Zu viert allein im mobilen Heim

Ab in den Urlaub! Familie Schumann aus Maubach will neue Wege beschreiten – viel Natur und wenige Menschen. Erstmals ging’s mit zwei kleinen Kindern im Reisemobil in die Ferien.

Urlaubsidylle wie im Reiseprospekt: Marius Schumann mit den beiden Kindern Paul und Lena bei einer kleinen Rast. Fotos: N. Schumann

Urlaubsidylle wie im Reiseprospekt: Marius Schumann mit den beiden Kindern Paul und Lena bei einer kleinen Rast. Fotos: N. Schumann

Von Florian Muhl

BACKNANG. Gleich zu Beginn sei verraten: Die Premiere ist geglückt. Viel mehr noch: Die jungen Eltern geraten ins Schwärmen, erzählen mitreißend über die erlebnisreichen Tage im geliehenen Mobilheim. Aber von Anfang: Bei Marius und Natalja Schumann steht der Sommerurlaub an. Das Paar aus Maubach möchte verschiedene Urlaubsformen ausprobieren. „Wir wollen schauen: Was funktioniert eigentlich gut mit Kindern“, sagt die 35-Jährige. Und ihr Mann (42) fügt hinzu: „Diesmal wollten wir Abenteuer. Deshalb ein Reisemobil.“

„Wir wollten einfach mal ausprobieren, wie es ist, minimalistisch zu reisen, nur das Nötigste dabei zu haben und zu gucken, wie weit wir damit kommen. Brauchen wir wirklich so viel, wie uns das heute vorgelebt wird, oder kommt es doch eher auf die kleinen Dinge an?“, fragt sich die gelernte Immobilienfachwirtin. Aber wie wird es werden? Was würden die Kinder dazu sagen? Paul ist vier und seine Schwester Lena gerade drei Jahre alt geworden. Und würden alle gut miteinander auskommen? Fragen über Fragen. So waren die Eltern sehr gespannt und voller Erwartungen.

Aber das Backnanger Paar hatte auch klare Vorstellungen. Beispielsweise, was das Mobil angeht. Ein „Marco Polo“ von Mercedes sollte es sein. „Wir können uns dieses Auto in naher Zukunft auch als Familienauto vorstellen“, erklärt Marius Schumann. Der Fachinformatiker, der in Lippoldsweiler aufgewachsen ist und die Max-Eyth-Realschule in Backnang besucht hat, leitet jetzt die Softwareabteilung eines Unternehmens in Pforzheim. Kennengelernt haben sich er und seine Frau bei der Arbeit in Freiburg.

Der Kinder wegen, „damit sie in der Nähe der Großeltern aufwachsen können“, wie Natalja Schumann sagt, ist die Familie vor drei Jahren nach Maubach gezogen. Und es sei doch total toll, mit so einem Van spontan am Wochenende unterwegs sein zu können. Und mit dem Urlaubsbegleiter kann man auch gut den Alltag meistern. Denn bei geschlossenem Aufstelldach bleibt die Fahrzeughöhe des kompakten Campers unter zwei Metern.

Es sollte also eine Testfahrt in doppelter Hinsicht werden, bezüglich der Urlaubsform und des Autos. Die beiden gaben gezielt die entsprechenden Suchbegriffe im Internet ein und landeten auf der Homepage von Alex Müller. Auch er lebt in Backnang, ist ein junger Familienvater und vermietet seinen „Marco Polo“, den er liebevoll „Martin“ nennt, seit zwei Jahren (siehe Infokasten „Vermieter in der Region“). „Bei der Fahrzeugübergabe hat er uns alles gut erklärt“, sagt Marius Schumann. Und seine Frau hebt lobend hervor, dass der Vermieter während der Reise, wenn mal eine Frage war, immer sofort reagiert und geantwortet habe.

Und dann ging’s endlich los. Natalja Schumann kann sich noch bestens an den Start der Reise erinnern: „Es war einfach grandios. Wir haben in den ersten Tagen alles an Wetter mitgenommen: Regen, 16 Grad, dann 25 Grad und pure Sonne – das war so überwältigend, einfach von der Natur regiert zu werden. Wenn man so zu Hause ist, kann man sich einfach vor dem Wetter verstecken. Aber wenn man in so einem Van ist, wo einfach kein Platz ist, dann kannst du dich nicht verstecken, dann bist du einfach dem Wetter ausgesetzt und musst das Beste draus machen.“

Ganz spannend war’s auch für die Kinder. In einem Reisemobil unterwegs zu sein, das kannten sie noch gar nicht. „Das hat erst mal ein, zwei Tage gedauert, bis die das Auto erkundet haben“, erinnert sich die Mutter. „Die sind dauernd nach oben ins Dach und wieder nach unten geklettert“, steuert der Vater bei. Vor der Fahrt, wie die Eltern von den Urlaubsplänen erzählten, konnten sich Paul und Lena nichts unter dem Wort Camper vorstellen. „Und dann während der Reise haben sie immer gefragt: Wo fahren wir denn hin?“ Natalja Schumann muss wieder lachen: „Wir wussten’s ja selbst nicht. Wir haben gesagt: Wir gucken mal. Wir fahren dort hin, wo’s schön ist, wo’s uns gefällt.“

Mit dem „Landvergnügen“ im Gepäck steuerte die Familie gezielt Stellplätze ländlicher Gastgeber an.

Erstes Ziel der Schumann-Reise war der Blautopf in Blaubeuren. Nach ausgiebiger Besichtigung der zweitwasserreichsten Karstquelle Deutschlands steuerte die reiselustige Familie Ravensburg in Oberschwaben an. Denn dort in der Nähe sollte ihr allererster Stellplatz zur Übernachtung sein. „Wir haben hier dieses Buch Landvergnügen“, erläutert Marius Schumann und zieht einen dicken Wälzer hervor. Dabei handelt es sich um einen Reise- und Genussführer für Campingfreunde der etwas anderen Art. Aufgeführt sind darin mehr als 800 ländliche Gastgeber aus ganz Deutschland, die maximal drei Stellplätze für jeweils maximal 24 Stunden kostenlos zur Verfügung stellen. „Das Konzept beinhaltet, dass man erst 24 Stunden vorher bei dem landwirtschaftlichen Produzenten anrufen darf. Man kann keinen Platz reservieren“, erklärt Natalja Schumann. Wer das Buch kauft, erhält eine Mitgliedskarte und eine App, in der alle Gastgeber aufgeführt sind. „Den Tipp haben wir von Freunden erhalten“, sagt der 42-Jährige, „die Ausgabe 2020 ist aber schon vergriffen.“ – „Wir hatten echt immer Glück“, sagt seine Frau, „wir haben total oft sehr, sehr freundliche Gastgeber getroffen.“

Dieser Stellplatzführer war genau das Richtige für die Abenteurer, denn: „Wir sind sehr naturverbunden und wollten uns nicht diesen Massencampingplätzen aussetzen. Und wir wollten auch nicht irgendwo sieben Tage stehen, sondern wir wollten was erleben, Orte kennenlernen...“, sagt Natalja Schumann. „...und weiterfahren, wenn das Wetter nicht gut ist“, ergänzt ihr Mann. Und sie strahlt: „Das hat sich nach Freiheit angefühlt. Wenn man morgens losfährt und man weiß nicht, wo man am Ende des Tages bleibt, das war schon aufregend.“

Dann ging’s weiter zum Bodensee und nach Lindau. Denn im Vorfeld hatten sich die jungen Eltern schon grob einige Reiseziele überlegt. Am See sollten die Kinder am Ufer auch mal sandeln können. Aber da hat es dann geschüttet. „Eigentlich war’s cool, wie wir da am See standen, und da kam’s heruntergeregnet, und wir haben uns einen kleinen Baum gesucht, wo wir geschützt waren. Wir haben da unser Vesper gemacht und die Kinder freuten sich, weil alles an den Seiten herunterregnet.“ Beim Erzählen muss die 35-Jährige wieder lachen. „Da hat man wieder gemerkt, wie klein man eigentlich als Mensch ist, wenn die Natur einen plötzlich überfällt.“

Für die junge Familie war auch klar, dass Wandern zum Urlaub gehört. Also ab in die Berge. Der Camper bog nach links ab, Ziel war nun das Allgäu. Dort hatten die Urlauber einen Stellplatz bei einem Milchbauern ausgemacht. „Das war lustig, auf den Berg hochzufahren, links und rechts die Kühe, und überall hörte man die Kuhglocken. Und von unserem Platz aus hatten wir einen traumhaften Blick hinunter ins Tal“, sagt Marius Schumann. „Und dann kam auch der Milchwagen. Die Kinder haben mal erlebt, woher die Milch kommt und wo sie hingeht“, ergänzt seine Frau. Toll sei auch gewesen, dass man überall auch die landwirtschaftlichen Produkte direkt vom Erzeuger hat kaufen können. „Die Kinder haben für uns dann die Eier geholt und unsere Essensreste an die Schweine verfüttert.“ Sie haben eine Welt kennengelernt, die sie vorher so nicht kannten.

„Bis wir morgens den ersten Kaffee hatten, war immer erst mal ne halbe Stunde vergangen.“

Immer wenn die Familie an einem Stellplatz für die Nacht angekommen war, begannen die Umbauarbeiten. Oben im Aufstelldach hat ein Elternteil mit einem Kind geschlafen – meistens der Papa – und unten auf der zum Bett umgebauten Sitzgruppe die anderen beiden. Da mussten vorher die Kleider und andere Sachen raus. Alles kam in eine große und wasserdichte Alubox. „Wir haben das Leben, das wir haben, den Komfort, neu wertgeschätzt. Man drückt aufs Knöpfchen und die Waschmaschine läuft los, oder die Kaffeemaschine. Wir mussten im Urlaub morgens nach dem Aufstehen erst mal aus dem Auto raus, Gaskocher an, dann wird Kaffee gekocht und Milch warm gemacht, und die Betten zusammenklappen – bis wir den ersten Kaffee hatten, war ne halbe Stunde vergangen“, schmunzelt die Hausfrau und Mutter. Und sie freut sich über ihre Kinder, denn die hätten jedesmal mit großem Spaß den Abwasch erledigt. Was sich während der Reise als lohnende Investition herausgestellt hat, ist ein etwa 1,90 Meter hohes Wurfzelt. „Da haben wir nachts unsere Sachen hineingestellt und wir haben es als Ankleidezelt benutzt oder halt als Toilettenzelt“, sagt der Familienvater.

Jede Reise geht mal zu Ende. „Als wir zurückgekommen sind, wollten die Kinder gar nicht mehr aus dem Van heraus, die wollten dort noch mal übernachten. Das Fazit der Premiere fällt mehr als positiv aus. So gut, dass die Schumanns gleich wieder gebucht haben. Im kommenden Monat geht’s wieder mit dem Camper für anderthalb Wochen auf Tour.

Natalja Schumann will ihre Erlebnisse in einem Fotobuch festhalten. Und ihren neuen Instagram-Account (@GeliebtGehoertGesehen) möchte sie jetzt auch noch mit Leben füllen.

Natalja Schumann will ihre Erlebnisse in einem Fotobuch festhalten. Und ihren neuen Instagram-Account (@GeliebtGehoertGesehen) möchte sie jetzt auch noch mit Leben füllen.

Zu viert allein
im mobilen Heim
Zu viert allein
im mobilen Heim
Für Paul und Lena waren die spannenden und entspannten Urlaubstage eine tolle Erfahrung. Sie haben kein Spielzeug von zu Hause mitgenommen. Alles zum Spielen haben sie unterwegs gefunden.

Für Paul und Lena waren die spannenden und entspannten Urlaubstage eine tolle Erfahrung. Sie haben kein Spielzeug von zu Hause mitgenommen. Alles zum Spielen haben sie unterwegs gefunden.

Vermieter in der Region

Alex Müller und seine Frau Lena aus Backnang haben zwei Reisemobile in der Vermietung. Die beiden mobilen Heime auf Basis des kompakten Mercedes „Marco Polo Edition“ und des großzügigen Adria Matrix 600SL bieten bis zu vier Schlafplätze. Der Camper ist zwei Jahre alt, der Adria ganz neu. Letzterer bietet jetzt mit zwei Kindern mehr Platz und auf Wintercamping muss nicht verzichtet werden. Preise: 99 bis 139 Euro, je nach Wagen und Saison.

Telefon: 0176/21865107,

E-Mail: info@alex-reisemobile.de

Der Fellbacher Caravaningmarkt hat rund 20 Wohnwagen und 10 Wohnmobile in der Vermietung. Preise: 90 bis 170 Euro.

Telefon: 0711/9065805-0, E-Mail:

info@fellbacher-caravaningmarkt.de

Mi-Mobile in der Bahnhofstraße 50 in Remshalden-Grunbach verfügt über rund 50 Mobile in der Vermietung. Preise: 99 bis 139 Euro, je nach Wagen und Saison. Telefon: 07151/9739-0, E-Mail: info@mi-mobile.de

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Erstellt:
29. August 2020, 06:00 Uhr

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