Zu Gast bei den Wengertern in Aspach

Alle 14 Tage sonntags bewirten die Aspacher Wengerter Wanderer, Radfahrer und motorisierte Gäste am Wengerterschützenhäusle bei Allmersbach am Weinberg. Bei kleinen Speisen und natürlich gutem Wein herrscht beste Laune.

Die Wandergruppe „Ebanom“ aus Steinbach lässt es sich im Schatten von Bäumen gut gehen. Foto: Dietmar van der Linden

© Dietmar van der Linden

Die Wandergruppe „Ebanom“ aus Steinbach lässt es sich im Schatten von Bäumen gut gehen. Foto: Dietmar van der Linden

Von Carmen Warstat

Aspach. Wunderschön eingebettet zwischen Streuobstwiesen und Wäldern liegen der Kleinaspacher Kelterberg und der Allmersbacher Alte Berg. Sie bilden den südlichen Ausläufer der Löwensteiner Berge, wo es sich vortrefflich wandern und zum Teil auch radeln lässt. Am vergangenen Wochenende war dort wieder das Wengerterschützenhäusle bei Allmersbach am Weinberg geöffnet und lockte zahlreiche Besucherinnen und Besucher an.

Die Wengerter, wie der Schwabe die Winzer oder Weinbaugärtner nennt, sind fleißige Leute, die etwas verstehen von Naturliebe und Arbeit, aber auch von Gastfreundschaft und Genuss. Heimatverbunden und bodenständig hegt und pflegt der Weinbauverein (gegründet 1992) zusammen mit der Weingärtnergenossenschaft Aspach EG (gegründet 1972) sowohl die Reben selbst als auch die Tradition um ein jahrhundertealtes Metier. Jemandem reinen Wein einschenken: Das ist über die sprichwörtliche Metapher hinaus vor allem auch etwas sehr Konkretes, das mit harter Arbeit verbunden ist – gerade in den Bergen, wo relativ steile Lagen den Einsatz von Maschinen häufig nicht erlauben und wo also bis heute auch Handarbeit gefragt ist.

In geselligen Runden kommen die Gäste einander schnell näher

Bei den zum Weinbauverein und zu der Aspacher EG gehörigen Weingärtnern handelt es sich ausschließlich um Hobbywengerter, denen die Weitergabe ihres Wissens an jüngere Generationen am Herzen liegt, weshalb sie öffentliche Veranstaltungen anbieten und beispielsweise regelmäßig die Türen ihres Wengerterschützenhäusles bei Allmersbach am Weinberg öffnen. Vierzehntäglich sonntags bewirten Vereinsmitglieder die Wanderer und Radfahrer sowie auch motorisierte Gäste und zeigen ihnen ihr Idyll mit Blick auf Weinberge und über ein weites Tal hinaus voller Stolz.

In geselligen Runden kommen die Gäste, am liebsten natürlich draußen im Freien, bei kühlem Rebensaft und kleinen Mahlzeiten einander schnell näher, verraten sich gegenseitig ihre Wanderrouten und „schwätzad“ über Gott und die Welt. So lässt es sich leben, finden sie alle und genießen das herrliche Wetter, den traumhaften Ausblick und die nette Gesellschaft Gleichgesinnter.

„Toll zum Sitzen, und der Wein schmeckt auch!“

„Ebanom“ nennt sich eine Wandergruppe aus Steinbach, und man versichert: „Die Schwaben wissen, was das heißt.“ Wolfgang Hohl möchte sich nicht gerade als deren Leiter bezeichnen lassen, aber er plant die Touren und sieht zu, dass niemand von allzu ehrgeizigen Zielen verschreckt wird. An ihrem Tisch scherzen die Steinbacher über seine Kilometerangaben, die stets zu knapp ausfallen: Heutzutage verfügen natürlich alle über digitale Schrittzähler, da sei das Schummeln schwieriger geworden.

An einem anderen Tisch sind Joachim und Despina Kost aus Steinbach schnell mit den Eheleuten Zowe und Pliwi aus Marbacham Neckar ins Gespräch gekommen. „Toll zum Sitzen“ sei es hier in „wunderschöner Lage“, wo heute sogar ein Lüftchen weht. „Und der Wein schmeckt auch!“ Die fast schon euphorische Bemerkung wird flugs relativiert durch höchstes schwäbisches Lob: „Man kann ihn trinken.“ Es wird gelacht und gevespert, bevor es wieder hinuntergeht zur Alten Kelter in Allmersbach beziehungsweise zur historischen Kelter Kleinaspach, denn dort warten die Autos der Wanderer, die der Meinung sind, dass nicht nur der Weg das Ziel ist: „Man läuft gern, wenn man das Ziel kennt.“

Was die Bewirtung betrifft, wechseln die Aspacher Wengerter sich ab: Jeweils eine Familie übernimmt die gastronomische Versorgung an einem der zwei Sonntage im Monat. Dieses Mal ist es die Familie von Andreas Schick, der im Hauptberuf Handwerker ist und am Freitag schon Ausschau gehalten hat nach dem zu erwartenden Wetter. Es ist selbstverständlich ein Unterschied, ob zwei oder zehn Kuchen gebacken werden müssen. Und wie viele benötigt werden, hängt vom Wetter ab. Die Schick-Frauen haben sieben oder acht Kuchen und Torten vorbereitet, sie wissen es selbst nicht so genau und müssen erst einmal nachzählen. Jedenfalls sehen sie lecker aus und kommen bestens an. Außerdem gibt es einfache herzhafte Gerichte und natürlich kühle Getränke aus eigener Produktion, darunter auch Alkoholfreies.

Currywurst, Pizza und Dinnete wurden bereits angeboten

Die Vereinsmitglieder bemühen sich darum, jedes Mal etwas anderes auf den Tisch zu bringen, letztens war es unter anderem Currywurst und davor Pizza und Dinnete. Vereinsvorstand Günther Ferber erzählt’s und weist auf die jüngsten Mitglieder der Familie Schick hin. Die Mädels sind sieben Wochen (Sofia) und drei Jahre (Leonie) alt, sie lernen die Welt des Weinbaus von frühester Jugend an kennen und Leonie hilft schon fleißig mit.

Schon drei- oder viermal waren die Schicks in diesem Jahr dran mit der Bewirtung. Neben den Sonntagen gibt es auch größere Events wie den 1. Mai, Himmelfahrt oder den Tag des Schwäbischen Waldes – da sind dann jeweils zwei Familien gemeinsam am Start.

Sorgen machen sich die Wengerter um die Wasserversorgung

Ferber berichtet von der Traditionspflege im Verein und der Genossenschaft: Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen zu Sortenkunde und -schutz vor Pilzbefall oder etwa Hitze (mittels des Einsatzes südländischer Sorten) seien in Zeiten der Klimaveränderung ebenso wichtig wie die Erhaltung der alten Sorten, Trollinger und Lemberger beispielsweise. Sorgen machen sich die Wengerter um die Wasserversorgung, denn ihre Weinberge haben von den letzten Regenfällen nichts abbekommen und müssen künstlich versorgt werden.

Die Reben sind zwischen einem Jahr und 50 Jahren alt und der ganze Stolz von Andreas Schick und Günther Ferber. Zusammen mit ihren Vereinsfreunden wirken sie für die Unterstützung des heimischen Weinbaus, ohne auf Profit aus zu sein. Man möchte „den Leuten den Weinbau näherbringen“ und eine gesunde „Wertschätzung für die aufwendige Handarbeit“ wachhalten, sagen die beiden Wengerter. Unter anderem Wanderungen, Weinführungen und Weinproben sowie Weinlehrpfade und die vielen verschiedenen Festlichkeiten tragen dazu bei.

Infos Nähere Informationen findet man auf der Webseite der Weingärtnergenossenschaft Aspach unter www.wg-aspach.de.

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Erstellt:
22. August 2022, 06:00 Uhr

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