefahrenlagen auftreten und welche Barrieren zu beseitigen sind. Aus dieser Zustandserfassung und -bewertung (ZEB), so der verwaltungstechnische Name, wird dann ein Maßnahmenkataster erstellt. Es wird also ein Plan aufgestellt, wo was zu tun ist und wie viel es kostet, die jeweilige Maßnahme umzusetzen, sodass die Kreispolitik vernünftig entscheiden kann.

„Mit der Aufstellung des landkreisweiten Radwegenetzes entstehen neben den Planungskosten keine unmittelbaren finanziellen Verpflichtungen für den Rems-Murr-Kreis“, war im Ausschuss zu hören. Die Maßnahmen in der Baulast des Landkreises, die künftig als notwendig und umsetzbar erachtet werden, finden Eingang in den Kreisstraßenmaßnahmenplan. Das bedeutet, dass mit diesen Bauprojekten so verfahren wird wie auch mit Projekten des Kreisstraßennetzes. Alle anstehenden Maßnahmen werden von der Stabsstelle Radwege im Rahmen der jährlichen Haushaltsplanung angemeldet und dem Umwelt- und Verkehrsausschuss einzeln zur Beschlussfassung vorgelegt. Ziel des Ganzen ist letztlich der Aufbau eines kreisweiten, zusammenhängenden Radwegenetzes, das für die Nutzer im Alltag und in der Freizeit attraktiv ist. Es dient der Vernetzung der Städte und Gemeinden wie auch der angrenzenden Landkreise. Auch sind gute und sichere Radwege ein Pfund, mit dem man touristisch wuchern kann. Das Kataster, das die Stabsstelle des Rems-Murr-Kreises nun erstellen wird, soll helfen, einen einheitlichen und nach Möglichkeit hohen Qualitätsstandard im gesamten Radwegenetz zu erreichen. Hierzu ist auch der Austausch mit anderen Verwaltungen sowie mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club gegeben. Zudem werden sich die Fachleute auch Gedanken über eine einheitliche und leicht verständliche Beschilderung für das ganze Kreisgebiet machen.

Arbeitspakete bis Ende 2020

Die Befahrung der Radwege im Kreis hat ergeben, dass auf knapp 55 Prozent des kreisweiten Netzes der Radverkehr auf der Straße geführt wird. Auf 45 Prozent der Strecke erfolgt die Führung auf straßenbegleitenden oder landwirtschaftlichen Wegen. Knapp 30 Prozent der straßenbegleitenden oder landwirtschaftlichen/ forstwirtschaftlichen Wege wiederum ist mit einer Breite von unter 2,50 Metern zu schmal für den Radverkehr gemäß den Vorgaben der „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ (ERA). Künftige Baumaßnahmen sollen Eingang in den Kreisstraßenmaßnahmenplan (KMP) finden.

Die Baulastträgerschaft des Radwegenetzes im Rems-Murr-Kreis teilen sich der Bund, das Land, der Landkreis und die Kommunen. Der ermittelte Handlungsbedarf wird von der Stabsstelle Radwege im Landratsamt an die jeweils zuständigen Baulastträger adressiert. Dies soll in Form von Arbeitspaketen mit Maßnahmenblättern erfolgen. Jedes Maßnahmenblatt enthält die wesentlichen Daten der durchzuführenden Maßnahme, unter anderem einen Lageplan, Fotos und Erläuterungen. Zusätzlich steht die Stabsstelle bei allen Fragen den Baulastträgern zur Verfügung. Die Übergabe der Arbeitspakete soll bis zum Jahresende 2020 erfolgen.

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Erstellt:
10. November 2020, 06:00 Uhr

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