„Wir müssen einiges in Ordnung bringen“

Bürgermeisterwahl Auenwald: Matthias Bacher gibt in den letzten Tagen vor der finalen Abstimmung in Auenwald noch einmal alles, um möglichst viele Wähler von sich zu überzeugen. Für die Wahl am Sonntag wünscht er sich ein klares Votum.

Matthias Bacher im Gespräch an seinem Infostand vor Schramm’s Lädle in Auenwald-Lippoldsweiler. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Matthias Bacher im Gespräch an seinem Infostand vor Schramm’s Lädle in Auenwald-Lippoldsweiler. Foto: A. Becher

Von Melanie Maier

AUENWALD. Bei leichtem Schneeregen baut Matthias Bacher seinen Infostand auf. Es ist kalt und ungemütlich, aber das schreckt Bacher nicht. „Das Wetter kann ich mir nicht aussuchen“, sagt er und lacht. Seit er sich um den Posten des Bürgermeisters von Auenwald bewirbt, sind seine Tage eng getaktet. Vormittags arbeitet der selbstständige Maschinenbauingenieur weiterhin für seine Firma, die Nachmittage, Abende und Wochenenden sind dem Rennen ums Rathaus vorbehalten. Infostände, Flyer verteilen, Haustürbesuche auf Distanz: Matthias Bacher gibt sein Möglichstes, um die Bewohner von Ebersberg, Lippoldsweiler, Oberbrüden und Unterbrüden für sich zu gewinnen. Freizeit habe er momentan so gut wie keine, sagt der 58-Jährige, der mit seiner Frau seit 28 Jahren in Mittelbrüden lebt. Normalerweise mache er mindestens dreimal pro Woche Sport, aber dafür fehle ihm jetzt die Zeit.

Dafür hat er an diesem Nachmittag drei Stunden für Gespräche mit den Bürgern eingeplant. Ein Stehtisch und ein Aufsteller, mehr braucht Bacher nicht für sein mobiles Büro, das er im Auto mühelos von einem Wahlkampftermin zum nächsten transportieren kann. An der Straße vor Schramm’s Lädle halten die Autos quasi im Fünfminutentakt. Das ist aber weniger der Präsenz von Bacher geschuldet denn dem Umstand, dass der kleine Laden im Ortsteil Lippoldsweiler nicht nur Schreib- und Tabakwaren verkauft, sondern auch eine Postfiliale ist. „Vielleicht liegt es auch daran, dass ich schon einmal hier war“, sagt Bacher. Und obwohl lange niemand kommt, harrt er einfach weiter aus. Ohne zu einem Buch oder zu seinem Smartphone zu greifen. „Sonst sieht es so aus, als würde ich mich nicht für die Sache interessieren“, sagt er. Mit mehreren Kleidungsschichten ist er für drei Stunden in der Kälte immerhin gerüstet. „Ich friere auch nicht schnell.“

„Der Blick in die Kämmerei: Das würde das Erste sein.“

Welche Chancen er sich für die Wahl am kommenden Sonntag ausrechnet? „Jeder Bewerber rechnet sich ja immer die besten Chancen aus“, sagt er. „Ich wünsche mir ein klares Votum – das heißt, die einfache Mehrheit.“ Dass er die bekommen wird, davon geht Bacher aus. Die vergleichsweise wenigen Stimmen bei der Briefwahl führt er darauf zurück, dass er erst spät in den Wahlkampf eingestiegen ist. Diesen Vorsprung habe er mittlerweile aber aufholen können.

Was er als Erstes machen würde, wenn er Bürgermeister werden würde? „Der Blick in die Kämmerei: Das würde das Erste sein“, sagt Bacher. „Der bestimmt das weitere Geschehen.“ Bisher blicke er ja nur von außen auf das Rathaus, kenne keine Interna, sagt der Unternehmer. Was ihn stört, ist die Verschuldung Auenwalds. „Das Problem ist doch, dass wir so hohe Ausgaben haben, dass wir keinen Spielraum mehr haben, um in Projekte zu investieren“, führt er aus. „Da müssen wir einiges in Ordnung bringen.“ Wenn es nach ihm geht, soll die Neuverschuldung so klein wie möglich ausfallen, Steuererhöhungen sollen ausgesetzt werden. Er möchte herausfinden, wo es Sparpotenzial gibt in der Gemeinde, etwa bei Vergaben oder indem Projekte selbst gestemmt werden. Am Personal könne man nicht sparen: „Wir brauchen Mitarbeiter in der Verwaltung – sogar mehr denn je.“

Weitere Themen, die Bacher angehen möchte: Freizeit- und Kulturangebote auch für Jugendliche, eine Agenda für die Klimaneutralität Auenwalds, „vielleicht mit einem Bürgerforum“, und den Wohnungsmangel. Um etwas dagegen zu tun, kann Bacher sich Verschiedenes vorstellen: „Sozialer Wohnungsbau, Lowbudget-Gebäude, Tiny-Häuser – man muss in alle Richtungen offen sein“, sagt er.

Dass so viele Bürger ihn persönlich unterstützen würden, zum Beispiel beim Austragen der Flyer, damit hatte er nicht gerechnet. Sogar Menschen, die er vorher gar nicht kannte, haben sich bei ihm gemeldet, berichtet Bacher. Er sei selbst über die Resonanz überrascht gewesen, sagt er. Die Rückmeldungen haben ihn darin bestärkt, weiterzumachen. Nach der ersten Wahlrunde sei er ein bisschen niedergeschlagen gewesen, gibt er zu, aber das sei von kurzer Dauer gewesen: „Wenn Sie ein Haus gebaut, eine Familie gegründet und ein Unternehmen aus dem Boden gestampft haben, haut Sie so schnell nichts um.“

Nach dem Ausscheiden von Karl Ostfalk würde die prozentuale Verteilung des ersten Wahldurchgangs natürlich nicht mehr stimmen, sagt er. Dass sich der amtierende Bürgermeister aus dem Rennen zurückziehen würde, hätte er nicht erwartet. „Ich habe mir aber fast gedacht: Wenn er einen Rückzieher macht, hat er noch etwas in der Tasche“, kommentiert Bacher die Bewerbung von Hauptamtsleiterin Yvonne Bader. Bei den Gesprächen mit Bürgern habe er schon vor dem ersten Wahlgang gehört: „Der macht noch vier Jahre und übergibt dann an die Frau Bader.“ „Aber“, entgegnet Bacher, „ein Bürgermeister übergibt nicht, der wird gewählt!“

Das sagt er auch zu der Auenwalderin und ihrem Sohn, die sich – fast pünktlich zu den ersten Sonnenstrahlen an diesem nasskalten Nachmittag – eine gute Dreiviertelstunde nach dem Aufbau des Infostands als Erste an Bachers Stehtisch einfinden und ihm versichern, dass er auf ihre Stimmen zählen kann. „Wenn sie sich von vornherein aufgestellt hätte, dann hätte ich sie gewählt“, so die Frau über Bachers Konkurrentin Bader. „Aber so nicht.“ Sie finde es ein Unding, „wie das hier läuft“: „Ein abgekartetes Spiel, typisch Auenwald. Es steht mir bis hier!“ Der andere ernst zu nehmende Kandidat im Rennen, der 26-jährige Kai-Uwe Ernst aus Berglen, sei nur wenig älter als ihr Sohn und komme zudem von außen, kenne sich in Auenwald nicht aus. „Er ist für uns keine Option“, sagt die Wählerin. „Wir drücken Ihnen die Daumen!“

Bacher hätte sich in keiner anderen Gemeinde beworben.

Was er selbst denkt, was er seinen Mitbewerbern voraushabe? „Ich bin ein Mensch zum Anfassen“, sagt Bacher. „Von mir gibt es Antworten, die ich auch so meine.“ Die Kandidatur in Auenwald sei eine Herzensangelegenheit für ihn, sagt der Bürgermeisteraspirant. In keiner anderen Gemeinde hätte er sich auf den Posten beworben. Seine Frau und sein Sohn seien nicht überrascht gewesen, als er sich aufstellen ließ, sagt Bacher: „Wir haben schon oft darüber diskutiert.“Da er keine Mitarbeiter habe, sei es für ihn kein Problem, seine Firma zu schließen.

„Ich bin in meinen Handlungen völlig frei“, betont er. Klar stellt er aber auch: Wenn er gewählt werden würde, würde er nur eine Legislaturperiode im Amt bleiben. „Ich würde nicht an meinem Stuhl kleben.“ Die acht Jahre als Bürgermeister würde Bacher auch dafür nutzen wollen, die Position in Hinblick auf seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger nach seinen Vorstellungen zu gestalten.

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Erstellt:
24. März 2021, 06:00 Uhr

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