Comeback der Meisterpflicht - steigen nun die Preise?

dpa Berlin. Der Meisterbrief als Qualitätssiegel - so sieht es der Zentralverband des Handwerks. Der Bundestag vollzieht bei der Meisterpflicht eine Kehrtwende. Was könnten die Folgen für Kunden sein?

Im Jahr 2004 war in mehr als 50 Berufen die Meisterpflicht weggefallen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Im Jahr 2004 war in mehr als 50 Berufen die Meisterpflicht weggefallen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Zu vielen Kunden kommen bald wieder mehr richtige Handwerksmeister - doch die Rückkehr zur Meisterpflicht in vielen Berufen ist umstritten.

Die einen sehen den Meisterbrief als Garanten für „höchste Qualität“ - die anderen warnen: nun steigen die Preise für die Kunden. Vor 15 Jahren war in mehr als 50 Berufen die Meisterpflicht weggefallen. Am Donnerstag nun beschloss der Bundestag, sie für zwölf Gewerke wieder einzuführen.

Darunter sind: Fliesen- und Parkettleger, Rollladentechniker und Orgelbauer, dazu Drechsler, Holzspielzeugmacher, Böttcher und Raumausstatter. Bestehende Betriebe, die derzeit nicht der Meisterpflicht unterliegen, dürfen auch weiterhin ihr Handwerk selbstständig ausüben und erhalten einen Bestandsschutz.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier nannte die Wiedereinführung der Meisterpflicht ein „starkes Signal“ für die Zukunft des Handwerks. Die Meisterpflicht sei Ausdruck der Wertschätzung gegenüber dem Handwerk, sagte der CDU-Politiker.

„Sie wird die Qualität, die duale Berufsausbildung und die Qualifizierung im Handwerk fördern und die Zukunft der Betriebe gewährleisten.“ Der Bundesrat berät kurz vor Weihnachten über die Reform. Es wird erwartet, dass die Länderkammer keine Einwendungen erhebt und die Änderungen Anfang 2020 in Kraft treten können.

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sagte, das Bekenntnis zum Meisterbrief sei ein wichtiges und starkes Zukunftssignal an Gesellschaft und Verbraucher. „Schließlich ist und bleibt der Meisterbrief das Qualitätssiegel, dem Kunden am meisten vertrauen.“

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hatte seit langem für ein Comeback des Meisterbriefs geworben. Wollseifer hatte wiederholt vor Marktverzerrungen gewarnt. Im Handwerk gebe es eine zunehmend Zahl von Solo-Selbstständigen, hatte er gesagt und die Folgen so benannt: „Weniger Auszubildende, weniger Fachkräfte, weniger Qualität, schneller vom Markt verschwindende Betriebe und infolge dessen ein geringerer Gewährleistungs- und Verbraucherschutz.“

Der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann, sagte, der Meisterbrief sei „Garant“ für höchste Qualität der Arbeit und der beruflichen Ausbildung in Deutschland. Die Abschaffung der Meisterpflicht vor 15 Jahren sei ein Fehler gewesen: „Die Qualität sowohl der Arbeit als auch der Ausbildungsleistung ist dort stark zurückgegangen.“

Die damalige rot-grüne Bundesregierung wollte in einer wirtschaftlich angespannten Lage mit der Reform der Handwerksordnung einfachere Tätigkeiten für Selbstständige öffnen. Unternehmensgründungen sollten erleichtert werden. Bis dahin durften diese Betriebe nur von ausgebildeten Handwerksmeistern geführt werden.

Nach der Abschaffung der Meisterpflicht in vielen Berufen sei es zu einem „Gründungsboom“ von Betrieben und zu mehr Wettbewerb gekommen, argumentieren Ökonomen. Davon hätten Kunden profitiert - denn sie könnten selbst entscheiden, für welche Arbeit sie einen teureren Meisterbetrieb engagieren oder einen günstigeren Anbieter.

Nun aber würden Markteintritte durch neue Betriebe deutlich schwieriger, weil das Ablegen einer Meisterprüfung kosten- und zeitintensiv sei, sagte der Vorsitzende der Monopolkommission, Achim Wambach, der Deutschen Presse-Agentur. Die Änderungen an der Handwerksordnung seien ein Schritt zurück. „Aus Sicht der Verbraucher wird der Zugang zu Handwerksleistungen mit der Wiedereinführung der Meisterpflicht schwieriger. Die Wartezeiten und die Preise können steigen.“ Bereits heute müssen Kunden teils Wochen warten, bis ein Handwerker kommt.

Widerspruch an der Position kam von Gewerkschaften. „Der Fachkräftemangel im Handwerk und die Wartezeiten der Kunden entstehen gerade wegen der fehlenden Meisterpflicht, nicht umgekehrt“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. „Statt Plackerei, mieser Bezahlung, Dumping-Preiswettbewerb, Solo-Selbstständigkeit und schlechter Qualität braucht das Handwerk gute Bedingungen, um wieder mehr Fachkräfte zu gewinnen. Dazu gehört die Meisterpflicht genauso wie eine bessere Tarifbindung.“

In Zukunft müssten weitere Gewerke zurück in die Meisterpflicht, beispielsweise die Gebäudereiniger. IG Metall-Vorstandsmitglied Ralf Kutzner sagte, die Wiedereinführung der Meisterpflicht in zwölf Berufen sei ein wichtiger Schritt gegen den „Unterbietungswettbewerb“ und für mehr Qualität im Handwerk.

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Erstellt:
12. Dezember 2019, 09:27 Uhr

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