Bayerns Transfercoup: BVB-Attacke mit Coutinho abwehren

dpa München. Nach dem Kleckerstart gegen Hertha klotzen die Bayern. Mit dem XXL-Transfer von Barças Millionen-Kicker Coutinho löst sich der Transferstau auf. Bosse und Spieler heißen die neue Attraktion der Bundesliga willkommen. Schwerstarbeit erwartet den Trainer.

Philippe Coutinho im Trikot der brasilianischen Nationalmannschaft. Foto: Federico Gambarini

Philippe Coutinho im Trikot der brasilianischen Nationalmannschaft. Foto: Federico Gambarini

Spätestens Borussias Dortmunds Knallstart in die Saison stimmte die Bayern-Bosse noch seliger über den Transfercoup mit dem „kleinen Magier“. Aufgeregt wurde in München die Ankunft von Philippe Coutinho aus Barcelona begleitet.

Als erstes ließ sich der neue Super-Held der Fußball-Bundesliga im roten T-Shirt zum Medizincheck chauffieren. Mit dem Millionen-Kicker von Barça will der Dauermeister aber nicht nur die große BVB-Attacke parieren, sondern auch verlorenen Champions-League-Glanz wiedergewinnen.

„Das ist ein Topspieler! Und solche Spieler können in der Saison den Unterschied ausmachen, ob du etwas gewinnst oder nicht“, sagte Robert Lewandowski: „Wir sind sehr zufrieden.“ Der Torjäger hatte unruhig auf das Ende des Münchner Transferstaus gewartet, der sich mit den namhaften Leihspielern Coutinho und Ivan Perisic (30) sowie dem Gladbacher Mittelfeldtalent Michaël Cuisance (20) spät, aber dann im Eiltempo auflöste. „Jetzt ist unser Kader so komplett oder so gut aufgestellt, wie wir uns das vorgestellt haben“, sagte Präsident Uli Hoeneß im TV-Sender Sky. Die Titeljagd kann jetzt wieder losgehen.

Wie notwendig das Handeln des Bundesliga-Krösus war, zeigte die Fehlzündung beim 2:2 im Eröffnungsspiel gegen Hertha BSC. Danach bestätigten Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic den von ihnen im Laufe der Woche mit dem FC Barcelona erzielten Deal. Das zunächst für ein Jahr vereinbarte Leihgeschäft stößt in neue Dimensionen vor: Bis zu 20 Millionen soll die Leihe kosten, dazu kommt ein zweistelliges Millionengehalt.

Die vereinbarte Kaufoption soll angeblich über 100 Millionen Euro betragen. Immerhin zahlte Barcelona für den heute 27 Jahre alten Coutinho Anfang 2018 über 140 Millionen an den FC Liverpool.

„Dieser Spieler ist ein Topspieler. Unsere ganze Offensive wird davon profitieren“, verkündete Rummenigge. In England nannten sie Coutinho „Little Magician“ (kleiner Magier). „Mit diesem Spieler bieten wir unseren Fans etwas Spektakuläres“, schwärmte Salihamidzic.

Trainer Niko Kovac befand, dass sich „komplett Deutschland“ freuen könne, „so einen Topspieler hier in der Liga begrüßen zu dürfen“. Nach viel Kritik und sogar Häme während des schwierigen Münchner Transfersommers äußerte Salihamidzic Genugtuung: „Wir haben ein großes Stück Arbeit getan.“ Jetzt fühlen sich die Bayern wieder gewappnet. „Mir wird langsam angst und bange, was die noch alles aufrüsten“, kommentierte Gladbachs Manager Max Eberl.

Möglich ist noch eine Rückkehr des kroatischen 2013-Triple-Gewinners Mario Mandzukic (Juventus Turin) als Lewandowski-Backup im Sturm, nach „Bild“-Informationen werden die Münchner für den 33-Jährigen aber kein Angebot abgeben.

Die Sinnhaftigkeit des Doppelschlages mit Coutinho und Perisic war gegen wehrhafte Berliner sichtbar geworden. Kovac konnte offensiv nicht nachlegen. Gewohnt treffsicher war allein Robert Lewandowski, der nach dem 1:0 auch den Elfmeter zum 2:2 verwandelte. Coutinho wird darum mit offenen Armen empfangen, wie Nationalverteidiger Niklas Süle verdeutlichte: „Ich kenne ihn als überragenden Fußballer. So eine Neuverpflichtung tut uns unheimlich gut.“

Herausragend war Coutinho in seiner Zeit beim FC Liverpool unter Jürgen Klopp. Auch in Brasiliens Seleção glänzte das nur 1,72 Meter große Leichtgewicht wie beim Copa-América-Gewinn diesen Sommer. In Barcelona erdrückte ihn dagegen auch Lionel Messis Übergröße. Herthas Marko Grujic, der mit Coutinho in Liverpool spielte, prophezeite: „Er wird bei Weitem der beste Fußballer in Deutschland sein.“

Coutinho, Perisic, dazu die französischen Abwehr-Weltmeister Lucas Hernandez und Benjamin Pavard für zusammen 135 Millionen Euro - dieses Paket passe, urteilte Rummenigge: „Wir haben schon einen Transfermarkt gemacht, der nicht nur nicht preiswert war, sondern auch von der Qualität her sehr hoch angesiedelt ist.“

Beim dribbelstarken und torgefährlichen Coutinho, der das Glamour-Vakuum nach dem Abschied der Triple-Ikonen Arjen Robben und Franck Ribéry ausfüllen soll, habe aber nicht die Strahlkraft des Namens gezählt, sondern „exklusiv die Qualität“, sagte Rummenigge. Nach der schweren Knie-Verletzung von Wunschspieler Leroy Sané von Manchester City standen die Bayern unter höchstem Handlungsdruck.

Jetzt liegt der Ball beim Trainer. Niko Kovac muss - und das im laufenden Spielbetrieb - das Puzzle aus Einzelkönnern zu einem grandiosen Ensemble zusammenfügen. Jetzt tobt der Konkurrenzkampf, unzufriedene Stars sind programmiert. Nach dem Hertha-Spiel muckte bereits Renato Sanches wegen seines Kurzeinsatzes auf, was ihm einen Rüffel von Rummenigge („Es ist nicht angebracht, wenn man gleich erbost davonläuft“) eintrug sowie laut „Bild“ eine Geldstrafe.

Kovac könne nun „in aller Ruhe mit diesem Kader bis Weihnachten arbeiten“, meinte Hoeneß. Liefern muss der Kroate zügig, wie das Dortmunder 5:1 gegen Augsburg aufzeigte. „Wir müssen schauen, dass wir die zwei Punkte, die wir nicht geholt haben, schnell wieder einsammeln“, sagte Kovac. Schon am Samstag auf Schalke soll mit Coutinho, Perisic und auch Hernández (Rummenigge: „Der ist topfit jetzt“) eine andere Münchner Schlagkraft zu erleben sein. „Es nutzt nichts, wenn wir lamentieren“, sagte Rummenigge nach dem Stotterstart gegen die Hertha: „In den nächsten Spielen werden wir schon einfahren, was wir heute leider nicht geschafft haben, den Sieg.“

Zum Artikel

Erstellt:
18. August 2019, 14:25 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen