Brands Kunstrad steht schon fast in der Ecke

Nach drei Jahrzehnten in seinem Sport trägt sich der ehemalige Landesmeister mit dem Gedanken, dass mit 35 Jahren Schluss ist. Binnen eines Jahres verliert der Verein aus dem Täle eventuell seinen zweiten von einstmals drei Elitefahrern.

Überlegt, ob er nicht endgültig vom Kunstrad steigen soll: Manuel Brand. Foto: Kunstradpress

Überlegt, ob er nicht endgültig vom Kunstrad steigen soll: Manuel Brand. Foto: Kunstradpress

Von Uwe Flegel

„Eine Lizenz habe ich für nächstes Jahr zwar noch einmal beantragt, ich weiß aber nicht, ob es bei mir weitergeht.“ Ein Satz, den Manuel Brand zwar auch auf die aktuelle Coronakrise, jedoch nicht nur darauf gemünzt hat. Der 35-Jährige vom RSV Unterweissach spielt mit dem Gedanken, sein Kunstrad in die Ecke zu stellen. Der Rücktritt würde bedeuten, dass von einstmals drei sogenannten Elitefahrern nur noch Nick Lange übrig bleibt. Schließlich hat Manuel Brands jüngere Schwester Viola schon zu Beginn des Jahres ihre Karriere beendet.

Gut ein Jahr ist es her, da hatte Manuel Brand, der als Fünfjähriger mit dem Sport begonnen hat, schon einmal ans Aufhören gedacht. Dass er am Ende trotzdem weitermachte, lag auch an einer langwierigen Verletzung, die ihn 2019 lange Zeit außer Gefecht setzte. So wollte er nach fast drei Jahrzehnten auf dem Kunstrad nicht abtreten. Zwölf Monate, eine Pandemie und eine weitere Verletzung später stellt er erneut Überlegungen an, endgültig vom Rad abzusteigen: „Für mich ist wichtig, mein Level zu halten und meinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Ich wollte und will meine Leistung wegen meines Alters nicht reduzieren müssen und ich fahre immer noch 170 Punkte.“

Zwei schwierige Jahre verhindern schönen Abschied und sorgen nun dafür, dass es vielleicht weitergeht.

Vielleicht hätte er auf diese Fragen für sich selbst schon eine Antwort gefunden, doch schon zum zweiten Mal in Folge verlief das Sportjahr einfach nicht so, wie man es sich für einen guten Abschied wünscht. Das lag zum einen am Coronavirus, das viele Wettkämpfe verhinderte. Zum anderen lag es aber auch an einer Bänderverletzung im rechten Sprunggelenk, die sich der Weissacher zuzog, als er aus einem Kleinbus ausstieg, und die ihn den dritten und letzten Teil des Swiss-Austria-Cups kostete. Eine Serie, an der Manuel Brand auch mangels Wettkämpfen hierzulande als einer von zwei deutschen Fahrern teilgenommen hatte und bei deren ersten beiden Teilen er jeweils nur vom deutschen Weltmeister Lukas Kohl bezwungen worden war.

Den dritten Durchgang in der Nähe von Zürich verpassten Manuel Brand und Lukas Kohl dann allerdings. Der Schwabe wegen seines maladen Sprunggelenks, der Weltmeister aus Oberfranken, weil der Schweizer Kanton Zürich zum Risikogebiet erklärt worden war und Kohl die gesamten Probleme mit An- und Abreise sowie Gesundheitsgefahr einfach meiden wollte. „Mir hat mein Fuß die Entscheidung abgenommen“, erklärt der in Miedelsbach wohnende RSV-Sportler einerseits. Andererseits ist das eben erneut nicht der sportliche Abschied, den er sich eigentlich gewünscht hatte. Deshalb nimmt der 35-Jährige den Kampf mit der deutlich jüngeren Konkurrenz im neuen Jahr nun vielleicht doch noch einmal auf.

Unabhängig davon, wie sich Manuel Brand schlussendlich entscheidet, steht für ihn eines bereits jetzt schon fest: „Für meine Voraussetzungen und für das, was ich konnte, bin ich mit dem Erreichten zufrieden.“ Eine Landesmeisterschaft bei den Männern holt man sich in der Kunstradhochburg Baden-Württemberg, in der seit vielen Jahren ein Teil der Weltelite beheimatet ist, nicht einfach im Vorbeigehen. Das gilt auch für das Erreichen eines Finaldurchgangs der besten drei in einem German Masters, sind dazu doch Leistungen nötig, die bei Welt- und Europameisterschaften im Normalfall für Medaillen reichen. „Ein Jahr zählte ich gar zum deutschen Nationalkader“, sagt der Blondschopf hörbar stolz.

Für den RSV Unterweissach ist der KFZ-Meister mehr als nur ein guter Kunstradfahrer.

Wobei Manuel Brand für den RSV Unterweissach nicht nur ein klasse Kunstradfahrer ist. Er gehört zudem zum Beispiel als Beisitzer der Vorstandschaft an. Hinzu kommt, dass Brand auch für die Räder der Elitefahrer des erfolgreichen Vereins zuständig ist. In einer so komplexen Sportart ein wichtiger Job, einer „bei dem schon ein wenig Fingerspitzengefühl dazugehört“, wie der Routinier sagt. Er besitzt offenbar das Händchen dafür, will sich aber nicht zu wichtig nehmen und sagt: „Ulla Gronbach ist noch für viel mehr Räder unserer Sportler verantwortlich.“ Klar, dass sich die beiden Experten fürs Material miteinander austauschen und er als KFZ-Meister den einen oder anderen guten Tipp parat hat.

Als Ansprechpartner und als Vorstandsmitglied wird er dem RSV sicherlich auch weiter zur Verfügung stehen. Unklar ist eigentlich nur, ob er das dann als ehemaliger oder als aktiver Sportler machen wird. Bis wann er diese Entscheidung getroffen hat, kann Manuel Brand noch nicht sagen. Auch deshalb hat er die Lizenz für ein weiteres Jahr auf dem Kunstrad vorsorglich schon einmal beantragt. Das Wichtigste ist momentan für ihn allerdings, „meine Verletzung erst einmal auskurieren, dann sieht man weiter“. Klar ist bereits, wenn er aufhört, dann mit der Zufriedenheit und dem Stolz, „dass ich dieses hohe Niveau über die ganzen Jahre halten konnte, und das nun sogar in diesem hohen Alter“.

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Erstellt:
18. November 2020, 06:00 Uhr

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