Alles rosa

Alles rosa

Im Zuge einer konstruktiven Nachwuchsarbeit, hat neulich ein Verantwortlicher des VfB Stuttgart stolz erzählt, dürfen Jugendspieler keine langen Haare tragen. Schön, wenn man sonst keine Sorgen hat. Allerdings gibt es da dieses hundsgemeine Cartoon, das – was die Sorgen betrifft – eine ganz andere VfB-Geschichte erzählt: Zu sehen ist der Weihnachtsmann mit rotem Mantel und rot-weißer Mütze. Er stapft durch den Tiefschnee, um seinen Rentieren Futter zu bringen. Aber die lachen ihn nur aus und rufen: „Loser! Absteiger! Gurkentruppe!“ Genervt antwortet der Weihnachtsmann: „Ich sag’s zum letzten Mal: Ich bin nicht beim VfB!“

Ja, die Farbkombination Weiß-Rot steht im Fußballuniversum derzeit nicht gerade für den totalen Erfolg. Aber eines muss man dem VfB lassen: Er steht zu seinen Farben. Am Samstag gab es zwar ein hilfloses 1:3 gegen Schalke, aber die VfB-Retro-Aufmachung aus den 20er Jahren hatte Stil. Und sie leuchtete weiß-rot. Hat nichts geholfen, war aber schön. Denn mal ehrlich: Auswärtsspiele des FC Barcelona kann man sich ja nicht mehr anschauen. Barça spielt da in – Rosa! Vom Hemd bis zu den Socken. Nur Rosa. Ein fürchterlicher Anblick, der körperliche Schmerzen verursacht. Als Spieler musst du da doch was sagen und deine Menschenrechte einklagen. Passiert aber nicht. Vermutlich hat Barcelona im Keller des Vereinsheims tonnenweise dieses rosa Zeug rumliegen und will es im Weihnachtsgeschäft unbedingt an seine Fans verscherbeln. Der Teufel trägt Prada. Und Barça Rosa.

Und es wird noch schlimmer. Neulich in der Champions League spielte Hoffenheim bei ManCity – in rosa Socken. Und Torwart Oliver Baumann: ganz in Rosa! Kein Wunder, dass sie verloren haben. Wo soll das noch hinführen, wenn solche Barça-Beispiele Schule bis in die tiefste Provinz nach Sinsheim machen? Sogar die Mannschaft von Juventus Turin – eigentlich die Bianconeri (die Weiß-Schwarzen) – hat vor Jahren schon in erschreckender Weise mit dem Rosa experimentiert, bis ein findiger Marketing-Manager entschlossen die Rote (nein, nicht die Rosa) Karte zeigte. Er verpasste dem Club den weltläufigen Slogan: „Life is a matter of Black and White“. Das klingt natürlich erst einmal besser als das bayerisch-dusselige „Mir san mir“, und außerdem haben es die Turiner jetzt schwarz auf weiß: Mit Rosa geht da gar nichts mehr.

Wenn wir schon bei den Bayern sind: Mal abgesehen von Uli Hoeneß präsentieren die Münchner ja auch immer gern mal etwas Neues. Zum Beispiel ihr Auswärtstrikot. Ein elegantes Grau. Sehr chic. Extrem cool. Cooler, als dieser Verein jemals sein wird, weswegen sich der modebewusste Fußballkonsument durchaus die Frage stellt, ob diese beeindruckende Farbe überhaupt zu den Bayern passt.

Sobald es um Geschmack geht, wird es kompliziert. Das erleben wir doch immer wieder, gerade wenn wir Klamotten einkaufen. Alles, was über den Erwerb einer mitteleuropäischen Jeans, die in irgendeinem asiatischen Land zusammengeflickt wurde, hinausgeht, stellt uns Männer vor nahezu unlösbare Aufgaben. Fußballer tun sich bei ihrer Berufskleidung offenbar genauso schwer. Aber warum lassen sie es dann nicht einfach, wie es ist? Es gibt doch so schöne Beispiele: Inter Mailand wird noch Blau-Schwarz tragen, wenn schon die ersten Menschen auf dem Mars angekommen sind. Dortmund spielt in Gelb mit ein bisschen Schwarz. Real Madrid zaubert nur an guten Tagen, getragen wird dazu immer ein schlichtes, geschmacksfreies Weiß.

Und der VfB kickt vorbildlich in seinem Weiß und Rot. Zumindest versucht er es. Sagen Sie übrigens um Himmels willen niemals Rot-Weiß. Dass viele Menschen und Rentiere Weiß-Rot und Rot-Weiß für dasselbe halten, ist ja das Pech des Weihnachtsmanns. Aber wenn er einen rosa Mantel anzieht, will kein Kind mehr ein Geschenk von ihm. Also zwängt er sich lieber in seine rot-weiße Robe. Die VfB-Witze muss er eben aushalten.

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Erstellt:
24. Dezember 2018, 03:14 Uhr

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