Bundeswehr
Wie SPD und Union nach einer Wehrdienst-Lösung suchen
Der Knall war laut, aber seither herrscht Stille. Nach dem Chaos um das neue Wehrdienst-Gesetz vor zwei Wochen versuchen sich Union und SPD nun erneut an einem Kompromiss.
© Soeren Stache/dpa
Wer muss zum Dienst, wenn die Freiwilligen nicht reichen – und entscheidet am Ende der Zufall? Das steht noch immer nicht fest.
Von Ellen Hasenkamp und Rebekka Wiese
Der Knall war laut, aber seither herrscht Stille. Vor genau zwei Wochen hatte der Streit über das neue Wehrdienst-Gesetz die Koalition vorübergehend ins Chaos gestürzt – Vorwürfe, Tränen und eine kurzfristig abgesagte Pressekonferenz inklusive. Die darauf folgende erste Lesung im Bundestags-Plenum war kurz, aber gesittet, und seither hat man wenig gehört von den Plänen für Truppenstärke, Musterung und Lose-Ziehen.
Das Ganze befinde sich in einem „geordneten Verfahren“, heißt es aus der SPD-Fraktion, man sei „in vertraulichen Gesprächen“. So ähnlich verlautet es auch aus der Unionsfraktion. Konkret bedeutet das: Nächste Woche, wenn der Bundestag nach der Herbstpause wieder tagt, wird offiziell weiterverhandelt. Noch für November, voraussichtlich am 10., ist auch die übliche Expertenanhörung zum vorliegenden Gesetzentwurf angesetzt.
„Zufallsauswahl“ statt „Losverfahren“?
Als „veraltet“ wurde dagegen übereinstimmend ein Medienbericht zurückgewiesen, wonach sich Union und SPD bereits auf ein überarbeitetes Vier-Stufen-Modell zum Wehrdienst verständigt haben sollen. Demnach ist bei Bedarf weiterhin eine „Zufallsauswahl“ für Musterungen und Einberufungen geplant, was womöglich nur ein anderes Wort für „Losverfahren“ wäre. Die Fähigkeiten der zuständigen Behörden zur Musterung aller infrage kommender jungen Menschen sollen demnach sofort aufgebaut werden, tatsächlich gemustert werden sollen aber zunächst nur Freiwillige.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte auf Einzelheiten nicht eingehen. „Wir sind im parlamentarischen Verfahren“, sagte er. Sein Haus stehe „im Austausch“ mit den zuständigen Parlamentariern und denen bei Bedarf auch „mit fachlichem Rat“ zur Seite. Die Koalition ist bei dem Thema unter Zeitdruck: Der zuständige Minister Boris Pistorius (SPD) drängt, ab Januar mit Hilfe des neuen Gesetzes den Wehrdienst umbauen zu können.
Massive Kritik am Losverfahren
Der Wehrdienst soll nach den Plänen von Pistorius zunächst auf Freiwilligkeit beruhen. Der Streit der vergangenen Wochen drehte sich darum, welche Mechanismen greifen sollen, wenn sich nicht genügend Freiwillige finden. Fachpolitiker von Union und SPD hatten vorgeschlagen, junge Männer per Losverfahren zur Musterung und, wenn nötig, für einen Pflichtdienst heranzuziehen. Das war auf massive Kritik von Teilen der SPD, aber auch der Opposition gestoßen.
„Losen ist und bleibt Unsinn“, sagte Sara Nanni, sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, dieser Redaktion nun auch mit Blick auf die „Zufallsauswahl“ im Vier-Stufen-Modell. „Die Bundeswehr braucht die Besten, nicht irgendjemanden!“ Deswegen müsse sich das Ministerium jetzt mit Nachdruck der Frage widmen, wie man es schaffe, dass Menschen gerne bei der Bundeswehr blieben, so Nanni.
