Wie der Notbetrieb bei der Deponie läuft

Abfallwirtschaft Rems-Murr hat das Anlieferungskonzept geplant und verbessert – Keine Staus mehr vor der Winnender Einrichtung

Anfahrt auf die Winnender Mülldeponie an einem Wochentag um 11 Uhr: Man ist auf alles Mögliche gefasst, zumindest auf eine Warteschlange auf der Südumgehung. Aber da staut sich nichts. Kein einziges Auto stört den Verkehr, nur direkt vor dem Eingangsportal der Deponie stauen sich fünf Autos.

Marcus Siegel möchte, dass Anlieferer nur kurze Zeit auf dem Platz sind. Foto: G. Habermann

Marcus Siegel möchte, dass Anlieferer nur kurze Zeit auf dem Platz sind. Foto: G. Habermann

Von Martin Schmitzer

WINNENDEN. Eine überraschend angenehme Situation. Die Leute von der Abfallwirtschaft haben umgeplant, haben den Stau auf der öffentlichen Straße vermieden und ihn ins Deponiegelände verlagert. Man fährt zum Eingang vor. Da steht Merve Hansu von der Kreisverwaltung, trägt Mundschutz und Sicherheitsweste, und überreicht freundlich eine Papiertasche, ein kleines Geschenk von der Abfallwirtschaft Rems-Murr (AWRM). Wirklich. Man wird nicht nur in absehbarer Zeit seinen Müll los, man kriegt sogar noch gute Laune gleich am Eingang.

In der Papiertüte steckt eine Warnweste für alle Situationen, in denen man gesehen werden sollte, zum Beispiel auch auf der Deponie in Winnenden. Und eine Vesperdose ist auch drin mit einem Pärle Landjäger, damit man die Wartezeit ohne Magenknurren übersteht. Es ist praktisch alles so, wie man es sich wünscht, seitdem von der Öffnung der Deponie die Rede ist. Wer nachfragt, erfährt am Eingang, dass er ungefähr eine halbe Stunde warten muss in der Schlange, und das trifft um diese Zeit haargenau zu. Im Deponiegelände selbst rollen auf 400 Metern Zufahrt etwa 70 Autos im Schritttempo mit kleinen Pausen.

Zwei Meter Abstand von Mensch zu Mensch sind gewährleistet

Ein Sicherheitsmann regelt am Ende der Schlange den Verkehr. Wer Grüngut abliefern will, darf gleich rechts abbiegen und hat nach einer halben Stunde überhaupt keine weitere Wartezeit mehr, denn für Strauchschnitt und gemähtes Gras hat die Deponie so viele Plätze, dass nie alle ausgelastet sind und dass selbstverständlich weit mehr als zwei Meter Abstand von Mensch zu Mensch gewährleistet sind. Es zeigt sich an vielen Details: Das Team der Abfallwirtschaft hat seine Coronavorschriften noch einmal überdacht, hat überlegt, wie mehr Müllablieferer auf der Deponie untergebracht werden können, hat die Verweildauer von Anlieferern auf der Deponie nachgerechnet und sie schließlich verkürzt, indem es jetzt mehr Personal einsetzt und die Anlieferer besser und zügiger verteilt.

Marcus Siegel, AWRM-Vorstand für Finanzen, berichtet auf der Deponie, wie das Team rechnete, um die Verweildauer zu verkürzen und um Wartezeiten zu mindern. „Engpass ist die Station für Sperrmüll“ – das hatten sie vorher geahnt, und das bestätigte sich am Montagvormittag bereits. Man braucht sich nur in die Normalbürger hineinzudenken: Was macht der Mensch, wenn er gezwungen durch das Virus plötzlich Zeit hat? Den Dachboden oder den Keller aufräumen, Sperrmüll aus der Wohnung tragen, sich Luft verschaffen fürs Homeoffice. Endlich kann er den großteiligen Gruscht auf die Deponie fahren. Endlich ist wieder offen.

Hartmut Aupperle von der Abfallwirtschaft Rems-Murr (AWRM) managt den Wertstoffplatz, lässt zehn bis zwölf Autos gleichzeitig auf den Platz, wenn sie sich gut auf die Stationen verteilen (und nicht bloß drei, wie man nach einer Ankündigung hätte befürchten müssen). Wenn es zu eng wird, gibt er einen Funkspruch zum Sicherheitsmann durch, und der stoppt dann die Autoschlange vorne für einige Minuten, bis mehrere Autos den Wertstoffplatz wieder verlassen haben.

Die Gesichter der Wartenden in der Autoschlange: entspannt. Oben auf dem Grüngutplatz fährt Kreisrätin Christine Besa mit dem Auto an, wirft Strauchschnitt raus und ist voll des Lobs: „Eine halbe Stunde warten – das passt. Es ist super gelaufen. Und ein Vesper kriegt man auch noch.“

Das Team der Abfallwirtschaft hat in der ganzen letzten Woche das Anlieferungskonzept geplant und verbessert, hat Anregungen aus der Bevölkerung aufgenommen, wie zum Beispiel, die Warteschlange auf die Deponiestraße zu verlegen, und hat alles getan, um auf der Deponie rund 15 Anlieferer gleichzeitig zuzulassen, davon zehn auf dem Wertstoffplatz und fünf auf dem Grüngutplatz, und trotzdem die Abfallannahme nicht zum Übertragungsort des Virus werden zu lassen. Die Verweildauern sind kurz. Alle AWRM-Mitarbeiter tragen den genähten textilen Mundschutz. Die Durchfahrt zwischen Grüngutplatz und Wertstoffplatz ist geschlossen, sodass die Personenzahlen gut zu dosieren sind.

In der Abfallannahmestelle ist die Stimmung unter Besuchern sehr gut

Wir gehen mit Marcus Siegel und AWRM-Pressesprecherin Baudy zu Fuß an der Warteschlange vorbei zum Eingangsportal zurück und bemerken unweigerlich: Die wartenden Autofahrer winken, nicken und grüßen uns freundlich. Obwohl alle unter den Zwängen der Coronapandemie leben und obwohl dies eine Abfallannahmestelle ist, kann man beobachten: Die Stimmung auf der Winnender Deponie ist so entspannt wie sonst vielleicht auf der Liegewiese des Wunnebads. Auf diesem Entsorgungsplatz wird man Sorgen los.

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Erstellt:
22. April 2020, 06:00 Uhr

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