Bloß nicht Sofa-Meister werden: Bayern will „Sack zumachen“

dpa München. Eine fade Meisterkür wie vor fünf Jahren will der FC Bayern in der ohnehin stimmungsgetrübten Corona-Saison nicht wieder erleben. Mit den Rückkehrern Müller und Lewandowski soll der Titel in Bremen fix gemacht werden. Auf ein Ritual verzichtet Hansi Flick gerne.

Mit einem Sieg bei Werder Bremen will Trainer Hansi Flick mit dem FC Bayern sein erstes Meisterstück perfekt machen. Foto: Matthias Balk/dpa

Mit einem Sieg bei Werder Bremen will Trainer Hansi Flick mit dem FC Bayern sein erstes Meisterstück perfekt machen. Foto: Matthias Balk/dpa

Die Titelkür ohne Weißbierdusche stört Hansi Flick herzlich wenig. Im Gegenteil.

Als der 55-Jährige vor seinem ersten Meisterstück als Trainer nach dem obligatorischen und wegen der Corona-Krise nicht vorgesehenen Feierritual beim FC Bayern München befragt wurde, lächelte er. „Ich glaube, ich wäre schon froh, wenn es die nicht gäbe - absolut“, sagte Flick dann. Über die nahende Titelparty, das versicherte der große Aufsteiger einer denkwürdigen Fußball-Saison, mache er sich ohnehin weiterhin keine Gedanken.

Flick will den achten Münchner Meistertitel am Stück und den 30. insgesamt am Dienstag (20.30 Uhr/Sky) auswärts gegen den SV Werder Bremen fix machen. Ein Sieg bei der kniffligen Prüfung gegen die abstiegsbedrohten Hanseaten würde alle Rechnereien und den Blick auf Borussia Dortmund hinfällig werden lassen. „Wir wollen das Ding nach Hause fahren“, sagte Leon Goretzka, der beim jüngsten 2:1-Arbeitssieg gegen Mönchengladbach der späte Matchwinner gewesen war.

Weniger stimmungsvoll als üblich wird die Meisterschaft in dieser komplizierten Corona-Saison allemal sein, das wird sich auch bei den Schmalspur-Feierlichkeiten zeigen. Als Geister-Meister soll aber wenigstens auf dem Rasen gefeiert werden - und nicht wie vor fünf Jahren in den eigenen Villen und Luxus-Wohnungen: Damals gewannen die Bayern 1:0 gegen Hertha BSC. Und einen Tag später gab's nach dem Wolfsburger 0:1 in Gladbach dann den Vollzug ohne jeglichen Glamour beim TV-Abend. „Wir wollen die Meisterschaft so schnell wie möglich eintüten“, sagte Nationalspieler Joshua Kimmich.

Der heftige Wirbel um Thomas Müllers Aussagen zu Finanzen und Transfers soll an der Weser keine Rolle mehr spielen. Der Vize-Kapitän fühlte sich fehlinterpretiert. Vor seiner Rückkehr in die Bayern-Elf an der Weser kündigte der 30-Jährige an, dass er „nicht mehr über Transfers“ sprechen wolle. Vielmehr wolle man „diesen Lauf“ fortsetzen, sagte Müller. Zehn Liga-Siege am Stück lautet die jüngste, imposante Ausbeute.

Flick freut sich, dass die zuletzt gelb-gesperrten Müller und Robert Lewandowski wieder auflaufen werden. „Das sind Spieler, die eine sehr gute Quote habe. Ich glaube, beiden hat die Pause gut getan.“ Fraglich war am Montag das Mitwirken von Mittelfeldspieler Javi Martínez wegen Magen-Darm-Problemen. Angeschlagen mussten auch Ivan Perisic und Youngster Joshua Zirkzee kürzertreten.

Flick, früherer Weltmeister-Assistent von Joachim Löw, steht vor seinem ersten Titel als Cheftrainer. Vier Meisterschaften bejubelte er als Bayern-Profi. „In meinem ersten Jahr habe ich nicht allzu viele Spiele gehabt. Man freut sich schon wahnsinnig, dass man die erste deutsche Meisterschaft geholt hat“, blickte er dieser Tage zurück. „Aber wenn man richtig dabei ist und mehr gespielt hat, ist das ein bisschen was anderes. Die nächsten Meisterschaften sind eine Sache, die man nicht so schnell vergisst.“

Während die Bayern Double- und Triple-Hoffnungen hegen dürfen, kämpft Werder als einstiger und kurzzeitiger Konkurrent auf Augenhöhe um den Klassenerhalt. „Wir müssen versuchen, den Bayern irgendwie die Meisterfeier zu versauen“, sagte Stürmer Niclas Füllkrug. Ein Überraschungs-Coup würde schlagartig die Chancen der Hanseaten vergrößern, nicht nur den Relegationsrang, sondern gar die direkte Rettung erreichen zu können. „Es gibt keine Geschenke zu verteilen. Wir wollen einfach unser Ziel einfahren“, sagte Flick.

Und die nächsten Ziele folgen. Das Pokalfinale steht am 4. Juli in Berlin gegen Bayer Leverkusen an. Um den Henkelpott der Champions League, in der die Münchner nach dem 3:0 gegen den FC Chelsea im Achtelfinal-Hinspiel auf Kurs Viertelfinale sind, wird wohl erst im August gekämpft. „Wir wollen Meister werden, und wenn wir das Ziel erreicht haben, werden wir versuchen, das regelkonform zu feiern. Das gehört dazu.“ Im Erfolgsfall werde er nicht „14 Tage mit den Händen oben jubelnd durch die Gegend laufen“, kündigte Flick an. Der Fokus richte sich dann schnell wieder auf das nächste sportliche Ziel.

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Erstellt:
15. Juni 2020, 12:29 Uhr

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