Wohlfühl-Wetter für den Gemeinen Holzbock: Zecken unterwegs

dpa/lsw Karlsruhe/Stuttgart. Sie lauern im Unterholz und an Wegrändern - und lieben es warm und feucht: Zecken. Kein Wunder, dass sie nun besonders aktiv sind. Aufpassen lohnt.

Eine tote Zecke sitzt auf der Hand einer Doktorandin. Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild

Eine tote Zecke sitzt auf der Hand einer Doktorandin. Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild

Das wechselhafte Wetter der vergangenen Wochen hat die Zecken gedeihen lassen. „In einigen Gebieten beobachten wir eine sehr hohe Zecken-Aktivät“, sagt die Stuttgarter Forscherin Ute Mackenstedt. Dem Gemeinen Holzbock - der in Deutschland häufigsten Zeckenart - komme feucht-warmes Wetter sehr entgegen, schütze es die Zecken doch vor Austrocknung.

Von Ende Juli an rechnet die Professorin der Uni Hohenheim aber mit einer nachlassenden Aktivität der lästigen Blutsauger. „Wenn es zu trocken wird, ziehen sich Zecken in feuchtere Wälder zurück.“ Wie gehäuft die kleinen Plagegeister vorkommen, sei aber regional sehr unterschiedlich.

So könne ein Zecken-Nest zu einem massenhaften Auftreten führen. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn sich ein mit Blut vollgesogenes Zeckenweibchen von einem Vogel oder einem anderen Tier abfallen lässt. Es kann dann tausende Eier ablegen, aus denen Larven schlüpfen, die anschließend auf die Suche nach einem Wirt gehen. Bevorzugte Stellen zur Ei-Ablage sind Laubhaufen oder moosige Flächen im Halbschatten von Gebüschen.

Ein milder Winter hat nach Angaben der Leiterin des Fachgebiets für Parasitologie in Hohenheim kaum Einfluss auf die Population. „Das entscheidet sich schon in den Vorjahren und hängt vor allem damit zusammen, wie es einer Zecke gelingt, vom Larven- über das Nymphen- ins Erwachsenenstadium zu kommen.“ So müsse der Gemeine Holzbock für seinen jeweiligen Lebenszyklus immer auch das passende Wirtstier finden.

Allerdings erwachen die Plagegeister der Expertin zufolge nach einem milden Winter früher aus der Winterruhe. Damit steigt das Risiko für Menschen, früher im Jahr an Erregern zu erkranken, die durch Zecken übertragen werden - etwa an Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). „In den letzten Jahren traten die ersten FSME-Fälle etwa vier Wochen früher auf als sonst - also bereits im April.“

Bayern und Baden-Württemberg gelten als Risikogebiete. Doch regional und je nach Jahr gibt es große Unterschiede: So sank im Jahr 2019 im Ortenaukreis die Zahl der FSME-Fälle auf zehn (nach 35 im Vorjahr). „Aber bereits jetzt, im Juli 2020, wurden wenigstens fünf FSME-Fälle aus diesem Landkreis gemeldet“, so Mackenstedt. Sie betonte zugleich: „Viele Zecken heißt nicht gleich viel FSME.“ So war nach dem Rekord-Zeckenjahr 2018 mit bundesweit 607 FSME-Erkrankungen 2019 die Zahl trotz gleicher Zecken-Aktivität auf 462 Erkrankungen gesunken.

Ein FSME-Herd kann extrem klein sein: Teils tragen nur zwei Prozent der Zecken in einem Gebiet das Virus in sich, erläuterte Mackenstedt.

Die Zahl der Tiere, die den Borreliose-Erreger in sich tragen, wird hingegen flächig auf bundesweit zwischen zehn und 40 Prozent geschätzt. „Zecken infizieren sich an Nagetieren und können es dann weiter übertragen“, sagt die Wissenschaftlerin. Gegen FSME kann man impfen, gegen Borreliose nicht. Letztere lässt sich aber mit Antibiotika behandeln.

Eine vom Spaziergang ins Heim geschleppte Zecke ist normalerweise kein Grund zur Panik: „Zecken können im trockenen Haus nicht lange überleben“, beruhigt Mackenstedt. Es sei denn, es handelt sich um eine Braune Hundezecke, die aus südlichen Ländern stammt und mit Hunden nach Deutschland eingeschleppt wird. „Diese Zecke ist an Trockenheit angepasst und kann in Wohnungen überleben.“ Wer sie im Haus hat, hat ein Problem. „Es können sich hohe Zeckenzahlen entwickeln, die nur durch den Kammerjäger wieder entfernt werden können.“ Mackenstedt ermutigt Betroffene, verdächtige Exemplare - am besten lebendig - in einem verschlossenen Gläschen an ihr Institut in Hohenheim zu senden.

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Erstellt:
12. Juli 2020, 09:35 Uhr

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