Zwei Wirtschaftskammern verhandeln auf Englisch

dpa/lsw Stuttgart. Für internationale Wirtschaftsstreitigkeiten stehen nun an den Landgerichten in Stuttgart und Mannheim spezielle Zivilkammern („Commercial Court“) zur Verfügung. Dies sei die Antwort auf die Frage, wie in Zukunft komplexe wirtschaftsrechtliche Rechtsstreitigkeiten auf fachlich höchstem Niveau schnell und effizient einer Lösung zugeführt würden, sagte Justizminister Guido Wolf (CDU) am Montag in Stuttgart. „Der Commercial Court ist konkret auf die Besonderheiten und Bedürfnisse großer, auch internationaler, Wirtschaftsstreitverfahren zugeschnitten.“ Ähnliche Angebote gibt es in Paris, Amsterdam und Singapur.

Eine Statue der Justita hält eine Waage in der Hand. Foto: Stefan Puchner/dpa/Symbolbild

Eine Statue der Justita hält eine Waage in der Hand. Foto: Stefan Puchner/dpa/Symbolbild

Bei den neuen Kammern sollen unter anderem gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, wie beispielsweise im Zusammenhang mit dem Kauf von Unternehmen oder Unternehmensanteilen oder Streitigkeiten über Handelsgeschäfte mit einem Streitwert ab 2 Millionen Euro verhandelt werden.

Verhandelt werden kann gleichfalls in englischer Sprache. Das lässt eine Ausnahme im Gerichtsverfassungsgesetz zu. Aber insbesondere Schriftsätze, Protokolle und Entscheidungen müssen zwingend in Deutsch ausgefertigt werden. Das Justizministerium will vor allem der bei Großunternehmen für Streitigkeiten oft vereinbarten Schiedsgerichtsbarkeit etwas entgegensetzen: Es setzt auf die im Grundgesetz garantierte richterliche Unabhängigkeit.

Für den Fall, dass die zweite Instanz angerufen wird, ist laut Mitteilung bei den Oberlandesgerichten in Stuttgart und Karlsruhe ein Rechtsmittelsenat eingerichtet, der entsprechende Vorteile bietet wie die erste Instanz. OLG-Präsidentin Cornelia Horz sagte: „In einigen Bereichen des Wirtschaftsrechts findet aktuell in Deutschland kaum noch Rechtsfortbildung statt, weil Verfahren seltener vor staatliche Gerichte gebracht werden.“

Die Vizepräsidentin des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK), Marjoke Breuning, sagte, längst gebe es einen internationalen Wettbewerb um effiziente Streitbeilegung gerade in großen Wirtschaftsverfahren. „Dem stellen sich der Gerichtstandort Deutschland und die deutsche Justiz mit der heutigen Eröffnung des ersten deutschen Commercial Court.“

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Erstellt:
9. November 2020, 02:04 Uhr

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