Zweiter Akt mit klarer Rollenverteilung

Nachdem Maximilian Friedrich den Sieg im ersten Wahlgang knapp verpasst hat, fällt heute die Entscheidung über den künftigen Backnanger Oberbürgermeister. Unsere Zeitung berichtet ab 18 Uhr in einem Liveticker auf www.bkz.de.

Der Stimmzettel ist diesmal etwas kürzer: Statt acht Kandidaten stellen sich nur noch fünf zur Wahl. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Der Stimmzettel ist diesmal etwas kürzer: Statt acht Kandidaten stellen sich nur noch fünf zur Wahl. Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Hätte Maximilian Friedrich vor zwei Wochen 136 Stimmen mehr bekommen, stünde er heute bereits als künftiger Oberbürgermeister fest. So jedoch beginnt heute wieder alles bei null: Rund 28000 Backnangerinnen und Backnanger haben erneut die Wahl.

Das Kandidatenfeld hat sich seit dem ersten Wahlgang ein wenig gelichtet: Stefan Neumann, Julia Papadopoulos und Marco Schlich treten nicht wieder an. Die verbliebenen fünf Bewerber haben ihren Wahlkampf in den vergangenen zwei Wochen mit unterschiedlicher Intensität fortgesetzt. Anders als vor 14 Tagen sind die Rollen diesmal allerdings klar verteilt: Maximilian Friedrich geht als großer Favorit ins Rennen. Immerhin holte er im ersten Wahlgang mehr als doppelt so viele Stimmen wie seine vier Mitbewerber zusammen.

Für den Berglener Bürgermeister war das allerdings kein Grund, um einen Gang zurückzuschalten. „Ich habe meinen Wahlkampf mit unverminderter Intensität fortgesetzt“, erklärt der Führende. Auch gestern wollte er noch einmal seinen Infostand auf dem Wochenmarkt aufbauen. Die 49,48 Prozent aus dem ersten Wahlgang seien zwar ein gutes Ergebnis, erklärt Friedrich, es bedeute aber auch, dass er etwas mehr als die Hälfte der Wähler noch nicht von sich überzeugen konnte. Obwohl heute die einfache Mehrheit zum Sieg genügt, würde Friedrich sein Ergebnis deshalb gerne noch ausbauen. „Ich kämpfe weiter um jede Stimme“, erklärt der 34-Jährige.

Seine Konkurrenten haben die Flinte aber noch nicht ins Korn geworfen: „Noch sind alle Türen offen“, sagt Jörg Bauer, der vor zwei Wochen 11,23 Prozent der Stimmen holte. Nachdem er am Tag nach der Wahl kurz an einen Rückzug gedacht hatte, ist der 51-Jährige jetzt wieder voll motiviert. Vor dem zweiten Wahlgang hat er noch einmal viel Zeit und auch Geld in den Wahlkampf investiert – unter anderem in eine Anzeigenkampagne und 13000 Flyer. Der Bauunternehmer und Stadtrat wirbt um Stimmen für die „bürgerliche Mitte“. Genau dort sieht sich allerdings auch Friedrich verortet, der keiner Partei angehört, aber unter anderem Wunschkandidat der Backnanger Grünen ist.

Die drei weiteren Kandidaten, die im ersten Durchgang einstellig blieben, beurteilen ihre Chancen realistisch. Er hoffe, dass er zumindest von den Stimmen, die durch den Rückzug der drei Bewerber frei geworden sind, möglichst viele gewinnen könne, sagt Stefan Braun, der von seinen 5,65 Prozent im ersten Wahlgang bitter enttäuscht war. Roland Stümke, der vor zwei Wochen auf 2,57 Prozent kam, definiert kein persönliches Ziel und blickt, unabhängig vom Ergebnis, zufrieden auf den Wahlkampf zurück: „Ich habe viele nette Menschen kennengelernt und sogar neue Freunde gewonnen.“ Auch Andreas Brunold sagt, der Wahlkampf habe ihm zuletzt immer mehr Spaß gemacht. Übertriebene Erwartungen habe er nicht. „Eine Verbesserung meines Ergebnisses aus dem ersten Wahlgang wäre für mich ein Erfolg“, sagt der Professor, der vor zwei Wochen 2,04 Prozent der Stimmen erhielt.

Einen Wunsch haben alle fünf Bewerber gemeinsam: dass möglichst viele Backnanger wählen gehen. „Eine hohe Wahlbeteiligung gibt dem künftigen Oberbürgermeister Rückenwind in der Startphase“, sagt Maximilian Friedrich. Jörg Bauer hält es gar für eine Pflicht für jeden Bürger, zur Wahl zu gehen: „Wer nicht wählen geht, darf hinterher auch nicht schimpfen.“ Vor zwei Wochen lag die Wahlbeteiligung bei 55 Prozent, allerdings fand damals gleichzeitig die Landtagswahl statt. Ob ein solcher Wert noch einmal erreicht werden kann, scheint daher fraglich.

Immerhin ist die Zahl der Briefwahlanträge gestiegen: 7238 sind bis vorgestern Mittag im Rathaus eingegangen, rund 200 mehr als vor zwei Wochen. Ursprünglich hatte man bei der Stadt allerdings noch deutlich mehr erwartet: „Wegen der Coronapandemie hatten wir mit einem Briefwahlanteil von bis zu 80 Prozent gerechnet“, sagt Hauptamtsleiter Timo Mäule. Tatsächlich wählten vor zwei Wochen aber nur 40 Prozent per Brief.

Weil die Zahl der Wahllokale zugunsten zusätzlicher Briefwahlbezirke reduziert worden war, bildeten sich vor einigen zeitweise lange Schlangen. Damit das heute nicht wieder passiert, werde man dort, wo es räumlich möglich ist, die Zahl der Wahlkabinen erhöhen und auch zusätzliches Personal einsetzen, verspricht Mäule. Weil die OB-Wahl diesmal die einzige Wahl ist, soll das Ergebnis deutlich früher vorliegen als vor 14 Tagen. Mäule geht davon aus, dass die Auszählung bis gegen 19 Uhr beendet ist. Die Verkündung des Ergebnisses durch Ersten Bürgermeister Siegfried Janocha wird wieder in einem Livestream auf der städtischen Homepage übertragen. Aktuelle Zwischenergebnisse und Reaktionen zur OB-Wahl gibt es ab 18 Uhr im Liveticker unserer Zeitung auf www.bkz.de.

Für den zweiten Wahlgang der OB-Wahl hat die Stadt Backnang keine neuen Wahlbenachrichtigungen verschickt. Die Benachrichtigung vom ersten Wahlgang gilt auch heute. Wer diese nicht mehr hat, kann sich auch mit seinem Personalausweis im Wahllokal ausweisen. Das Wahlamt der Stadt Backnang ist telefonisch unter 07191/894-220 oder per E-Mail unter organisation@backnang.de zu erreichen und steht für Fragen zur Verfügung.

Zweiter Akt mit klarer Rollenverteilung
Coronaverstöße bei Podiumsdiskussion?

Präsenzveranstaltungen mit den OB-Kandidaten waren in diesem Wahlkampf rar. Die meisten Diskussionsrunden fanden digital statt, beim Wahlpodium der BKZ wurden die Kandidaten nacheinander interviewt.

Nur zweimal trafen die Bewerber direkt aufeinander. Vor dem ersten Wahlgang gab es ein „Kandidatengrillen“, das vom Stadtmarketing, dem BDS-Gewerbeverein und dem Industrieverein organisiert wurde, vor dem zweiten Wahlgang nahmen die fünf verbliebenen Kandidaten an „Mikas Talkrunde“ im Vereinsheim des SV Steinbach teil.

Diese Podiumsdiskussion, die von den Betreibern der Website meinbacknang.de organisiert wurde, könnte für die Veranstalter allerdings noch ein Nachspiel haben. Denn im Gegensatz zum „Kandidatengrillen“ gab es hier kein vom Ordnungsamt genehmigtes Hygienekonzept. Wie Amtsleiterin Gisela Blumer auf Anfrage bestätigt, ermittelt die Behörde deshalb wegen eines möglichen Verstoßes gegen die Coronaverordnung.

Konkret geht es um die Frage, ob Abstände sowie weitere Hygienemaßnahmen eingehalten wurden. In einem YouTube-Video sieht man, wie die fünf Kandidaten und der Moderator ohne Mund-Nasen-Bedeckung in einem relativ kleinen Raum beieinanderstehen und abwechselnd in dasselbe Mikrofon sprechen, das weder einen Spuckschutz hat noch zwischendurch desinfiziert wird. „Da gibt es Klärungsbedarf“, sagt Blumer und will nun auf die Veranstalter zugehen. „Ob wir es bei einer Ermahnung belassen oder ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten, werden wir sehen“, so Blumer.

Organisatorin Claudia Fischer räumt ein, dass sie vergessen habe, das Ordnungsamt vorher zu informieren. Allerdings habe man vor Ort auf ausreichende Abstände geachtet, auch Desinfektionsmittel habe bereitgestanden und die Teilnehmer hätten erst unmittelbar vor der Aufzeichnung ihre Masken abgenommen. Das bestätigen auch die Kandidaten. „Ich habe mich nicht unsicher gefühlt“, sagt etwa Maximilian Friedrich.

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Erstellt:
27. März 2021, 06:00 Uhr

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