Stimmungskiller Europa? Borussia plötzlich unter Druck

dpa Mönchengladbach. Nach dem unnötigen Europa-Aus werden die restlichen Ligaspiele bis Weihnachten für Gladbach mal wieder zu Mentalitätsprüfungen. Bislang löste die Borussia diese mit Bravour. Doch durch das zweite früh verspielte Saisonziel ist die Unbekümmertheit in Gefahr.

Der Gladbacher Patrick Herrmann ärgert sich nach einer vergebenen Torchance. Foto: Marius Becker/dpa

Der Gladbacher Patrick Herrmann ärgert sich nach einer vergebenen Torchance. Foto: Marius Becker/dpa

Lange schien die Herbstmeisterschaft nur das mögliche I-Tüpfelchen einer bislang begeisternden Hinserie für Borussia Mönchengladbach zu sein.

Nach dem unerwarteten wie unnötigen Vorrunden-Aus in der Europa League aber hat das Team von Trainer Marco Rose in der Fußball-Bundesliga plötzlich etwas zu verlieren. Durch die Last-Minute-Niederlage beim 1:2 (1:1) im entscheidenden Gruppenspiel gegen Basaksehir Istanbul kann die Borussia nur in der heimischen Liga in dieser Saison noch etwas erreichen.

„Die Herbstmeisterschaft zählt zur ganzen Meisterschaft. Es ist deshalb extrem wichtig, dass wir unsere ganzen Punkte holen“, sagte Rechtsverteidiger Stefan Lainer vor den bis Weihnachten nun noch anstehenden Liga-Pflichten beim VfL Wolfsburg am Sonntag (15.30 Uhr/Sky), gegen Paderborn und bei Hertha BSC. Um eben nicht mit dem Paradoxon einer Negativ-Stimmung nach eigentlich erfolgreicher Hinrunde in die Winterpause zu gehen. Denn so kurios dies klingt: Durch das Ausscheiden im DFB-Pokal und nun auch im Europa-Cup hat der Bundesliga-Spitzenreiter zwei Saisonziele schon verspielt.

„Wir werden uns wieder aufrichten“, verkündete Rose trotzig. Der 43-Jährige muss sein Team durch den selbst eingebrockten Stimmungskiller gegen ein Durchschnittsteam aus Istanbul nun mal wieder auf Mentalitätsprüfungen einstellen. „Wir haben schon oft gezeigt, dass wir das können“, sagte Angreifer Patrick Herrmann.

In der Tat antwortete Borussia nach Rückschlägen wie dem 0:4 zum Europapokal-Auftakt gegen Wolfsberg oder dem unglücklichen 1:2 im Pokal in Dortmund eindrucksvoll mit Siegen gegen Düsseldorf und in Leverkusen. Dennoch wirft das blamable Europa-League-Aus in einer eigentlich machbaren Gruppe Fragen auf.

Durch Basaksehirs Siegtreffer in der letzten Minute durch Enzo Crivelli fiel Gladbach in der Tabelle vom ersten auf den dritten Platz zurück. Zwei Millionen Euro zusätzliche Einnahmen waren damit auf einen Schlag obendrein futsch. „Das ist schwer in Worte zu fassen“, bekannte Herrmann nach 90 überlegenen Minuten geknickt.

Dabei ist das Aus in der Summe nicht unverdient. Anders als in der Liga mit ihren teils begeisternden Auftritten wurde Gladbach mit dem Europa-Wettbewerb nie richtig warm. Dreimal punktete die Elf vom Niederrhein beim 1:1 in Istanbul, dem 1:1 bei AS Rom und dem 2:1 daheim gegen die Roma erst kurz vor Schluss. Wie beim 2:1 gegen die Bayern zuletzt im Bundesliga-Spitzenspiel wurden die Borussen für ihre Mentalität gefeiert. Dabei beruhte etwa Lars Stindls Foulelfmeter-Tor in der Nachspielzeit in Rom auf einer kapitalen Fehlentscheidung des Schiedsrichters. „Vielleicht hatten wir unser Glück in diesem Wettbewerb schon aufgebraucht“, sagte Lainer, nachdem ein spätes Gegentor nun die Borussia selbst entscheidend traf.

Dass die Gladbacher nun in der Rückserie durch die volle Konzentration auf die Liga im Vorteil gegenüber den Mitkonkurrenten Bayern, Leipzig oder Dortmund sind, könnte sich als Trugschluss herausstellen. Borussias Kader ist auch in der Breite stark besetzt und auf drei Wettbewerbe ausgerichtet. „Wir hätten schon gerne im Frühjahr noch mehr Spiele gehabt, um möglichst viele ans Spielen zu kriegen. Diese Möglichkeit haben wir jetzt nicht mehr“, sagte Rose, der in den vergangenen Wochen in den Englischen Wochen nach Belieben ohne auffälligen Qualitätsverlust durchwechseln konnte.

Sollte Borussia ohne Verletzungssorgen wie derzeit in die Rückrunde starten, drohen Unzufriedenheiten. „Jetzt haben wir einen knallharten Konkurrenzkampf“, stöhnte der Coach und schob gewohnt selbstsicher hinterher: „Auch das werden wir aber hinkriegen.“ Zumindest an diesem bitteren Abend klang es etwas gequält.

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Erstellt:
13. Dezember 2019, 07:30 Uhr

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