Zum Geburtstag einen Thermomix statt Sexspielzeug

Kabarettistin Angelika Beier beschäftigt sich im Rentamtskeller beim Programm „Durchboxen statt Botoxen“ mit dem Älterwerden

Angelika Beier teilte kräftig aus, zum Teil auch ziemlich unter der Gürtellinie. Mit ihrer urkomischen Mimik erntete sie herzhafte Lacher. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Angelika Beier teilte kräftig aus, zum Teil auch ziemlich unter der Gürtellinie. Mit ihrer urkomischen Mimik erntete sie herzhafte Lacher. Foto: A. Becher

Von Claudia Ackermann

OPPENWEILER. Das Älterwerden ist bei Kabarettistinnen mit langjähriger Bühnenerfahrung immer ein beliebtes Thema. Angelika Beier lässt auch den Bereich Sex nicht zu kurz kommen in ihrem Programm „Durchboxen statt Botoxen“, das sie im Rentamtskeller präsentierte.

Schwungvoll, mit roten Boxhandschuhen, betritt die Münchner Kabarettistin die Bühne und sucht sich erst mal ein „Opfer“ in der ersten Reihe aus. Alfonso heißt der Auserwählte, der von nun an immer wieder in ihr Programm einbezogen wird. Als erstes muss er ihr den sperrigen Handschutz ausziehen. „Hinfallen. Aufstehen. Mundabputzen. Weitermachen“ habe sie beim Boxsport gelernt.

In der Rolle der „alten Schachtel“ Fanny kommt sie auf das Thema Erotik zu sprechen: „Essen ist der Sex des Alters.“ Früher habe sie Sexspielzeug zum Geburtstag geschenkt bekommen, heute einen Thermomix. „Statt heißer Kissenschlacht im Bett, gibt´s Küchenschlacht im TV.“ Das Publikum schmunzelt. Doch dann zeigt die Kabarettistin, dass noch mehr in ihr steckt. Zur Hintergrundmusik von „Je t´aime“ räkelt sie sich auf einer Bank, die auf der Bühne steht, und macht ihr Lied über Kulinarisches, wie Entenbrüstchen und jungem, spritzigem Weißwein zur erotischen Nummer. Und das so überzogen und mit urkomischer Mimik, dass sie herzhafte Lacher erntet.

Beier schlüpft in verschiedene Rollen. Mit Lockenperücke und kariertem Hemd erscheint sie als Gisa aus Giesing, einem Stadtteil von München, und plaudert vom Einfluss des Buches „Shades of Grey“ auf ihr Sexleben mit Willi. Praktiken mit Handschellen klappen nicht auf Anhieb, und so ist schon mal die Befreiung durch die Feuerwehr gefragt. In der Rolle als Fanny stellt sie fest, dass man ab einem gewissen Alter das Spieglein an der Wand lieber nicht mehr befragen sollte. Man könnte ehrliche Antworten bekommen. Bei einer „Konifere im Bereich Schönheit“ lässt sie sich „faltenfrei und glattgezurrt“ machen und mutiert zum runderneuerten Zombie.

Als Russin im sexy Outfit erzählt und singt die Kabarettistin von ihrer körperlichen „Komplettrenovierung“ mit einem Nabel aus Shanghai und Brüsten aus Bogota. Mit frischen Zellen sei sie ausgiebig „gedüngt“. Dann geht es als Tante Else mit grauer Perücke auf die Suche nach einem Callboy im Internet. Die Preise für den jungen Chris sind nach Alter der Kundin gestaffelt. Für 60-Jährige gibt es kein Preisangebot mehr. Worauf sie sich im T-Shirt mit Tigermuster singend am Verfall der Sitten erfreut, wobei es ziemlich unter die Gürtellinie geht.

Mit Wollmütze entführt Angelika Beier das Publikum in die Höhen des Himalajas, wo sie es im Lotussitz dazu bringt, mit ihr die Silbe „om“ zu rufen. Es geht um Tantra-Sex und Lichtsex. Bei letzterem habe sie jedoch den Schalter nicht gefunden. Wirklich komisch wird es dann bei einem Ausflug in die Mongolei, wo sie von einer Liaison mit dem Nomaden Hurga erzählt und ihn mit tiefer, krächzender Stimme und vollem Körpereinsatz mimt.

Ein „Rampensau-Syndrom“ sei ihr vom Arzt diagnostiziert worden, erzählt die Kabarettistin. Sie spricht vom Lampenfieber, der Angst, ihre Witze könnten nicht funktionieren oder dem Alptraum, vor einer „humorlosen Meute“ zu stehen. Ganz unbegründet scheinen diese Ängste nicht zu sein. Aus solchen Gedanken könne sie nur ihr Motivationstrainer befreien. Das übt sie sogleich auch mit dem Publikum: „Ich will, ich kann, ich tu´s“ singt eine Hälfte der Besucher im Rentamtskeller. Die andere Seite stimmt ein mit: „Wi-ka-tu“. So endet der Abend schließlich in motivierter Stimmung.

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Erstellt:
11. November 2019, 16:00 Uhr

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