Anpassung an Klimawandel
Wie man auf der Welt mit dem neuen Klima umgeht
Zehn Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen drängt sich neben dem Kampf gegen den Klimawandel zunehmend die Frage auf: Wie schützt man sich vor seinen Folgen? Ein Blick in die Welt.
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In Vietnam gibt es schon jetzt regelmäßig Hochwasser. Künftig werden dort mehr Deiche gebaut.
Von Rebekka Wiese
Es ist jetzt genau zehn Jahre her, dass sich die Weltgemeinschaft auf das Pariser Klimaabkommen einigte. Es sieht vor, dass die weltweite Temperatur im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter im Durchschnitt möglichst um nicht mehr als um 1,5 Grad Celsius steigen soll– und in jedem Fall weniger als zwei Grad Celsius.
Seitdem ist viel passiert. Vor zehn Jahren gingen Forscher davon aus, dass sich die Erde bis zum Jahr 2100 um 3,6 Grad Celsius erwärmen würde. Durch die Maßnahmen der vergangenen Jahre gehen aktuelle Projektionen nun von etwa 2,6 Grad Celsius aus. Allerdings ist auch das zu viel. Schon jetzt sind die Folgen der Klimakrise spürbar. Wie geht man damit um? Ein Blick auf vier Fallbeispiele aus der Welt, die ganz unterschiedliche Antworten geben.
Vietnam: Aufrüsten gegen das Hochwasser
Vietnam zählt zu den Ländern der Welt, in denen sich der Klimawandel am stärksten auswirkt. Es hat eine lange Küstenlinie, wo nun der Meeresspiegel steigt. In dem Land gab es immer viele Wirbelstürme und Flusshochwasser. Die nehmen nun zu. „Vietnam hat seit den 2010er-Jahren verschiedene Anpassungskonzepte entworfen“, sagt der Klimaforscher Matthias Garschagen von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Das werde nun meist mitgedacht, zum Beispiel bei neuen Gesetzen zur Städteplanung.
Vietnam setzt vor allem auf Hochwasserschutz. „Da werden überall Deiche ertüchtigt und überbaut“, sagt Garschagen. „Im Mekong-Delta entstehen Schleusenanlagen, um Ho-Chi-Minh-Stadt wird gerade ein riesiger Ringdeich gebaut.“ Garschagen warnt zugleich vor neuen Risiken. Deiche könnten eine Stadt zwar vor Flusshochwassern schützen– aber bei Starkregen auch zum Problem werden. „Wenn das Wasser vom Himmel kommt, aber nicht abfließen kann, wird das schnell gefährlich.“
Dänemark: Die Stadt als Schwamm
In Dänemark hat man ein Konzept entwickelt, um Städte auf genau solche Szenarien vorzubereiten: auf besonders heftige Starkregenfälle. In Kopenhagen erlebte man 2011, was das bedeuten kann: Damals riss der Himmel auf – und es kam weit mehr Wasser runter, als die Kanalisation fassen konnte. Danach beschloss man, die Stadt so umzubauen, dass sie das Wasser aufsaugt.
Dazu brach man in Kopenhagen versiegelte Plätze auf und legte Grünflächen an, in denen das Wasser versickern kann. Darunter baute man unterirdische Becken, aus denen die Pflanzen dann an heißen Tagen bewässert werden können. „Schwamm-Stadt“ nennt sich dieses Konzept. Das haben inzwischen viele Orte auf der Welt übernommen. Auch in Berlin orientiert man sich seit einigen Jahren daran.
Fidschi: Umsiedeln, wenn nichts mehr geht
Es gibt aber Gegenden, die selbst mit klugen Konzepten kaum noch zu retten sind. Dazu gehören weite Teile von Fidschi, einem Land im Südpazifik, das sich auf mehr als 300 Inseln verteilt. „Durch den steigenden Meeresspiegel werden einige Küstenabschnitte immer häufiger überschwemmt“, sagt Nadine Knapp. Sie ist Migrationsforscherin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik und hat sich mit geplanten Umsiedlungen im Kontext der Klimakrise beschäftigt. „Solche Maßnahmen dürfen immer nur das letzte Mittel sein, wenn alle anderen Anpassungsoptionen ausgeschöpft sind“, sagt sie.
In Fidschi müssen wegen der Klimakrise 676 Küstengemeinden umziehen, bei den ersten ist das schon passiert. Der Staat hat in den vergangenen Jahren eine eigene Umsiedlungsrichtlinie entwickelt – mit klaren Verfahren für die Planung, Finanzierung und Durchführung. „Dabei hat man sich an einem umfassenden menschenrechtsbasierten und partizipativen Ansatz orientiert“, erklärt Knapp. Der Schutz und das Wohlergehen der Bevölkerung stünden dabei im Mittelpunkt. Knapp weist aber darauf hin, dass es Länder gibt, in denen das Problem schwieriger zu lösen ist: „Inselstaaten wie Kiribati werden in 30 bis 60 Jahren gar nicht mehr bewohnbar sein, sodass sogar grenzüberschreitende Umsiedlungen notwendig werden könnten.“
Brasilien: Ein Plan für jedes Dorf
Als Vorbild in der Klimaanpassung gilt Brasilien. „Das Land hat früh angefangen, einen nationalen Anpassungsplan zu machen“, sagt Anika Schroeder vom Entwicklungshilfswerk Misereor. In dem Prozess konnten sich einzelne Kommunen einbringen, ebenso Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen.
„In den Plänen geht es oft um bauliche Maßnahmen im unmittelbaren Wohnumfeld – gerade in den sogenannten Favelas, die bisher zu oft von staatlicher Unterstützung ausgeklammert werden“, sagt Schroeder. Da würden nun Abwasserkanäle ausgebaut oder Steilhänge abgesichert. Die Gemeinden hätten auch eigene Pläne zum Katastrophenschutz erarbeitet: „Da wird etwa festgelegt: Wer sagt der alten Frau im hintersten Haus des Dorfes Bescheid, wenn es zu einem Erdrutsch kommt?“ Bei der Planung werde jetzt auch berücksichtigt, wie Städte grüner werden könnten – etwa zum Schutz von Hängen und Flussufern.
Klimaanpassung in Deutschland: Die eine große Frage
Das GesetzUnd wo steht Deutschland? Seit 2024 gibt es ein Klimaanpassungsgesetz auf Bundesebene. „Jetzt müssen wir schauen, ob diese Vorgaben auch umgesetzt werden – zum Beispiel beim Städtebau“, sagt Klimaforscher Matthias Garschagen von der LMU. Auch für die Landwirtschaft oder den Küstenschutz gebe es nun viele gute Vorgaben.
Das ProblemSorgen macht Garschagen aber etwas anderes. „Wir brauchen endlich eine offene Debatte darum, wie teuer das wird“, sagt er. „Hochwasserschutz ist zum Beispiel letztlich auch eine Aufgabe der Kommunen.“ Garschagen betont: „Das werden hohe Kosten – und wir haben noch nicht geklärt, wer dafür zahlt.“
