Wo sich die Narren der Region an Fasnacht herumtreiben

Der Ablauf steht, das Häs sitzt, die Partypläne sind geschmiedet: Drei umtriebige Narren aus der Region weihen uns in ihre Pläne für die Fasnetwoche ein. Von Schmotzigem Donnerstag bis Aschermittwoch ist dabei wieder Ausnahmezustand angesagt.

Ab dem Schmotzigen Donnerstag haben auch die Reichenberger Burghexen wieder ein volles Programm. Foto: BKZ-Archiv

Ab dem Schmotzigen Donnerstag haben auch die Reichenberger Burghexen wieder ein volles Programm. Foto: BKZ-Archiv

Von Kai Wieland

Rems-Murr. Hilfe, die Narren kommen! Mit dem heutigen Schmotzigen Donnerstag geht die schwäbisch-alemannische Fasnet in die heiße Phase, ehe der Spuk am Aschermittwoch wieder sein vorläufiges Ende findet. Scherz und Schabernack sind dabei natürlich garantiert, doch für die Närrinnen und Narren reicht die Bedeutung der Fasnet darüber weit hinaus. „Dahinter stecken auch viel Brauchtum, Tradition und Geschichte und ich finde es schön, das den Menschen und vor allem auch den Kindern nahezubringen“, sagt die 39-jährige Melina Rau. Die zweifache Mutter ist seit 2017 bei den Reichenberger Burghexen aus Oppenweiler, seit 2021 sogar Vorstand des Vereins. Natürlich mache es aber auch einfach Spaß, mit den Zuschauern zu scherzen und in andere Rollen zu schlüpfen, fügt Rau hinzu. Dazu hat sie im ersten „echten“ Fasnetjahr seit der Pandemie endlich wieder ausgiebig Gelegenheit.

Auftakt zur Fasnetwoche

Bereits am Schmotzigen Donnerstag sind die Burghexen ordentlich unterwegs: Los geht’s am Morgen mit dem Narrengottesdienst und dem Rathaussturm der Querköpfe in Winnenden, dann folgt ein nachmittäglicher Abstecher nach Schwaikheim zum Rathaussturm der Sumpfgoischder. Hier hat Melina Rau gute Chancen, auf Johannes Zeidler (44) und seine Rechaspitzer aus Althütte zu treffen. Auch das ist etwas, was den Charme der Fasnet ausmacht: „Ich freue mich darauf, die Mitglieder anderer Zünfte wiederzusehen, die man teils schon seit Jahren kennt, aber außerhalb der Fasnet nur selten trifft“, sagt Zeidler, der seit bald 15 Jahren dabei ist. Dabei wurde dem aus Kassel stammenden Ingenieur die Narretei nicht in die Wiege gelegt. Erst hier kam er mit der schwäbisch-alemannischen Fasnet in Berührung und war sofort von ihr fasziniert.

Johannes Zeidler macht bei den Rechaspitzern aus Althütte mit.  Foto: privat

© Privat

Johannes Zeidler macht bei den Rechaspitzern aus Althütte mit. Foto: privat

Beide Gruppen ziehen anschließend weiter nach Murrhardt, wo ab 17.33 Uhr der Rathaussturm samt Narrenbaumstellen und Narrentaufe der Murreder Henderwäldler beginnt. Auf der Narrenfete in der Festhalle dürfte es zum Ausklang feuchtfröhlich zugehen.

Faschingsumzug in Althütte

Über 50 Gruppen sind in die Fasnetshochburg Althütte gekommen, um beim Umzug durch den Ort zu ziehen. Anschließend gab es noch den Rathaussturm und die Narrentaufe.

/
Die Rechaspitzer aus Althütte treiben auf der Hauptstraße ihr Unwesen.
Die Rechaspitzer aus Althütte treiben auf der Hauptstraße ihr Unwesen.

© Tobias Sellmaier

Eine Hexe aus Brackenheim sucht das Bad in der Menge und wird neugierig beäugt.
Eine Hexe aus Brackenheim sucht das Bad in der Menge und wird neugierig beäugt.

© Tobias Sellmaier

Die Reichenberger Burghexen aus Oppenweiler sind zum Faschingsumzug in Althütte ...
Die Reichenberger Burghexen aus Oppenweiler sind zum Faschingsumzug in Althütte angereist.

© Tobias Sellmaier

Für jedes Alter hatten die Teilnehmer etwas dabei. Senioren und Kids hatten glei...
Für jedes Alter hatten die Teilnehmer etwas dabei. Senioren und Kids hatten gleichermaßen Spaß am Narrentreiben.

© Tobias Sellmaier

Eine Besucherin tanzt mit einer Hexe zu fetziger Musik.
Eine Besucherin tanzt mit einer Hexe zu fetziger Musik.

© Tobias Sellmaier

So eine liebe Hexe, verteilt allerlei Süßes an Naschkatzen.
So eine liebe Hexe, verteilt allerlei Süßes an Naschkatzen.

© Tobias Sellmaier

Gleich wird's wild: Eine Besucherin bereitet sich darauf vor, mit dem Narrennetz...
Gleich wird's wild: Eine Besucherin bereitet sich darauf vor, mit dem Narrennetz in die Luft geschleudert zu werden.

© Tobias Sellmaier

Peitschenknallen hallte durch die Straße.
Peitschenknallen hallte durch die Straße.

© Tobias Sellmaier

Kreischend lässt sich die junge Dame auf den Kotzkübl der Narren ein.
Kreischend lässt sich die junge Dame auf den Kotzkübl der Narren ein.

© Tobias Sellmaier

Alle Gegenwehr half nichts: Bürgermeister Reinhold Sczuka im Schneemannkostüm  m...
Alle Gegenwehr half nichts: Bürgermeister Reinhold Sczuka im Schneemannkostüm musste die Macht im Rathaus an die Narren abtreten.

© Tobias Sellmaier

Alle Gegenwehr half nichts: Bürgermeister Reinhold Sczuka im Schneemannkostüm  m...
Alle Gegenwehr half nichts: Bürgermeister Reinhold Sczuka im Schneemannkostüm musste die Macht im Rathaus an die Narren abtreten.

© Tobias Sellmaier

So eine ekelige Brühe. Neue Narren müssen das bei der Narrentaufe über sich erge...
So eine ekelige Brühe. Neue Narren müssen das bei der Narrentaufe über sich ergehen lassen.

© Tobias Sellmaier

So eine ekelige Brühe. Neue Narren müssen das bei der Narrentaufe über sich erge...
So eine ekelige Brühe. Neue Narren müssen das bei der Narrentaufe über sich ergehen lassen.

© Tobias Sellmaier

Mit von der Partie, allerdings weniger in feiernder als vielmehr in organisierender Rolle, ist Alexander Irion (35). Als Zunftratverwaltung der Murreder Henderwäldler ist er unter anderem für die Aufstellung der Gruppen zuständig und überhaupt im Dauereinsatz. „Man darf sich das nicht so vorstellen, dass alle Vereinsmitglieder mitlaufen und feiern“, verrät Irion. „Es stehen bei den eigenen Veranstaltungen natürlich auch eine Menge Arbeitseinsätze an.“ Das schmälert aber nicht seine Vorfreude, im Gegenteil. Besonders gespannt sei er auf die Narrentaufe, da diese nicht jedes Jahr anstehe und aufgrund der Pandemie schon länger nicht mehr stattgefunden habe.

Seit 2018 oder 2019 ist der Entwicklungsingenieur bei den Henderwäldlern, so ganz genau kann er es gar nicht mehr sagen. Wie er dazugestoßen ist, weiß er dagegen noch genau: „Als Murrhardter kennt man die Henderwäldler und ich hatte immer mal wieder damit geliebäugelt. Irgendwann habe ich dann als Gast an einer Ausfahrt nach Zürich teilgenommen und noch auf dem Rückweg unterschrieben“, sagt Irion lachend.

Melina Rau ist seit 2017 bei den Reichenberger Burghexen aus Oppenweiler. Foto: privat

© Privat

Melina Rau ist seit 2017 bei den Reichenberger Burghexen aus Oppenweiler. Foto: privat

Am Freitag schlägt die große Stunde von Melina Rau, denn dann stürmen die Burghexen um 18.11 Uhr das Rathaus von Oppenweiler. Für Rau ist es ein besonderes Ereignis, immerhin ist es ihr erster Rathaussturm als Vorstand und damit auch ihr erstes Duell mit Bürgermeister Bernhard Bühler. Derweil machen Johannes Zeidler und die Rechaspitzer gemeinsam mit den Donner-Hexen Stuttgart-Mühlhausen unsicher. Die Henderwäldler sind dagegen in heimischen Gefilden unterwegs: Sie besuchen Schulen, Kindergärten und Pflegeeinrichtungen.

Großes Wiedersehen beim Nachtumzug

Am Faschingssamstag begegnen sich Rechaspitzer, Burghexen und Henderwäldler dann schon wieder: Der berüchtigte Nachtumzug in Murrhardt lockt nämlich nicht nur zahlreiche Schaulustige, sondern auch 47 Fasnetgruppen und neun Guggen an. Es ist bereits die 13. Ausgabe dieser Veranstaltung und auch diesmal werden Alexander Irion und die weiteren Helfer alle Hände voll zu tun haben. Überhaupt sei er ab dem 6. Januar froh über sein Gleitzeitkonto, sagt Irion und lacht. Doch es lohne sich: „Durch die Straßen zu laufen und die faszinierten Blicke der Zuschauer zu sehen, vor allem natürlich die der Kinder, ist schon sehr schön.“

Die Burghexen brechen am Faschingssonntag zu ihrem weitesten Ausflug des Jahres auf, und zwar geht’s zu den Rotachnarren in Wört. „Solche Kontakte entstehen durch ein aktives Vereinsleben gewissermaßen automatisch“, erklärt Melina Rau. „Man lernt andere Zünfte auf Veranstaltungen kennen, hat dadurch seinen Einladungsverteiler und wird auch selbst eingeladen.“

Die Rechaspitzer chartern für ihre heutige Fahrt nach Rastatt zum großen Umzug sogar einen Bus: „Bei Veranstaltungen sind wir meist mit rund 30 Hästrägern zugegen, sodass sich bei weiteren Fahrten auch ein Bus lohnt. Das steigert das Vergnügen natürlich noch mal“, erzählt Johannes Zeidler.

Alexander Irion ist Zunftratverwaltung der Murreder Henderwäldler. Foto: privat

© Privat

Alexander Irion ist Zunftratverwaltung der Murreder Henderwäldler. Foto: privat

Für den Nachwuchs kommt der Höhepunkt am Rosenmontag. Da steigt nämlich in Murrhardt die Kinderfasnet samt Kinderumzug. Außerdem muss an diesem Tag der Murrhardter Bürgermeister Armin Mößner die Strafe einlösen, welche ihm beim Rathaussturm auferlegt worden ist. Die Rechaspitzer sind derweil wieder auswärts unterwegs; für sie geht es zum Umzug samt Narrenparty nach Bopfingen zu den Burgnarren Schloßberg-Flochberg.

Alles Schöne hat ein Ende

Burghexen und Henderwäldler laufen einander zum vorerst letzten Mal am Faschingsdienstag über den Weg, und zwar beim Frühschoppen und Umzug des Sulzbacher Carnevalsvereins. Alexander Irion führt seine Gruppe anschließend zurück zum Fasnetsverbrennen: Hierbei legt jeweils ein Vertreter der einzelnen Figuren symbolisch das Häs ab, womit die Fasnet langsam, aber sicher zu Ende geht.

Schließlich ist er unvermeidlich da: der Aschermittwoch und damit das Ende der Fasnet. Das Häs ist abgelegt, der Spaß erst mal vorbei. Rechaspitzer, Henderwäldler und Burghexen kommen noch einmal zu internen Abschlusstreffen zusammen, bei denen Heringe verzehrt und die leeren Geldbeutel gewaschen werden. Aber keine Sorge: Die nächste Fasnet kommt bestimmt.

Zum Artikel

Erstellt:
16. Februar 2023, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!
Schockanrufe und Cyberkriminalität nehmen stetig zu. Zur Prävention bemüht sich die Polizei um Aufklärungsarbeit bei der Bevölkerung. Die Schwierigkeit dabei: Die Täter ändern ihre Maschen ständig. Archivfoto: Tobias Sellmaier
Top

Stadt & Kreis

Cyberkriminalität und Gewalt nehmen im Raum Backnang zu

Die Kriminalitätsstatistik des Polizeipräsidiums Aalen verzeichnet für 2023 steigende Fallzahlen in fast allen Bereichen. Teilweise sei dies eine Normalisierung gegenüber den Pandemiejahren, doch Polizeipräsident Reiner Möller sieht auch Anzeichen von Verrohung in der Gesellschaft.