Blutdopingskandal noch größer? - „Sind noch nicht am Ende“

dpa Berlin. Die Nationale Anti-Doping-Agentur bewertet die „Operation Aderlass“ als vollen Erfolg. Dass sich der Skandal um den deutschen Arzt Mark S. noch ausweitet, ist gut möglich. Das Anti-Doping-Gesetz zahle sich immer mehr aus.

Lars Mortsiefer und Andrea Gotzmann bei der Jahres-Pressekonferenz der NADA in Berlin. Foto: Jörg Carstensen

Lars Mortsiefer und Andrea Gotzmann bei der Jahres-Pressekonferenz der NADA in Berlin. Foto: Jörg Carstensen

Schon 21 verdächtige Athleten aus fünf Sportarten - und die Dimensionen im Blutdopingskandal um den deutschen Arzt Mark S. sind womöglich noch weitaus größer.

„Da werden neue Erkenntnisse kommen. Ich will nicht ausschließen, dass sich der Kreis von 21 Sportlern deutlich erweitert. Wir sind guter Dinge, dass alles ans Tageslicht kommen wird“, sagte Lars Mortsiefer als Vorstand der Nationalen Anti-Doping-Agentur bei der Jahrespressekonferenz in Berlin.

Die Geschwindigkeit der Ermittlungen sei enorm. „Wir sind noch nicht am Ende angelangt. Wir sind mittendrin. Drei Monate ist nicht sehr viel. Wir haben es mit einem der größten Dopingskandale und einem internationalen Netzwerk zu tun“, ergänzte Mortsiefer. Erschreckend sei, dass es in so vielen Ländern zu Praktiken gekommen sei.

Bislang sind im Zuge der „Operation Aderlass“ die Namen von 15 einstigen und aktuellen Sportlern bekannt. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft sollen fünf Sportarten in den Fall verwickelt sein. Verdachtsfälle gibt es bislang aus der Leichtathletik, dem Ski-Langlauf, dem Radsport und dem Eisschnelllauf. Der frühere deutsche Radsprinter Danilo Hondo hatte zugegeben, bei dem Erfurter Arzt Blutdoping betrieben zu haben. Außerdem wurde von der NADA ein Verfahren gegen den früheren deutschen Eisschnellläufer und heutigen Trainer Robert Lehmann-Dolle eingeleitet.

Dass unter den bislang bekannt gewordenen Namen noch keine absoluten Spitzenathleten zu finden seien, „schließt Folgefragen an“, meinte Mortsiefer. Spekulieren wolle er nicht. Der Zeitraum und die Dimension seien aber auch so schon groß.

So sprach auch die NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann von einem „ereignisreichen Jahr und turbulenten Wochen“. Die Bilder von der „Operation Aderlass“ am Rande der nordischen Ski-WM in Seefeld seien erschreckend gewesen und haben auch die Arbeit der NADA direkt beeinflusst. Dass Athleten unmittelbar vor dem Wettkampf Blutdoping betreiben, gehöre zu den neuen Erkenntnissen, auf die die NADA effektiver mit Zielkontrollen reagieren will. Das sei auch ein Thema beim Treffen der führenden 19 NADAs mit dem designierten Präsidenten der Welt-Anti-Doping-Agentur, Witold Banka, am Montag in Oslo gewesen.

Mit der Implementierung des Anti-Doping-Gesetzes stehe Deutschland modellhaft für viele andere da, betonte Gotzmann. Mortsiefer fügte hinzu: „Das Anti-Doping-Gesetz ist mehr denn je ein hilfreiches, unterstützendes Werkzeug.“ Insgesamt 23 Anzeigen hatte es im Zuge dessen schon gegeben.

Enttäuscht zeigten sich die Verantwortlichen allerdings vom Desinteresse der Wirtschaft, sich am Anti-Doping-Kampf finanziell zu beteiligen. „Wir laufen vor verschlossene Türen. Wir sind kein attraktiver Partner“, sagte die NADA-Chefin. So stammen zwei Drittel des Budgets in Höhe von 9,7 Millionen Euro aus Bundesmitteln. Der Sport beteiligt sich mit 2,8 Millionen Euro an den Kosten, 800 000 Euro kommen dabei vom Deutschen Fußball-Bund.

Die NADA registrierte 2018 insgesamt 69 mögliche Verstöße gegen Anti-Doping-Bestimmungen, was ein Rückgang um 13 Fälle im Vergleich zum Vorjahr ist. Dabei wurden 14 Sanktionen (Vorjahr: 24) ausgesprochen. Insgesamt entnahm die NADA 16 299 Proben, dies entspricht in etwa dem Wert von 2017.

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Erstellt:
4. Juni 2019, 12:46 Uhr

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