Nabu vergibt Negativ-Preis
Zweifelhafte Ehrung für Landwirtschaftsminister Hauk
Die Umweltschutzorganisation Nabu vergibt den „Dinosaurier des Jahres“ an die CDU/CSU-Agrarminister. Grund: Sie fordern, das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur zurückzunehmen.
© IMAGO/Eibner
Stellvertretend nahm Peter Hauk die Auszeichnung für alle CDU/CSU-Agrarminister entgegen.
Von Knut Krohn
Über diesen Preis dürfte sich Peter Hauk nicht freuen. Die Umweltschutzorganisation Nabu hat Baden-Württembergs Agrarminister mit ihrem Negativpreis „Dinosaurier des Jahres“ ausgezeichnet. Diese zweifelhafte Ehre wird ihm stellvertretend für alle Unions-Agrarminister des Landes zuteil, denn die wollen, dass ein umstrittenes EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur zurückgenommen wird.
Die Verordnung (Nature Restoration Law) sieht eine Renaturierung geschädigter Lebensräume an Land und im Meer vor. Nach offiziellen Angaben sind rund 80 Prozent der Lebensräume in der Europäischen Union in einem schlechten Zustand. 10 Prozent der Bienen- und Schmetterlingsarten sind vom Aussterben bedroht und 70 Prozent der Böden in einer schlechten Verfassung.
Ökosysteme wie Meere und Moore
Das Moor ist nicht monetarisierbar
Das Gesetz war im Juni 2024 verabschiedet worden und verpflichtet die EU-Länder, bis 2030 mindestens je 20 Prozent der geschädigten Flächen und Meeresgebiete wiederherzustellen und bis 2050 alle bedrohten Ökosysteme zu renaturieren. Die Landwirtschaftsminister von CDU und CSU sehen durch die Vorgaben aber die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft „unverhältnismäßig gefährdet“.
Konkret befürchten Landwirte den Verlust von wirtschaftlich genutzten Flächen. Ein Dorn im Auge ist ihnen etwa die geforderte Wiedervernässung von trockengelegten Mooren, die wieder als CO2-Speicher dienen sollen. Diese Flächen eignen sich allerdings nicht mehr für den Getreideanbau und traditionelle Grünlandbewirtschaftung. Für neue Bewirtschaftungsformen von Mooren gibt es aber noch keine Wertschöpfungsketten, die den Landwirten Einkommen sichern. Deshalb schickten die Minister von Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen im Sommer einen mahnenden Brief an die EU-Kommission, das Gesetz zurückzunehmen.
Durch das Vorpreschen der Landesminister sehen sich Umweltschützer in ihren Befürchtungen bestätigt, dass unter dem Deckmantel der Vereinfachung von Verordnungen und des Bürokratieabbaus der Naturschutz ausgehöhlt werden soll. „Die Wiederherstellung zerstörter Natur ist eine Investition in unsere Zukunft“, betonte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger angesichts der Verleihung des „Dinosauriers“. Das Gesetz war umstritten und 2024 in der EU unter allergrößten Wehen beschlossen worden. Über Monate liefen die Landwirte dagegen Sturm.
Nehammer kontra Gewessler
Wiener Kompetenzscharrn
Beeindruckt von dem Widerstand, wackelte die Mehrheit im Rat in Brüssel, der Vertretung der EU-Staaten. Der ausgehandelte Kompromiss mit dem EU-Parlament stand nun auf der Kippe. Möglich machte die Einigung auf das Gesetz erst ein Kurswechsel Österreichs, dem ein bizarrer politischer Streit in Wien folgte. Entgegen der Regierungslinie verkündete die damalige Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) kurz vor der Abstimmung, dass sie dem umstrittenen Gesetz zustimmen werde.
Damit ging sie auf Konfrontationskurs mit ihrem konservativen Koalitionspartner ÖVP. Österreichs damaliger Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) schickte daraufhin einen Brief an die EU-Ratspräsidentschaft, dass seine Umweltministerin in diesem Fall nach den EU-Verträgen nicht befugt sei, Österreich zu vertreten. Aus diesem Grund werde er eine Nichtigkeitsklage beim EuGH einreichen, drohte Nehammer. Seine Ministerin Gewessler betonte allerdings, sie habe den Schritt im Vorfeld geprüft und ihre Zustimmung sei juristisch abgesichert. Beide wurde dann aber von der politischen Entwicklung eingeholt und der erbitterte Streit verlief im Sande. Kanzler Nehammer und auch die Umweltministerin Gewessler sind nach den österreichischen Parlamentswahlen Ende 2024 und einer turbulenten Regierungsbildung inzwischen nicht mehr im Amt. Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur hat das Wiener Durcheinander aber unbeschadet überstanden.
